Konzertkritik | Indigo de Souza in Berlin - Schillernd und schüchtern zugleich

Di 04.07.23 | 08:08 Uhr | Von Hendrik Schröder
Archivbild:Die Sängerin Indigo de Souza am 29.06.2023 bei einem Auftritt.(Quelle:picture alliance/Gonzales Photo/E.Brodersen)
Audio: rbb24 Inforadio | 04.07.2023 | Hendrik Schröder | Bild: picture alliance/Gonzales Photo/Erling Brodersen

Indigo de Souza ist gerade mal Mitte 20 und hat schon drei Platten veröffentlicht. In Deutschland ist die Amerikanerin noch ein Geheimtipp. Hendrik Schröder hätte sie nach ihrem Konzert im Berliner Privatclub am liebsten hier behalten.

Kleine Konzerte von großen Künstlerinnen sind doch etwas Feines. Im Privatclub sind an diesem Abend vielleicht 150 Fans, aber damit ist der Laden schon ordentlich voll und es fühlt sich wirklich wie ein eher privates Konzert an. Selbst wer ganz hinten steht, sieht noch jedes Lächeln im Gesicht der Musikerinnen und Musiker, jede Falte, jeden Schweißtropfen.

Und der Sound von Indigo de Souza und ihrer ganz und gar knuffigen aber nicht zu unterschätzenden Band passt perfekt in diese engen vier Wände. Die Band spielt derart dynamisch, dass man an den leisten Stellen die Lüftung rauschen hören kann und mitbekommt, wie die Barfrau "4 Euro 50" flüstert.

Dann wird es aber wieder so laut, dass Bass und Schlagzeug einem direkt in die Magengrube treten. Immer dazu passend Indigo de Souzas Gesang, der mal in Obertönen über der Musik schwirrt und dann taktweise zum Knurren werden kann.

Vom Ende einer toxischen Beziehung

Mit "Time Back", dem Opener ihres neues Albums geht es los. De Souza faltet dazu beim Singen die Hände vor der Brust, schließt die Augen, fast schon andächtig wirkt das. Aber dann kommen beim zweiten Song "Darker than Death" die schweren Gitarren und die stampfenden Drums dazu und ein erstes Zucken geht durch Zuschauer und Band.

Drei Platten hat Indigo de Souza bisher veröffentlicht. Mit neun Jahren hat sie, Tochter eines Gitarristen, schon angefangen, eigene Songs zu schreiben. Dabei ist die Mittzwanzigerin mit den Jahren immer mutiger geworden. Jetzt traut sie sich auch mal, die Stimme fast ohne Effekte ganz direkt und unmittelbar auf die Songs wirken zu lassen.

Sie traut sich auch textlich mehr zu, singt über die glückliche Erkenntnis aus einer toxischen Beziehung und dass man sich das alles ja gar nicht gefallen lassen muss. Klingt simpel, muss man aber erst mal verstehen und in Worte fassen. Szenenapplaus gibt es dafür.

Beckenscheppernde Klangorgie

Dann hauen ihre Gitarristin, die mit vom Ventilator wehenden Haaren wie ein Fels da steht, ihr Basser, der aussieht wie ein Teddybär mit Oberlippenbart, und ihr Drummer mit seinen strahlenden Augen und der bunten Jacken eine beckenscheppernde Klangorgie von der Bühne, dass nicht nur Indigo und ihr Basser anfangen wild zu moshen.

"Ich bin das erste Mal in Berlin", sagt de Souza dann, als alle wieder bei Atem sind und natürlich gibt es dafür Jubel. Und weiter sagt sie: "Wie gemein, ich kenne euch gar nicht, aber ihr kennt mich schon." Das Statement kommt nicht kokett rüber, sondern echt und nahbar.

Trotzdem ist diese hochbegabte Frau da auf der Bühne wie von einem anderen Stern. So schillernd und schüchtern zugleich. Dann macht der Basser, der ein bisschen der Spaßvogel zu sein scheint, einen kleinen Witz, den nur die Band versteht, und Indigo de Souza muss so lachen, dass sie sich verschluckt und auch beim Singen des nächsten Tracks nicht aufhört zu kichern.

Eine Band mit einem wirklich vielschichtigen Indie-Sound. Müssten sie nicht weiter nach Amsterdam zum nächsten Auftritt, man würde sie am liebsten sofort adoptieren und hier behalten.

Sendung: rbb24 Inforadio, 04.07.2023, 5 Uhr

Beitrag von Hendrik Schröder

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