Lukratives Geschäft - So kommen die Fußball-Testspiele in der Sommerpause zustande
In der Vorbereitungsphase hoffen die Profiklubs auf ideale Trainingsbedingungen und attraktive Testspiel-Gegner. Eine Agentur verspricht den Vereinen beides. Wie die Börse mit den Freundschaftsspielen funktioniert. Von Shea Westhoff
Der 1. FC Union Berlin hat sich in der Idylle Neuruppins den letzten Schliff für die neue Saison geholt. Hertha BSC bereitete sich in Tirol auf die Zweitliga-Spielzeit vor. Auf einer Marketingreise befand sich wiederum der FC Bayern München, der in Südkorea Station machte.
Was die Sommer-Trips der deutschen Profiklubs eint: Sie werden im Vorfeld minutiös geplant. Dabei geht es um die ideale Unterkunft, aber auch um attraktive Testspielgegner. Für die Koordination holen sich einige Profiklubs Unterstützung.
So organisiert die Agentur Onside Trainingslager für zahlreiche Vereine wie den Hamburger SV, Borussia Mönchengladbach und Werder Bremen. Auch mit der englischen sowie spanischen Nationalmannschaft hat die Agentur während der Europameisterschaft 2024 zusammengearbeitet und deren EM-Aufenthalt koordiniert.
Bei Onside verantwortlich für den Bereich Testspiele ist Alexander Hartwig, der gegenüber rbb|24 Einblicke ins weitgehend unbekannte Geschäft mit der Vorbereitungsphase gibt.
Was ist die Hauptbeschäftigung der Agentur?
Die Kernaufgabe seiner Agentur erklärt Alexander Hartwig mit der Organisation von Trainingslagern, im Sommer wie im Winter. Dabei gehe es um das Scouting von passenden Sportgeländen sowie um das Buchen von Hotels.
Zudem plant das Unternehmen internationale Marketingreisen, die den Klubs mehr Sichtbarkeit verschaffen sollen.
Auch die Akquise von Testspielgegnern ist Teil des Auftrags. Das könne der nahgelegene Kreisligist sein, aber auch das schillernde Topteam als Gegner für eine Stadioneröffnung, so Hartwig.
Welche Kriterien sind entscheidend für den Standort des Trainingslagers?
"24/7 und 365 Tage im Jahr schauen wir, welche Standorte es gibt und welche Hotels das Potenzial bieten, Mannschaften für ein Trainingslager zu beherbergen", sagt Hartwig.
Ein Standort komme dann in Frage, wenn sich in der Nähe mindestens ein Fußballplatz befindet. "Idealerweise hast du sogar zwei oder drei Plätze direkt nebeneinander”, sagt Hartwig. Oft würden sich die Teams zudem wünschen, dass die Anlagen fußläufig erreichbar sind.
Die Unterkunft selbst wird auf Zimmergröße und Speiseplan überprüft. Auch die Möglichkeiten für Teambuilding-Maßnahmen werden sondiert. "Und dann geht es weiter: Welche Testspielgegner sind vor Ort möglich? Welche Spielorte gibt es in der Region, welche Stadien?"
Was erhoffen sich die Profiklubs?
Die Vereine versprechen sich zum einen vergünstigte Tarife bei der Hotelbuchung. Diese kann die Vermittlungsagentur erzielen, indem sie in einer Unterkunft über einen bestimmten Zeitraum hinweg mehrere Partnervereine unterbringt.
"Wir haben uns über die Jahre ein riesiges Netzwerk aufgebaut und arbeiten weltweit mit rund 300 bis 400 Hotels zusammen. Diese haben exklusiv mit uns einen Vertrag abgeschlossen, weil wir gewisse Kontingente gewährleisten können", sagt Hartwig.
Und: Die Profiklubs erwarten gute Konditionen, wenn es um das Einfädeln von Testspielgegnern geht. Denn bei Vorbereitungsspielen fließen oft Antrittsgagen. "Vereine haben schon den Anspruch, wenn sie Testspiele spielen, dass sie damit auch Gelder generieren. Und das ist auch ganz klar unser Arbeitsauftrag."
Vereinfacht gesagt: Je höher die Reputation des Klubs, desto mehr Geld kann er verlangen. Je kleiner der Verein, desto tiefer muss er selbst in die Tasche greifen, zumindest wenn er gegen Vereine von internationalem Rang spielen will.
Wie viel Geld erhalten Profiklubs für Testspiele?
"Das geht los bei kleineren Profivereinen, die es vielleicht für 15.000 Euro machen. Topteams aus der Premier League bekommen pro Spiel bis zu 1,5 Millionen Euro", sagt Hartwig über den Testspiel-Markt.
Für durchschnittliche Bundesligavereine gelte im Schnitt eine Antrittsgage von rund 50.000 Euro.
Was versprechen sich kleinere Vereine von den Testkicks?
"Am Ende des Tages hat der gastgebende Verein, der den Profiverein einlädt und dafür Summe X zahlt, natürlich auch alle Rechte bei sich" sagt Hartwig. "Das heißt, der Verein hat die Einnahmen aus dem Ticketing, aus dem Verkauf von Bier und Wurst, er kann das Spiel auch noch vermarkten und in der Regel über die Eintrittskarten auch die Kosten recht entspannt wieder einspielen."
Welcher Standort ist für Trainingslager besonders beliebt?
"Der Klassiker im Sommer ist Österreich, überwiegend das Salzburger Land, teilweise auch Oberösterreich, außerdem noch Südtirol. In den Regionen sind superviele Mannschaften vor Ort." Dadurch wiederum sei es einfacher, die Mannschaften untereinander für Testkicks zusammenzubringen.
Wie wichtig sind den Profi-Klubs die Testspiel-Erlöse?
"Es gibt Klubs, die die Vorbereitungsspiele komplett vom Geld losgelöst betrachten", sagt Hartwig. Diesen Vereinen gehe es zuallererst um eine gute Unterkunft mit idealen Trainingsbedingungen.
Andere Vereine wollen die Ausgaben für das Trainingslager über die Testspiele refinanzieren, so Hartwig.
Wie handhaben es die Klubs aus der Region?
Bei Union Berlin sei man "so aufgestellt, dass wir Reisen und Trainingslager in eigener Regie organisieren können", teilt der Verein auf Anfrage mit. Die Unterstützung durch eine Agentur sei aber eine Option. Antrittsgagen für den Gast seien "grundsätzlich üblich, sofern eine der beteiligten Mannschaften im eigenen Stadion vor Publikum spielt" und entsprechende Einnahmen erziele.
Hertha BSC teilt mit, im Rahmen der Organisation des Trainingslagers und der Koordinierung von Testspielen mit "verschiedenen Agenturen" zusammenzuarbeiten. Ob und in welcher Höhe Antrittsgagen fließen, dazu macht der Verein keine Angaben.
Der FC Energie Cottbus gibt an, in der Vergangenheit immer wieder mit Vermittlern zusammengearbeitet zu haben. Diesen Sommer allerdings habe man mit den Vereinen direkt gesprochen, um Testkicks zu organisieren. Antrittsgagen seien gängig: So habe der Drittligist bei den drei regionalen Testpartien gegen SG Burg, den BSC Tschernitz sowie LSV Bergen auch Gagen ausgehandelt. Zahlen nennt der Verein nicht.
Sendung: rbb24 Inforadio, 06.08.2024, 16:15 Uhr