Überbrückungslösung - Brandenburg will Kliniken kurzfristig mit Kreditprogramm helfen

Di 23.01.24 | 20:35 Uhr
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Symbolbild: Medizinisches Personal versorgt in einem Krankenhaus einen Patienten. (Quelle: dpa/Sven Hoppe)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 23.01.2024 | Andreas B. Hewel | Bild: dpa/Sven Hoppe

Mit der geplanten Krankenhausreform geraten ländliche Kliniken unter Druck, warnen Brandenburger Landräte. Sie fordern Planungssicherheit, sprich: mehr Geld. Nun legt die Landesregierung ein eigenes Kreditprogramm auf, um Zeit zu überbrücken.

  • Brandenburger Landräte warnen vor Kliniksterben wegen geplanter Reform
  • Kliniken sollen deshalb nun bei Landesinvestitionsbank günstigere Darlehen bekommen als auf freiem Kreditmarkt
  • Programm soll vorerst bis zu 1,5 Jahre gelten

Das Land Brandenburg legt kurzfristig ein eigenes Landesprogramm auf, um Krankenhäuser mit Finanzproblemen zu unterstützen. Das gab Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Dienstag nach einer Krankenhauskonferenz in Potsdam bekannt.

Damit soll Zeit überbrückt werden bis die geplante Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) greifen kann. "Wir wollen alle unsere Krankenhäuser erhalten", sagte Woidke (SPD) am Dienstagabend. So hatte es die Regierung schon in ihrem Koalitionsvertrag versprochen. "Es fehlt eine Brückenfinanzierung bis zum Inkrafttreten der Reform. All das kann die flächendeckende, medizinische Versorgung vor allem im ländlichen Raum gefährden", sagte der Ministerpräsident.

Bundesweit stecken viele Kliniken in finanziellen Schwierigkeiten. Auch in Brandenburg gibt es bereits Kürzungen bei der Versorgung etwa, indem Klinikabteilungen geschlossen werden. Landesfinanzministerin Katrin Lange (SPD) kündigte am Dienstag an, Krankenhäuser mit hohen Defiziten sollten mit Hilfe des Unterstützungsprogrammes Kredite bei der Landesinvestitionsbank aufnehmen können. Die Konditionen seien günstiger als am freien Kreditmarkt.

Das Programm, dessen Höhe erst noch ermittelt werde, solle befristet für ein bis eineinhalb Jahre aufgelegt werden, so Lange. Ein Expertenkreis werde sich um eine Einzelfallprüfung betroffener Krankenhäuser kümmern. Für wie viele Kliniken solche Hilfen infrage kommen, sagte Lange nicht.

Fallpauschale soll deutlich gesenkt werden

Brandenburger Regierungsvertreter, Landräte, Krankenhausgesellschaft, Kassenärztliche Vereinigung und Krankenkassen hatten am Dienstagnachmittag über die finanziellen Probleme in Zusammenhang mit der geplanten Krankenhausreform beraten. Woidke hatte die etwa 90 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu den Treffen eingeladen. Die Verhandlungen von Bund und Ländern hängen fest.

Nach den Reformplänen der Bundesregierung soll die sogenannte Fallpauschale, mit der Krankenhäuser derzeit pro Patient und dessen Krankheitsbild eine Pauschale für die Behandlung bekommen, in Zukunft nur noch einen geringen Teil ausmachen. Stattdessen sollen die Krankenhäuser rund zwei Drittel des Geldes als sogenannte Vorhaltepauschale von den Krankenkassen bekommen. Das wäre Geld einfach dafür, dass sie da sind. Die Abkehr von der Fallpauschale zugunsten der Finanzierung von Fixkosten soll den ökonomischen Druck verringern.

Nicht alle sollen weiter alles anbieten

Die Grundidee: Die Bundesregierung will das Geld nicht weiter mit der Gießkanne verteilen, sondern ausschließlich in die Reform und damit in den Umbau der Krankenhauslandschaft investieren. Zumal weitere Hilfsgelder für die Kliniken nicht mit dem notwendigen Sparkurs der Regierung zusammenpassen.

