Einigung beim Mindestlohn - Warnstreik bei der Bahn ist abgesagt
Der angekündigte 50-Stunden-Warnstreik auf der Schiene findet nicht statt. Nach ARD-Informationen haben sich Bahn und Gewerkschaft EVG in einem wichtigen Punkt des Tarifstreits geeinigt. Im Bahnverkehr dürfte es trotzdem holprig zugehen.
Der geplante 50-stündige Warnstreik auf der Schiene ist abgesagt. Nach Informationen des Hessischen Rundfunks [hessenschau.de] haben sich die Deutsche Bahn und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) am Samstag vor dem Arbeitsgericht Frankfurt auf einen Vergleich über eine Tarifforderung geeinigt. Dabei geht es nach Informationen des Hessischen Rundfunks um den Mindestlohn, der in den Tarifverhandlungen zuletzt besonders umstritten war.
Nach der Einigung vor Gericht sicherte die Gewerkschaft am Samstag zu, sie werde auf den Warnstreik verzichen und die Mitglieder darüber zu informieren. Allerdings sei damit der Ausstand lediglich "vorerst ausgesetzt", zitiert die Nachrichtenagentur AFP die Gewerkschaft.
Allerdings: Die EVG betonte, dass der Streikaufruf für einige Bahn-Unternehmen auch weiterhin gelte. EVG-Sprecher Uwe Reitz sagte: "Es wird keinen Streik bei der Deutschen Bahn geben, wir verhandeln aber insgesamt mit fünfzig Unternehmen und habe auch weitere Unternehmen zum Warnstreik aufgerufen, und dort wird der Streik weiterhin stattfinden." Für welche Unternehmen oder Unternehmensteile der Streikaufruf nun weiterhin gilt, teilte die EVG zunächst nicht mit.
Bahnregelung: Kulanzregelungen bleiben bestehen
Trotz der Absage des Streiks bei der Deutschen Bahn soll die Kulanzregelung bestehen bleiben, wie das Unternehmen [www.deutschebahn.com] mitteilte: "Kund:innen haben weiterhin die Möglichkeit, ihre für Montag und Dienstag geplanten Reisen vorzuziehen." Das heißt, für Montag und Dienstag gebuchte Fahrkarten können auch an diesem Samstag und Sonntag genutzt werden.
Bahn will ab Sonntagmittag über mögliche Ausfälle informieren
Laut Hessischem Rundfunk (HR) ist noch unklar, ob es trotz des abgesagten Streiks zu Ausfällen oder Behinderungen kommen wird und was dies für umgetauschte Tickets bedeutet. Die Bahn teilte nach der Einigung mit, dass es trotz der Streikabsage in den nächsten Tagen zu Unregelmäßigkeiten kommen kann, weil der komplette Ausfall des Fernverkehrs und der teilweise Ausfall des Regionalverkehrs während des Streiks bereits eingeplant worden war. Die Bahn stehe hier nun vor der großen Herausforderung, "rund 50.000 Zugfahrten sowie die dazugehörigen Schicht- und Einsatzpläne wieder neu zu planen". Dies sei "ein echter Kraftakt". Über das genaue Fahrplanangebot will der Konzern den Angaben zufolge ab Sonntagmittag informieren.
Einigung auf Mindestlohn von zwölf Euro
Die Gewerkschaft EVG hatte in der vergangenen Woche ihre Mitglieder zu einem Warnstreik - von Sonntagabend 22 Uhr bis Dienstagnacht 24 Uhr. Die Bahn reagierte darauf mit einem Eilantrag vor dem Arbeitsgericht Frankfurt und kritisierte den angekündigten Warnstreik über 50 Stunden als "unverhältnismäßig".
Laut HR schlug die zuständige Richterin am Samstag in der mündlichen Verhandlung dann einen Vergleich vor. Sie deutete auch mehrfach an, dass sie Zweifel an der Rechmäßigkeit des Streiks habe und die EVG Gefahr laufe, in einem späteren Gerichtsstreit zu unterliegen.
Der Vergleich sieht laut Hessischem Rundfunk vor, dass in den Tarifverträgen der Bahn der Mindestlohn von zwölf Euro festgeschrieben wird. Die Tariferhöhungen in der laufenden Verhandlung sollen voll auf diesen Mindestlohn angerechnet werden; das soll auch für Beschäftigte gelten, die etwas mehr als den Mindestlohn erhalten. Diese Zusage am Gericht muss nun allerdings auch in den Tarifverhandlungen vereinbart werden. Die EVG warnt hier bereits: Sollte die Bahn hier "wortbrüchig werden, werden wir erneut zu einem Streik aufrufen".
Die Bahn bestätigte, dass zu dem Vergleich die Verabredung gehöre, "nun zügig und konstruktiv zu verhandeln, mit dem Ziel eines baldigen Abschlusses". Das Thema Mindestlohn sei "Bestandteil des Vergleichs und von beiden Parteien als Lösung anerkannt". Der Personalvorstand der Deutschen Bahn, Martin Seiler, erklärte, der Gang vor das Arbeitsgericht habe "sich für alle gelohnt".
Die Gewerkschaft forderte zuletzt mindestens 650 Euro mehr pro Monat – die Bahn hatte bislang einen Inflationsausgleich in Höhe von 2.850 Euro und Lohnerhöhungen in kommenden jahr von acht bis zehn Prozent geboten. Als regulärer Termin für die nächste Tarifverhandlungsrunde war bisher Ende Mai angesetzt.
Sendung: rbb24 Inforadio, 13.05.2023, 16:00 Uhr