Antisemitismus-Streit - Lederer, Breitenbach, Scheel: Mehrere Ex-Senatoren verlassen Linkspartei

Mi 23.10.24 | 16:37 Uhr
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Klaus Lederer (Die Linke), Kultursenator. (Quelle: dpa/Jörg Carstensen)
dpa/Jörg Carstensen
Audio: rbb 88.8 | 23.10.2024 | Doreen Herbe | Bild: dpa/Jörg Carstensen

Verlorene Landtagswahlen, Konkurrenz durch das BSW und Antisemitismus: Die Linke steckt in einer schweren Krise. Nun erklären mehrere prominente Mitglieder des Berliner Landesverbands ihren Austritt aus der Partei.

Der Konflikt in der Linkspartei um die Ausrichtung der Partei und den Umgang mit Antisemitismus spitzt sich weiter zu. Mehrere prominente Berliner Mitglieder haben am Mittwochnachmittag ihren Austritt aus der Partei erklärt.

Neben dem früheren Kultursenator Klaus Lederer gaben auch der ehemalige Fraktionschef Carsten Schatz, der haushaltspolitische Sprecher der Fraktion im Abgeordnetenhaus Sebastian Schlüsselburg, Ex-Bausenator Sebastian Scheel sowie die ehemalige Sozialsenatorin Elke Breitenbach ihre Austritte bekannt.

Die fünf Politiker veröffentlichten auf der Plattform x.com eine gemeinsame Erklärung. Zuletzt sei es ihnen immer seltener möglich gewesen, sich im Landesverband für ihre Positionen einzusetzen. Insbesondere bei den Thema Antisemitismus, aber auch in der Frage der Solidarität gegenüber der Ukraine.

"Inzwischen sind wir aber an einem Punkt angelangt, an dem sich in - für unser Selbstverständnis zentralen – politischen Fragen unvereinbare Positionen verfestigt gegenüberstehen und eine nötige sachlich-inhaltliche Klärung nicht stattfindet", heißt es in der Mitteilung.

Alle erklärten sich bereit, im Abgeordnetenhaus weiterhin mit der Linksfraktion zusammen zu arbeiten: "Als undogmatische, demokratisch-sozialistische Linke arbeiten wir weiter an unseren Zielen und beziehen politisch Position".

Fraktionsvorsitzende bedauern Austritte

Die Vorsitzenden der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Anne Helm und Tobias Schulze, bedauerten die Austritte. "Elke Breitenbach, Klaus Lederer, Carsten Schatz, Sebastian Scheel und Sebastian Schlüsselburg haben sich auf vielen Ebenen und in unterschiedlichen Funktionen für unsere Partei, die Fraktion und unsere Stadt verdient gemacht", so Helm und Schulze.

"Wir werden innerhalb unserer Fraktion in den Dialog treten wie wir in Zukunft weiterhin gemeinsam den Aufgaben, die die Berliner:innen uns als soziale Kraft übertragen haben, gerecht werden."

Am 11. Oktober war es beim Landesparteitag der Berliner Linken zu einer heftigen Auseinandersetzung über einen Antrag zur Ablehnung von Antisemitismus gekommen. Darin wurde Judenhass aus dem linken Spektrum thematisiert. Nachdem es keine Einigung gegeben hatte, verließen etliche Delegierte, darunter Lederer und die Bundestagsabgeordnete Petra Pau, die Versammlung.

Daraufhin hatten bereits der frühere Linke-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus Udo Wolf und Pankows Ex-Bezirksbürgermeister Sören Benn ihren Parteiaustritt erklärt.

Unvereinbare Positionen

Die Gruppe um Klaus Lederer kritisiert in ihrer Mitteilung am Mittwoch auch die Diskussionskultur innerhalb der Partei. Die fünf hätten den Eindruck, dass Differenzen verstärkt über soziale Netzwerke und personalisiert ausgetragen würden - ohne dass eine inhaltliche Klärung erfolge.

Zwar sei auf einer Sondersitzung am Dienstagabend eine Resolution verabschiedet worden, mit der jede Form von Antisemitismus verurteilt wird. Linken-Landeschef Maximilian Schirmer hatte danach von einer "guten und konstruktiven Debatte" gesprochen und eine weitere Aufarbeitung des parteiinternen Konflikts angekündigt.

Die Gruppe um Lederer sieht das anders. In ihrer Austrittserklärung heißt es zu dem Beschluss: "Die gestern beschlossene Resolution des Landesverbands bleibt weitgehend dem Modus treu, die zutage liegenden Differenzen verbal zu umschiffen." Innerhalb der Partei hätten sich Positionen verfestigt, die unvereinbar miteinander seien.

Die Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus zählt derzeit 21 Mitglieder und ist Teil der Opposition. Bis 2023 regierte sie in einer Koalition mit der SPD und den Grünen. Die Partei wurde unter anderem durch die Gründung des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) geschwächt und verlor bei jüngsten Wahlen massiv.

Sendung: rbb 88.8, 23.10.2024, 15:30

Kommentar

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31 Kommentare

  1. 31.

    Wer über die Liste gewählt wurde, sollte das Mandat zurückgeben.

  2. 30.

    Eins ist klar: Frau Breitenbach werden wir wohl nicht bei dem BSW sehen. Wer erinnert sich nicht an die Hassrede, die an Wagenknecht gerichtet war, bei dem Linken-Parteitag 2018.
    Zu den Anderen bleibt nur zu sagen, dass sie beizeiten das sinkende Linken-Schiff verlassen, um woanders ihre Pründe zu sichern.