Stattdessen will der Gesundheitsminister die Versorgung konzentrieren, um die Qualität zu verbessern. Das bedeutet, dass nicht mehr alle Krankenhäuser alle Behandlungen anbieten sollen. Dabei stützt er sich auf Studien, die zeigen, dass die Überlebenswahrscheinlichkeit für einige Krankheiten deutlich steigt, wenn man in spezialisierten Krankenhäusern behandelt wird. Kleinere Häuser sollen nur noch solche Behandlungen durchführen und abrechnen können, für die sie qualifiziert sind.

Bund würde mit Reform stärker mitbestimmen

Das heißt: Für die Behandlungsmöglichkeiten, die ein Krankenhaus in Zukunft anbieten darf, soll es strenge Regeln geben. Erfüllt es die nicht, dürfen sie nicht mehr angeboten werden. Kliniken innerhalb des Krankenhauses müssten dann geschlossen werden. Möglicherweise sogar ein gesamtes Krankenhaus.

Besonders Krankenhäuser in ländlichen Regionen, klagen Landesregierung und Landräte, gerieten dadurch unter Druck. Denn mit der geplanten Neuregelung würde der Bund erheblich mitbestimmen, wo Krankenhäuser sind. Das ist bislang Ländersache, auch weil bisher davon ausgegangen wurde, dass die Länder selbst am besten wissen, wo welche Krankenhäuser notwendig sind.

Der Bund will außerdem mehr Transparenz schaffen: Patientinnen und Patienten sollen mehr Infos zur Qualität der Kliniken erhalten können, unter anderem mittels einer interaktiven Karte. Die soll Informationen wie die Anzahl durchgeführter Eingriffe, spezialisierter Fachärztinnen und Fachärzte und aufgetretener Komplikationen darstellen. Dagegen wehren sich die Landesregierungen - sie befürchten, dass vor allem kleinere Kliniken dadurch Patienten und Personal verlieren könnten.

Land will mehr Geld vom Bund

Die Landesregierung kritisierte am Dienstagabend, der Bund stelle nicht genügend Geld für die steigenden Betriebskosten der Kliniken bereit. Die Einrichtungen bräuchten nun dringend eine Soforthilfe bis zum Inkraftreten der Reform, forderte Dietmar Woidke. Die Uniklinik Neuruppin beispielsweise musste zum Jahreswechsel zwei Stationen schließen.

Auch im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat soll über strittige Punkte beraten werden. Sie hoffe, dass sich der Bund noch bewege, sagte die Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne). Sonst könne angeschlagenen Häusern "die Luft ausgehen".

Das Land Brandenburg zahlt nach eigenen Angaben in der aktuellen Legislaturperiode rund zwei Millionen Euro an die Krankenhäuser, knapp die Hälfte stamme aus Landesmitteln. Die Bundesländer sind für Investitionsmittel für die Krankenhäuser zuständig, der Bund für die Betriebskosten.

Krankenhäuser beklagen seit langem Unterfinanzierung

Seit langem klagen die Krankenhaus-Geschäftsführungen über zu wenig Geld. "Das ist eine Katastrophe mit Ansage. Wenn immer wieder Betriebskosten fehlen, also eine Unterfinanzierung da ist, dann geht das ein paar Jahre gut. Und irgendwann kommt eben der Knall", sagte Detlef Troppens, Vorsitzender der Krankenhausgesellschaft Brandenburg, am Dienstagabend bei rbb24 Brandenburg aktuell.

Der Ansatz der Reform sei richtig, es werde Zentralisierung und Spezialisierung geben müssen, die Medizin gehe weiter. "Aber das verfassungsmäßige Recht der Bundesländer, entscheidenden Einfluss auf die Krankenhausplanung zu nehmen, das soll durch Zentralregelungen des Bundesgesundheitsministers sozusagen ausgehebelt werden. Und da haben wir zu Recht Sorgen, dass außerhalb der Großstädte solche Standorte nicht nur in Gefahr sind, sondern sogar systematisch und vordergründig zu schließen wären", sagte Troppens.

