Vermeintliche Knappheit vor Ostern - Das Ei, die Henne und eine gefühlte Krise
Die Preise für Eier sind gestiegen. Dafür gibt es viele Gründe - die Eierversorgung zu Ostern sei aber nicht in Gefahr, so Branchenkenner. Mit dem gravierenden Eiermangel in den USA habe die Situation in Deutschland nur am Rande zu tun. Von Andre Kartschall
Lasse Brandt packt 10er-Packungen Eier in einen großen Karton und erzählt, dass in seiner Branche gerade keine Normalität herrscht: Der sogenannte "Eiermangel" macht sich auch in der Eierpackstation Hoppenrade (Havelland) bemerkbar. Brandt ist hier der Chef und sagt: "Bei uns äußert sich das so, dass die Nachfrage nach Weihnachten einfach nicht weniger geworden ist."
Das ist unnormal. Üblicherweise gibt es zu jedem Jahresanfang eine Nachfragedelle. Gefragter sind Eier dann erst wieder ein paar Wochen vor Ostern. Dieses Jahr aber ist alles anders. "Wir müssen unsere Liefermengen reduzieren, weil wir nicht voll lieferfähig sind", sagt Brandt. 40.000 Eier pro Woche werden von hier aus ausgeliefert.
Eiernachfrage bricht nach Weihnachten regelmäßig ein
Die Ware stammt von Landwirtschaftsbetrieben in der Region. Diese haben - wie jedes Jahr im 1. Quartal - ihre Produktion heruntergefahren. Wegen der traditionell schwächeren Nachfrage zu dieser Zeit bieten sich dafür Januar und Februar an, Hühner "auszustallen" - also ältere Legehennen schlachten zu lassen. Bis neue Hühner soweit sind, dass sie zuverlässig Eier legen, können mehrere Monate vergehen.
Hans-Peter Goldnick vom Bundesverband Ei erklärt die Preissteigerungen mit mehreren Faktoren. Einerseits sei das Angebot etwas geringer als üblich: "Wir haben eine Sondersituation, dass in diesem Januar verhältnismäßig viele Hühnerställe ausgestallt wurden und neue Hühner reingekommen sind."
Bundesverband: "Es gibt keinen Eiernotstand"
Vereinzelt hat es in Europa auch Ausbrüche der Vogelgrippe gegeben. Die Folge: Zwangsschlachtungen und weniger Eier. Hinzu komme, dass jetzt bereits Eier von Färbereien aufgekauft würden, um diese dann zu Ostern auf den Markt zu bringen. "Und diese Eier fehlen dann im Konsum", so Goldnick.
Die Jahresnachfrage pro Kopf ist laut Goldnick signifikant angestiegen: "Von 238 auf 244 Eier, also wir haben pro Bundesbürger acht mehr aufgegessene Eier. Das sind 640 Millionen Eier."
In Anbetracht der vielen Schlagzeilen in den vergangenen Wochen ist Goldnick bemüht, abzuwägen. "Es gibt keinen Eiernotstand", sagt er. Die großen Lebensmittelketten hätten allesamt langfristige Lieferverträge zu festgelegten Preisen. "Die werden erst im August wieder neu ausgehandelt", so Goldnick.
Lediglich am Spotmarkt - also dem Großhandelsmarkt, an dem Händler kurzfristig Eier kaufen können - gebe es derzeit starke Preissprünge. "Da ist es tatsächlich so, dass wir eine richtige Preisexplosion haben." Von denen würden Endverbraucher aber nur im seltensten Fall etwas mitbekommen.
Sprunghafter Anstieg der Eierpreise in den USA
Weitgehende Entwarnung also vom Branchenverband. Eine erhöhte Nachfrage bei gleichzeitiger leichter Unterdeckung des Angebots führt nun einmal - zumindest zeitweise - zu höheren Preisen. Höhere Preise aber führen normalerweise zu mehr Angebot.
Eine Situation wie in den USA ist laut Branchenverband für Europa und Deutschland derzeit nicht absehbar. In den Vereinigten Staaten mussten Millionen Hennen gekeult werden - wegen großflächiger Ausbrüche der Vogelgrippe. Dort stieg der Spotpreis für ein Dutzend Eier von knapp über zwei US-Dollar im Oktober 2024 auf zwischenzeitlich acht US-Dollar Anfang März. Seitdem ist er aber bereits wieder auf unter fünf US-Dollar gefallen.
In den vergangenen Wochen waren US-Produzenten und Zwischenhändler gezwungen, auf dem Spotmarkt Eier dazu zu kaufen, weil die zugesicherten Lieferungen teils ausblieben. Nur ein kleiner Teil dieser Nachfrage aber reicht über den Atlantik und kommt in Europa an. Der Grund ist einfach: Eier sind ein verderbliches Gut und zudem zerbrechlich. Daher wird vor allem Eipulver nach Amerika exportiert. Als einen der Hauptgründe für die Preissteigerungen hierzulande sieht Goldnick die US-Eierkrise nicht.
"Wenn jeder jetzt zwei Schachteln Eier kauft, ist der Markt leer"
Und er verspricht: Auch zu Ostern werde es genügend Eier in Deutschland geben. Falls lokal mal ein Supermarkt ausverkauft sein sollte, heiße das nicht, dass es einen Markt weiter nicht noch welche gebe.
Goldnicks einzige Sorge: eine Überreaktion der Kunden. "Wir müssen nur aufpassen, dass wir nicht in diese Corona-Diskussion kommen mit den Eiern wie damals mit dem Klopapier. Wenn jeder statt einer Schachtel nun zwei Schachteln kauft, dann ist der Markt leer, das ist so."
Profitieren können von der - noch überschaubaren - Eierknappheit diejenigen Lieferanten, die ihre Produktion nicht vollständig an preislich fixierte Lieferverträge gebunden haben. Lasse Brandt von der Eierpackstation Hoppenrade berichtet, dass die Anfragen nach kurzfristigen Lieferungen steigen: "Bei uns wird häufiger an die Tür geklopft. Wenn die großen Wertschöpfungsketten versagen, dann können vielleicht doch die Kleinen und die Regionalen helfen."
Wer Eier übrig hat, kann gute Geschäfte machen. So meldet die deutsche Eiervertriebsgesellschaft für die Kalenderwoche 10: "Erneut ein neues Allzeitpreishoch!" Und appelliert an die Hersteller, ihre Bestände bestmöglich gegen die in Europa noch immer umlaufende Vogelgrippe zu schützen. Von einer Normalisierung der Marktsituation sei vorerst nicht auszugehen.
Mit Material von Roman Garthoff und Markus Reher
Sendung: Antenne Brandenburg, 19.03.2025, 13:15 Uhr