Interview | BR-Volleys-Coach Enard zum Abschied - "Als Trainer hatte ich in Berlin die besten Momente"

Nach fünf Jahren verlässt Volleyball-Trainer Cedric Enard im Sommer die BR Volleys. Der 47-Jährige fühlt sich erschöpft. Dennoch fiel im die Entscheidung nicht leicht, wie er im Interview erzählt. Zum Abschied hat er noch einen großen Traum.
rbb|24: Cedric Enard, nach fünf Jahren in Berlin: Wie steht es um ihr Deutsch?
Cedric Enard: Mein Deutsch ist zu schlecht (lacht). Ich habe hier viel Englisch gesprochen, das hat sich also schon verbessert. Für mein Deutsch schäme ich mich manchmal tatsächlich sogar etwas. Nach fünf Jahren verstehe ich zwar das meiste, aber ich spreche es nicht gut. In den ersten zwei Jahren hat mir unser Lehrer Detlev wirklich gut geholfen, dann haben wir aber den Anschluss verloren und mehrere Wochen keinen Unterricht gehabt - da war es dann leider vorbei.
Wieviel Zeit hat ein Volleyball-Trainer zwischen den Spielen? Gibt es überhaupt Zeit für Sprachunterricht?
Die Trainer arbeiten deutlich mehr als die Spieler. Wenn du spielen kannst, solltest du also spielen (lacht). Wir arbeiten an den Trainingseinheiten, am Matchplan, bereiten Analysen der Gegner vor und der Dinge, die wir noch verbessern können. Mit dem engen Spielplan aus Liga, Pokal und Champions League, der bei Vereinen wie Berlin normal ist, hat man wenig Zeit und Pausen. Die Weihnachtszeit ist quasi paradiesisch. Ich vergleiche es immer mit einer Waschmaschine: Der Rhythmus ist wirklich sehr schnell. Sobald die Saison vorbei ist, arbeite ich als Nationalcoach von Kroatien. Ich habe also kaum Zeit, um durchzuatmen.
Warum arbeiten Sie auch noch als Nationaltrainer? Das bedeutet, noch einmal weniger Zeit mit der Familie zu haben.
Das ist ganz einfach: Ich musste als Spieler schon mit 28 Jahren aufhören, weil ich am Rücken verletzt war. Ich hatte dann aber sofort die Chance, als Trainer anzufangen - das war damals in Toulouse. Ich war der Co-Trainer der ersten Mannschaft und habe zeitgleich das U23-Team betreut. Auch das war schon sehr viel Arbeit. Ich wollte mich als junger Trainer aber schnell entwickeln und habe auch damals immer schon im Sommer gearbeitet – an der Seite der großen Trainer.
Man muss als junger Mensch einen offenen Geist haben und versuchen, so viel wie möglich von anderen Menschen zu lernen. Mittlerweile bin ich 47 und habe nun das Gefühl, dass es langsam etwas zu viel wird – zumindest im Moment. Deshalb brauche ich jetzt eine Pause. Ich habe etwas den Fokus verloren. Die Motivation ist nach wie vor da, aber ich fühle mich müde und möchte mal durchatmen.
Würden Sie Ihre bisherige Karriere rückblickend anders gestalten?
Ich bereue nichts. Ich würde die letzten 15 Jahre noch einmal ganz genau so angehen. Ich bin sehr glücklich mit all diesen Menschen zusammengearbeitet zu haben. Ich habe an den besten Wettbewerben teilgenommen und die stärksten Spieler gesehen. Ich habe viel gelernt.
Wann haben Sie zum ersten Mal über eine Pause nachgedacht?
Das war im Dezember. Es hat auch etwas damit zu tun, dass meine Familie mittlerweile wieder in Frankreich ist. In den ersten vier Jahren waren sie hier mit mir in Berlin. Es ist schwierig, nur über Videocalls Kontakt zu haben. Ich möchte nicht zu viel Zeit mit meiner Familie verpassen. Die Tatsachen, dass ich erschöpft bin und meine Familie vermisse, haben den Ausschlag gegeben. Ich möchte nicht erst wieder in fünf oder sechs Jahren zuhause sein, wenn meine drei Töchter schon ausgezogen sind. Ich werde aber sicher zurückkehren – in welcher Rolle auch immer.
Wie wichtig war die Zeit mit den BR Volleys in Ihrer Karriere?
Als Trainer hatte ich in Berlin die besten Momente. Auch die Zeit in Toulouse war besonders, weil es meine erste Station als Coach war. Aber die fünf Jahre hier, in einem so großen Klub, sind unvergesslich. Ich werde mich immer an diese Zeit erinnern – es war unglaublich. Es war dementsprechend eine sehr harte Entscheidung, die Pause einzulegen und in Berlin aufzuhören. Ich war sehr ehrlich mit mir selbst, aber auch dem Klub. Es ergibt keinen Sinn, nur weiterzumachen, um weiterzumachen. Wenn man die Verbindung verliert, ist es sinnlos und wäre auch respektlos.
Gab es ein Gefühl von Freiheit, nachdem Sie Ihre Entscheidung verkündet haben?
Ja. Nach meinem Gespräch mit Kaweh Niroomand war ich traurig, weil es nun offiziell war. Ich habe mich aber auch sehr frei gefühlt und das hat auch überwogen.
Was würde es für Sie bedeuten, sich mit einer weiteren Meisterschaft zu verabschieden?
Es ist eigentlich unmöglich, ohne den Titel zu gehen. Ich habe großen Respekt vor Friedrichshafen, sie spielen mal wieder sehr gut. Sie waren immer unser größter Konkurrent – es ist das "Clasico" in der Bundesliga. Aber natürlich würde ich mich gerne mit der Meisterschaft verabschieden.
Was haben Sie in Berlin über sich und Volleyball gelernt?
Ich habe einen der größten Klubs in Europa kennengelernt. Der Verein ist sehr professionell und gut organisiert. Ich habe viel über Management gelernt, weil ich mit großen Spielern wie Sergei Grankin oder anderen Stars zusammengearbeitet habe. Das war wirklich spannend. Ich habe aber auch gelernt, unter dem Druck zu arbeiten, jedes Spiel gewinnen zu müssen. Da wären wir wieder bei der Waschmaschine, die ich eben schon einmal ansprach. Es ist eben die DNA des Klubs, alles gewinnen zu wollen. Man muss sich manchmal den Spaß am Sport bewahren, weil es hier oft bloß normal ist zu gewinnen. Der Spaß am Sport und am Spiel ist aber wichtig. Wir haben einen großartigen Job und können sehr dankbar sein.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Jakob Rüger, rbb Sport.
Sendung: rbb24 Inforadio, 01.05.23, 9:15 Uhr
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