Das Kreditprogramm, das am Dienstag bekanntgegeben wurde, ist somit nur ein erster Schritt. Die eigentliche Aufgabe bleibt: Die Länder werden mit dem Bund eine Krankenhausreform aushandeln müssen.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 23.01.2024, 19:30 Uhr

37 Kommentare

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  1. 37.

    Unsinn. Lesen Sie sich die Google-Bewertigungen des KH Treuenbrietzen durch - alle!

  2. 36.

    Es bleibt eine Daueraufgabe. Das Geld der Beitragszahler sollte ausreichen. Die Krankenhäuser wirtschaftlich handeln. Damit das gelingen kann, sollte es von Reform zu Reform einen Wechsel der Finanzierung geben. Nämlich eine Zeitlang der profitorientierte Weg und dann wieder der gemeinwohlorientierte Weg. Schwierig. Sehr schwierig. Aber die Arbeit muss gemacht werden.

  3. 35.

    Ich meine, die ganze Reform ist summa summarum richtig … Will auch keine komplizierte OP im „Landkrankenhaus“ ohne entsprechend Erfahrung bzw. spezieller Expertise dort … Und schon gar nicht will ich aus dem KH gedrängt werden, weil „die nächste Fallpauschale“ schnell da rein soll … Nur, damit das KH wirtschaftlich ist … Und, wir haben dafür einen Bundesminister mit extrem breiter und großer Fach- und Sachkompetenz … Nämlich den (alten Hasen) Herrn Lauterbach … Also, wenn DER nicht weiß wo und wie man’s verbessert, ja wer denn sonst ?!

  4. 34.

    Ich verstehe das Problem nicht! Krankenhäuser sind keine Unternehmen im Sinne einer Firma! Gewinn und Verlust sind bedeutungslos, da es um die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung geht. Gewinne der Krankenhäuser gehören deshalb an unser Gesundheitssystem zur Umverteilung abgeführt! Reicht das Geld dann immer noch nicht insgesamt aus, muss der Staat die Krankenhäuser erhalten, die für die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung benötigt werden. Wo ist das Problem? Durch die Höhe unserer Krankenkassenbeiträge ist der aktuelle Bedarf unseres Gesundheitssystems kalkuliert. Ansonsten zahlen wir jede Menge Steuern, die ebenso für Ausgleichsfinanzierungen zur Verfügung stehen sollten.

  5. 33.

    >"Und sie fordern, dass der Staat bestimmt, welche Unternehmen es gibt und wieviele davon?"
    Jepp! Das kann "der Staat" auch indirekt z.B. wie bei Gebietsreformen. Der "freiwillige" Zusammenschluss von Kommunen wird versüßt durch "Belohnungszuschüsse". Wer nicht zusammengeht, bekommt zukünftig weniger.
    In dieser Art kann man auch Kassen zum Zusammenschluss bewegen. Das Gesundheitssystem inkl. der Finanzierung ist kein grundgesetzlich unabhängiges System, in das der Gesetzgeber nicht eingreifen könnte. Per Gesetz wurde schon oft in die Arbeit der Kassen eingegegriffen, z.B. bei der Festlegung der Leistungen gesetzlicher Krankenkassen. Deswegen sind das "gesetzliche Krankenkassen".

  6. 32.