  3. 29.

    Ich finde dieses Artikel frustrierend inhaltsleer.
    Statt die tatsächlich streitgebenden Positionen zu erläutern werden nur vage Umschreibungen rethorisch verpackt.
    Auch in den Anderen hier verlinkten Artikeln zum Thema werden die jeweiligen Stellungen zum Nahostkonflikt nicht klarer, sondern nur mit parteiisch gefärbten buzzwords umschrieben.
    Habe ich falsche Erwartungen, wenn ich hier nach einer faktischen Zusammenfassung komplizierter Umstände suche?

  4. 26.

    beklagten nicht die o.g. vor wenigen monaten noch laut das die bsw'ler die mandate nicht zurückgaben und nun sind sie es selbst die auf mandate beharen wollen?

  5. 25.

    Dass Lederer & Co. "SPD-U-Boote" seien, "demnächst in die SPD eintreten" würden, glaube ich nicht.
    Bedenkenswert ist, dass in den letzten Wochen eben nicht nur Personen aud der Linken sondern auch aus den Grünen und der SPD ausgetreten sind oder sich krank gemeldet haben. Vielleicht wird in diesem Moment schon für eine neue linke Initiative sondiert, die für eine humane Asylpolitik, für Solidarität mit der Ukraine, für eine gerechte Sozialpolitik, für das Lebensrecht Israels und des palästinensischen Volkes unter strikter Ablehnung des Hamas- und Hisbollah-Terrors steht.

  6. 24.

    Endlich - nun nachdem die lautesten "Antipoden"-Vertretenden ihren Hut genommen haben werden die in den letzten Jahre entstandenen Wunden in einer ruhigeren Umgebung wieder heilen können, der Parteitag am vergangenen Wochenende in Halle zeigte schon wie dies gelingen kann.

    Streit gehört zur "DNA" einer sozialistischen Partei aber Grabenkämpfe und der Verkauf von Gemeineigentum oder andere Formen der Gemeinwirtschaft wie wir es die letzten Jahren erleben durften eben nicht.

  7. 22.

    Da ist zweifellos was dran. Insbesondere Klaus Lederer hat mit seinem nach innen hin herrischen Politikstil und der Gewissheit, auf Parteitagen ein ihm genehmes Abstimmungsverhalten durchpeitschen zu können, ein innerparteiliches Verständnis von "The Winner Takes it All" geschaffen, dem er jetzt selbst zum Opfer gefallen ist. Da war Sahra Wagenknecht ja noch vergleichsweise geduldig.

  8. 20.

    Für Menschen wie Sie gibt es ja mit der AfD und der Beutegemeinschaft Sahra Wagenknecht gleich zwei Parteien, die sie wählen können. Für tatsächliche Linke hingegen gibt es keine mehr.

  9. 19.

    für mich, dass die Linke auch zumindest latent antisemitisch zu sein scheint.

    Schaut man sich aber die Geschichte der logischen Vorgängerparteien bis zurück nach Weimar und die Innenpolitik der UdSSR von Anfang an an, überrascht das einfach gar nicht.

    Und davon wurde sich letztlich nie distanziert ....

  10. 18.

    ... war noch nie ein guter Berater und ist wesentlich schlechter als Faktenorientierung.

    Macht das Leben aber natürlich wesentlich bequemer ....

    Viel Spaß damit!

  11. 17.

    Die "Linke" bfindet sich in den letzten Atemzügen und damit in der endgültig Auflösung.

    Nachdem nur noch wenige der letzten Urfväter dieser Partei aus den ehemaligen SED-Seilschaften altersbedingt übrig und damit auch die potentiellen kommunistenfreundlichen Wähler abhanden gekommen sind, ist die "Linke" selbst aus dem Parlament in Brandenburg geflogen und wird auch zukünftig nicht mehr gewählt werden.

    Die heutige Gesellschaft braucht keine postkommunistischen Parteien mehr, die linken Überzeugungen sind inzwischen überflüssig.

    Und die "Grünen" sollten froh sein über den Rückzug der linkslastigen Jugendorganisation.

  12. 16.

    Herr Lederer hat in meiner Wahrnehmung die Partei Die Linke für mich unwählbar gemacht. Neben all den Baustellen, zu denen sicher Migration gehört, ist Die Linke mit Lederer eine Unterstützerin der NATO, wenn es um Fragen des Ukrainekonfliktes geht. Lederer sagte, er sei für Waffenlieferungen in die Ukraine. Keine mutige Differenzierung des Konfliktes, keine offenen Fragen, nur NATO-Linie.
    In der Zukunft wird man alle Täter zur Verantwortung ziehen. Wir werden und wieder fragen müssen, warum wir so dämlich waren und dem Narrativ geglaubt haben. Schade um ein paar gute Bürgermeister mit Linkem Parteibuch. Die Linke wird sich besinnen müssen.

  13. 14.

    Das ist doch nicht wahr und Redundante Verwirrung. Die Linke heute hat sich zur Hälfte ganz neu ausgerichtet und Deine SED liegt schon lange im Sarg, es wandeln nur einige Untote davon herum. Krenz läßt grüßen.

  14. 12.

    Ich glaube, das es in jeder Partei Antisemitismus gibt. Nur bei den Linken wird es hoch gekocht. Das war sicher nur eine Ausrede, die Entscheidung stand sicher vorher schon fest. Man kann auch lautlos gehen, ohne die Tür laut zu zuschlagen....

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