Berlin trauert um einen Hoffungsträger: Am Abend des 22. November erfahren die Deutschen, dass der US-Präsident John F. Kennedy in Dallas ermordet wurde. Die dpa berichtet per Eilmeldung: "Kennedy tot". Ein Schock, besonders für Menschen in West-Berlin. Binnen kürzester Zeit versammeln sich Tausende zu einem spontanen Trauerzug auf den Straßen.

Tatort Dallas: Wenige Stunden zuvor, am 22. November 1963, ist John Fitzgerald Kennedy auf Wahlkampfreise in Texas unterwegs. In einer offenen Limousine fährt er durch Dallas, bejubelt von Menschen am Straßenrand. Neben ihm auf der Rückbank sitzt seine Frau Jacqueline.

Gegen 12:30 Uhr Ortszeit wird der Präsident von zwei Gewehrschüssen eines Attentäters getroffen. Eine Kugel zerschmettert seinen Kopf, eine andere durchschlägt seinen Hals. Sofort beugt sich seine Frau über ihn, um ihn zu schützen. Der 46-Jährige stirbt kurz darauf im Krankenhaus.

Wegen der Zeitverschiebung erfahren die Berliner erst am Abend, dass der US-Präsident erschossen wurde. Der Trauerzug durch Berlins Straßen ist stellenweise zwei Kilometer lang. Die 21-jährige Berlinerin Jutta Miller-Waldner schreibt in ihr Tagebuch: "Ich war so erschüttert, daß ich unwillkürlich betete: 'Der Herr sei seiner Seele gnädig.' Es ist nicht der Glaube, der mich dazu trieb, sondern einfach der Gedanke einer Seele an die andere auf ihrer Fahrt ins Unbekannte. Aus dem Nichts kommend - in das Nichts vergehend."

Erst fünf Monate zuvor - am 26. Juni 1963 - hatte John F. Kennedy West-Berlin besucht. Nach dem Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 war er der erste US-amerikanische Präsident, der in die geteilte Stadt kam. Viele Berliner sahen in dem charismatischen Politiker einen Mutmacher und Beschützer in der Zeit des Kalten Krieges.

In offener Limousine fuhr Kennedy neben dem Regierenden Bürgermeister Willy Brandt (Mitte) und Bundeskanzler Konrad Adenauer (rechts) durch Berlin.

Vor dem Rathaus Schöneberg, dem damaligen Rudolph-Wilde-Platz, jubelten Hunderttausende Menschen dem US-Präsident zu. John F. Kennedy verkörperte die Solidarität der Vereinigten Staaten mit der eingemauerten Stadt West-Berlin und seinen Bewohnern - und die Bereitschaft, die Unabhängigkeit und Freiheit der Stadt zu verteidigen.

Seine knapp zehnminütige Rede vor dem Schöneberger Rathaus ging in die Geschichte ein. Sie schloss mit den Worten: "Alle freien Menschen, wo immer sie leben mögen, sind Bürger dieser Stadt West-Berlin. Deshalb bin ich als freier Mann stolz darauf, sagen zu können: Ich bin ein Berliner". 1,5 Millionen Menschen hörten ihm dabei vor Ort zu. Diese Worte werden bis heute mit Kennedy verbunden.

Doch noch im selben Herbst wird der Hoffnungsträger ermordet. Die Anteilnahme ist in der "Frontstadt" des Kalten Krieges entsprechend groß. Theater brechen Vorstellungen ab, als die Nachricht sich am Abend des Mordes verbreitet, Tanzlokale schließen, 50.000 Menschen versammeln sich spontan vor dem Rathaus Schöneberg um ihre Trauer auszudrücken.

An der Berliner Mauer haben Menschen ein Schild mit Kennedys berühmten Worten aufgestelllt. Es steht in unmittelbarer Nähe zum Gedenkkreuz für Peter Fechter. Der junge Mann hatte versucht, über die Mauer zu klettern. Er war nach Schüssen von drei DDR-Grenzern langsam verblutet.

Vor dem Rathaus Schöneberg erinnert der Berliner Regierende Willy Brandt (im Bild: oben auf der Treppe am Mikrofon) in einer Trauerrede an John F. Kennedy: "Die Welt ist an diesem Abend sehr viel ärmer geworden. Mit dem ersten Bürger der freien Welt hat Berlin seinen besten Freund verloren", sagt Brandt.

Vor dem Rathaus stehen die Menschen in langen Schlangen an.

Sie möchten sich in Kondolenzlisten eintragen. Auch im US-Quartier in Dahlem liegen solche Listen aus. 130.000 Menschen hinterlassen dort in den folgenden Tagen ihre Unterschrift und persönliche Worte.

Auf der Freitreppe des Rathauses Schöneberg legen die Menschen Blumen ab. Als Kennedy am 25. November auf dem Nationalfriedhof Arlington bei Washington DC beerdigt wird, erreichen die Trauerfeierlichkeiten in Berlin ihren Höhepunkt: Weit über 250.000 Menschen kommen noch einmal auf den Platz vor dem Rathaus.

Drei Tage nach seiner Ermordung wird ihm zu Ehren der Rudolph-Wilde-Platz vor dem Rathaus Schöneberg in John-F.-Kennedy-Platz umbenannt.

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