    Nicht das Land, sondern der Steuerzahler wird auf um wegen zu höheren Zuschlägen / Krediten/ Steuerlast zur Kasse gebeten, damit die Armen Beschäftigten und Manager sich stehts höhere Gehälter leisten können in der Reinen privat Wirtschaft würden man so etwas einfach schließen wegen Unwirtschaftlichkeit

  7. 31.

    nostiz:
    "Antwort auf [Immanuel] vom 23.01.2024 um 20:16
    es sind keine Kassen sondern Versicherungen"

    Nein! Die Krankenkassen sind Behörden und gehören zur staatlichen Verwaltung und zum öffentlichen Recht. Für sie gilt das Verwaltungsrecht bzw. das Sozialrecht als Teil des Verwaltungsrechts. So erlassen die Krankenkassen Verwaltungsakte (Bescheide), die rechtskräftig werden und ohne Gerichtsverfahren vollstreckt werden können, wenn kein Widerspruch eingelegt wird. Nur Behörden können Verwaltungsakte erlassen.

    Nur die privaten Krankenversicherungen sind zivilrechtliche Versicherungen. Für sie gilt das Zivilrecht, insb. unter anderen das Versicherungsvertragsrecht. Private Krankenversicherungen müssen ihre Ansprüche vor dem Zivilgericht einklagen, um sie vollstrecken zu können, und können keine Verwaltungsakte erlassen.

  8. 28.

    Stefan:
    "Antwort auf [toberg] vom 23.01.2024 um 11:42
    Es gibt nur 95 'Kassen'. Und sie fordern, dass der Staat bestimmt, welche Unternehmen es gibt und wieviele davon?"

    Die Krankenkassen sind Behörden, also Teil der staatlichen Verwaltung. Wieso sollte der Staat nicht über die staatliche Verwaltung entscheiden?

  9. 27.

    " Kleinere Häuser sollen nur noch solche Behandlungen durchführen und abrechnen können, für die sie qualifiziert sind. "

    klingt vernünftig , aaaber: welche Behandlungen sollten das sein ? Distorsionen, Fieber, Frakturen, Kreislaufprobleme , Bauschmerzen ???

  10. 26.

    " Auf dem Lande, leben doch nur Alte Deutsche. "

    mag sein, aber mit dem Alter kommen eben auch vermehrt gesundh. Probleme

  11. 25.

    .. Steuergeld aus dem Brandenburger Haushalt als Kredit?, sicherlich förderlich, aber ökonomisch daneben,

  12. 24.

    Es geht immer weiter Bergab in Deutschland.
    Wofür bezahlen wir unsere Volksvertreter so Fürstlich.

  13. 23.

    Es gibt nur 95 'Kassen'. Und sie fordern, dass der Staat bestimmt, welche Unternehmen es gibt und wieviele davon?

  14. 22.

    @Matze: noch einer, der keine Ahnung hat. In der sog. "Dritten Welt" (dieser Begriff ist out) gibt es nicht mal Angiologen. Und hören Sie auf, solche Schlüsse zu ziehen. Was ich normal finde oder nicht, habe ich mit keinem Wort geschrieben.

  15. 21.

    Lieber Peter II,
    vielleicht nutzen Sie ein Zusatzkürzel, damit sich unsere Postings unterscheiden. Ich bin nämlich keine Veganer und verteidige trotzdem die Krankenhausreform von Lauterbach.
    Schöne Grüße
    Peter I
    Es würde natürlich auch helfen, wenn man sich für dieses Forum bei RBB24 endlich registrieren müsste.

  16. 20.

    Warum braucht man auf dem Lande noch Ärzte, Fachärzte, Kliniken, Krankenhäuser ???
    Auf dem Lande, leben doch nur Alte Deutsche.

  17. 19.

    Und jetzt erklären sie doch mal allen unwissenden was die Kapazität bei Ärzten mit der Anzahl von Krankenkassen und den Vorstandsgehältern zu tun hat.

  18. 18.

    Sind Sie noch nie im Ausland gewesen? In AT als Bleistift gibt es außer Bezirks- und Landeskrankenhäusern nur ganz wenige Kliniken in freier Trägerschaft. Darüber regt sich dort keiner auf und die Ösis leiden auch nicht an medizinischer Unterversorgung, obwohl es in den Dörfern wöchentlich nur eine Arztsprechstunde von 1-2 h gibt.

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