Scheidende Abgeordnete | Jutta Matuschek (Linke) - "Ich möchte nicht als Drucksache enden"
Nach gut 20 Jahren im Abgeordnetenhaus wird Jutta Matuschek nicht mehr zur Wahl antreten. Für die Linke war die streitbare Politikerin zuständig für Verkehrs-, Haushalts- und Wirtschaftspolitik und Mitglied im BER-Untersuchungsausschuss. Doch jetzt ist es genug: Zeit für was Neues. Von Florian Eckardt
Zwei Wörter fallen im Interview mit Jutta Matuschek auffallend oft: "Meinungsstreit" und "Glück". Wörter, die sich wie ein roter Faden durch ihr privates und politisches Leben ziehen. Nach über 20 Jahren verlässt Matuschek im September das Abgeordnetenhaus. "Ich möchte nicht als Drucksache enden und habe auch noch etwas anderes vor im Leben", sagt sie.
Ihre Kindheit und Jugend verbringt Matuschek in Templin und Neubrandenburg, in Brandenburg geht sie zur Schule. "Ich hatte das Glück, dass ich wirklich gute Lehrer hatte, die auf Meinungsstreit aus waren oder uns Schülern beigebracht haben, Meinungen zu formulieren", erzählt Matuschek.
Studium in der Sowjetunion
Jutta Matuschek legt ein Einser-Abitur hin, studiert in Leningrad, dem heutigen St. Petersburg, Politikwissenschaften: "Da habe ich einfach mal gelernt, dass die größte DDR der ganzen Welt nur ein winzig kleines Land mit vielen Problemen war. Das war eine Lebensschule."
Nach dem Studium arbeitet Matuschek im Institut für internationale Politik und Wirtschaft der DDR. "Meinungsstreit" gehört zum Alltag. "Es war gang und gäbe, dass jeder seine Meinung sagt und argumentiert." Nach der Wende, als viele aus der SED austreten, bleibt sie weiter in der Partei. "Weil ich dachte, wenn die, die jetzt abgehauen sind, sich nicht mehr zu ihrer Verantwortung bekennen, dann bleibe ich jetzt mal da."
Streit gehört zum Geschäft
1995 lässt sich Matuschek für die PDS zur Wahl aufstellen und erringt ein Abgeordnetenhaus-Mandat. Bis 2011 ist sie verkehrspolitische Sprecherin, setzt sich für günstige Preise im öffentlichen Nahverkehr ein, kämpft gegen den Ausbau der A100, argumentiert gegen höhere Managergehälter bei der BVG. Meinungsstreit eben.
2009 wird Matuschek haushaltspolitische Sprecherin für die Linke, heute spricht sie zu wirtschaftspolitischen Themen und arbeitet für die Partei fast vier Jahre lang den BER-Skandal im Untersuchungsausschuss auf. Zum früheren Regierenden Bürgermeister und Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft, Klaus Wowereit (SPD), hat sie einen guten Draht. Trotzdem fordert sie, man müsse erneut prüfen, ob die Ex-BER-Chefs und der Aufsichtsrat unter Wowereit haftbar gemacht werden könnten.
Nicht nur in Parlamentsbänken rumsitzen
Ihr Verhältnis zur eigenen Partei ist nicht immer einfach. Der parlamentarische Betrieb habe in den letzten Jahren nicht gerade gewonnen, resümiert Matuschek. "Es ist für mich irgendwo ermüdend, nach 20 Jahren für besseren Nahverkehr zu kämpfen und einzutreten und die Erfolge im Mikro-Bereich zu sehen."
Das klingt ein bisschen frustriert, doch so will Matuschek nicht verstanden werden. Sie sei mit sich im Reinen. "Ich fühle mich kraftvoll, neugierig und motiviert, etwas Neues zu machen, statt in den Parlamentsbänken rumzusitzen." Was, das will sie aber für sich behalten.