Berlin - Makkabi hofft im Duell gegen Favorit Viktoria erneut auf den Landespokal
Wenn TuS Makkabi gegen den FC Viktoria um den Berliner Landespokal und ein Ticket für den DFB-Pokal spielt, sind die Kräfteverhältnisse eigentlich klar verteilt. Doch der Erfolg aus dem Vorjahr macht Makkabi Mut. Und Viktorias Trainer hat einen Wunsch. Von Anton Fahl
Nach der historischen Leistung in der Vorsaison wird der Erfolg bei TuS Makkabi Berlin langsam, aber sicher, zur Gewohnheitssache. "Das ist schon wieder eine kleine Sensation. Aber die Leute gewöhnen sich schon daran und sagen: 'Das erste Mal war also kein Zufall.' Das ist eine gute Leistung gewesen, die wir wiederholt haben - und ich bin stolz auf meine Jungs!", sagt Wolfgang Sandhowe, der die 1. Herren seit fünf Jahren trainiert und nun zum zweiten Mal ins Finale des Berliner Fußball-Landespokals führte.
Am Samstag (11:45 Uhr, im Livestream auf rbb24.de) trifft der Oberligist im Lichtenberger Hans-Zoschke-Stadion auf den Regionalligisten FC Viktoria 1889.
Im Vorjahr gewann Makkabi das Berliner Pokal-Finale mit 3:1 gegen den SV Sparta Lichtenberg und schrieb Geschichte: als erster jüdischer Verein überhaupt, der in den DFB-Pokal einzog. "Es ist immer schwer, etwas zum ersten Mal zu machen. Noch schwerer ist es aber, so eine Leistung zu bestätigen", betont Doron Bruck, der bei Makkabi im zentralen Mittelfeld spielt, im Gespräch mit dem rbb. "Noch sind wir nicht so weit. Wir versuchen aber alles, um es wirklich zu schaffen und den Titel zu verteidigen."
Makkabi phasenweise unter Polizeischutz
Die mediale Aufmerksamkeit "und das Ganze neben dem Platz" habe sich, so Bruck, seitdem "immens verändert". Während der sportliche Erfolg positive Begleiterscheinungen mit sich brachte, hatte ein erschütterndes Ereignis unmittelbare, negative Konsequenzen für die Amateur-Kicker des jüdischen Vereins: Nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 - und dem immer weiter zunehmenden Antisemitismus in Deutschland - musste Makkabi zeitweise unter Polizeischutz trainieren und spielen.
Eine Ausnahmesituation, durch die das Team aber nur noch enger zusammengerückt sei, sagt Bruck. "Selbst für mich war die Lage anfangs neu - auch wenn man es als Jude, der in Deutschland aufwächst, gewohnt ist, unter Polizeischutz zu stehen - ob in der Schule, in der Synagoge oder auch im Fußballverein", sagt der 29-Jährige. "Das ist leider keine Neuigkeit für mich gewesen, umso mehr aber für die anderen Spieler. Dementsprechend hat es auf jeden Fall geholfen, mehr Verständnis für die Situation eines jüdischen Vereins und für jüdische Spieler zu bekommen - es hat uns aber auch mehr zusammengeschweißt."
Viktoria ist gewarnt
Genau das will die Mannschaft von Trainer Sandhowe am Samstag beweisen. Auf der großen Bühne des Landespokals - selbst wenn die Kräfteverhältnisse vor dem Endspiel vermeintlich klar verteilt sind. Schließlich kam Viktoria auf einem starken dritten Platz in der viertklassigen Regionalliga Nordost ins Ziel, während Makkabi zwei Spieltage vor Saisonende den siebten Platz in der fünftklassigen Oberliga Nord belegt.
Die Favoritenrolle weist Semih Keskin, Trainer des FC Viktoria, jedoch gekonnt von sich. "Wir freuen uns drauf! Ein Finale muss man genießen. Egal aus welcher Liga eine Mannschaft stammt, sind die Karten gleich verteilt", so der 35-Jährige im Gespräch mit dem rbb.
Eine Einschätzung, zu der Keskin aus gutem Grund und schmerzlicher Erfahrung kommt. Zum einen, weil sich auch sein Team selbst bestens mit der Rolle als Underdog auskennt und den Kräften, die dadurch freigesetzt werden können. "Uns hatte vor der Saison gar keiner auf dem Schirm", sagt er, angesprochen auf das überraschend positive Abschneiden in der Regionalliga. "Da waren wir auf jeden Fall nicht als Aufstiegsaspirant oder in der Top drei gelistet. Das ist auch gut so. Wir reden über die Entwicklung junger Spieler. Wir haben klein angefangen, uns etappenweise nach oben gearbeitet, dort festgesetzt und die Qualität bewiesen, dass wir dableiben wollen. Darauf sind wir mächtig stolz. Das spricht für die Arbeit, die von allen gemacht wurde - von den Jungs, aber auch von den Funktionären."
Keskins Wunsch? "Leverkusen, Dortmund, Bayern - oder Stuttgart"
Und zum anderen, weil Viktoria schon einmal von Makkabi bezwungen wurde. Vor etwas mehr als einem Jahr, im Halbfinale des Landespokals 2022/23. "Wir haben unsere Lehren daraus gezogen", sagt Keskin. "Man darf aber auch nicht vergessen, dass wir zum wiederholten Male einen riesigen Umbruch im vergangenen Sommer hatten. Wir haben eine komplett andere Mannschaft mit einem anderen Charakter, einer ganz anderen Mentalität."
So klingt Selbstbewusstsein. Sogar ein Wunschlos lässt sich der Viktoria-Coach entlocken. Nur für den Fall, dass sein Team am Samstag in Lichtenberg als Sieger vom Rasen gehen und in die 1. Runde des DFB-Pokals einziehen sollte. Souverän greift Keskin ins oberste Regal: "Leverkusen, Dortmund, Bayern - oder Stuttgart, die fand ich sehr, sehr interessant in dieser Saison. Dann kann Sebastian Hoeneß (der den VfB Stuttgart trainiert und zu seinen aktiven Zeiten mehrere Jahre im Nachwuchs von Hertha BSC spielte, Anm. d. Red.) wieder mal für ein Spiel nach Berlin kommen."
Sendung: DER TAG in Berlin & Brandenburg, 23.05.2024, 18 Uhr