Die Bergpartei kandidiert in Friedrichshain-Kreuzberg - Es geht um mehr als nur um die Rigaer
Die Bergpartei will ins Abgeordnetenhaus. Genauer: Der Spitzenkandidat, Hauke Stiewe, kämpft um ein Direktmandat in Friedrichshain-Kreuzberg. Thematisch ist die Partei breit aufgestellt. Doch es gibt im Wahlkampf einen klaren Fokus: den Erhalt des RAW-Geländes. Und dann ist da noch die Rigaer Straße. Von Stefan Ruwoldt
Sie sind zu dritt. Eigentlich. Heute aber kommen Gäste. Die Bergpartei stellt sich vor. Der kleine Tisch für dieses improvisierte Pressefrühstück zum Start der Wahlkampagne steht in der Crack Bellmer Bar auf dem RAW-Gelände. Spitzenkandidat Hauke Stiewe und Parteichef Jan Theiler haben Platz genommen. Die Gäste teilen sich die Couch, drei Hocker und zwei Sessel. Es ist eng, aber gemütlich.
Bereits zum dritten Mal tritt die Bergpartei in Berlin zur Abgeordnetenhauswahl an. Die letzten beiden Anläufe klappten nicht, diesmal aber will es die Partei durch die Konzentration ihrer Kräfte auf den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg schaffen. Stiewe hat bereits genaue Vorstellungen, wie das Ergebnis aussehen wird: "Besser als die Grünen?" fragt er sich zunächst selbst, rechnet noch einmal kurz ganz leise nach und präsentiert dann sein Wahlziel: "Ich strebe an, auf jeden Fall die SPD zu schlagen. Und vielleicht auch die Grünen." Für die Grünen rechnet Stiewe mit 30, für die SPD mit 20 Prozent. Für die Bergpartei nennt er keine konkreten Zahlen. Das kann sich jeder selbst ausrechnen.
Auf einer Art Assistenzhocker neben Stiewe und Theiler sitzt Benjamin Richter, Generalsekretär der Partei. Richter lässt eigentlich den Spitzenkandidaten zuerst zu Wort kommen, also Stiewe, manchmal aber kann Richter nicht anders und muss als erster etwas sagen, sozusagen die Richtung vorgeben. Und genau das muss er auch beim aktuellen Kernthema der Partei: der Rigaer Straße. "Wir haben überlegt, ob wir auf Henkels Provokationen reagieren. Aber nein. Er hat sich selber diskreditiert: Nazivergleiche, eine Eigentümerfirma die kaum identifizierbar ist in ihrer Struktur und ein gefasster Autobrandstifter ohne Zusammenhang zur Rigaer 94."
Der Kern der politischen Arbeit ist der Bezirk und dessen Kern ist die Rigaer
Der Kern ihrer politischen Arbeit ist natürlich der Bezirk Friedrichshain, der Kern des Bezirks aber, so scheint es, ist die Rigaer Straße. Im Moment zumindest. “Wir empfehlen den Leuten in der Rigaer, nichts zu tun. Nichts. Jedenfalls nicht: Autos anzünden und Bullen verkloppen", erklärt Parteichef Jan Theiler. Spitzenkandidat Stiewe allerdings will ein wenig weg von diesem Thema und sagt: "Es geht um mehr. Nicht nur um die Rigaer."
Riesen Wellen, aus denen ein "A100"-Schild hervorkuckt
Dieses "Mehr" ist für die Bergpartei beispielsweise der Erhalt des RAW-Geländes als Treffpunkt und als Veranstaltungsort. Theiler spricht über TTIP, Politikverdrossenheit und Wahlmüdigkeit. "Das System ist zerschlissen", springt ihm Stiewe bei. "Es funktioniert nicht mehr", ist sein Schlusssatz zu diesem Thema und ein guter Aufhänger, um über seine Politikidee zu sprechen: "Spaß kann Politik machen." Dann macht er wieder ein Pause und fügt hinzu: "Ich finde diesen Slogan ganz gut."
Stiewes Idee, der Politikverdrossenheit zu begegnen, ist es, ihr Spaß einzuhauchen. Und sein Konzept dafür ist der Zwang zur Kooperation, zur Verhandlung, wie er sagt. So gibt es in der Bergpartei die Idee, ein Wahlrecht für alle Bewohner Berlins einzuführen: Wer zehn Jahre in Berlin lebt, soll hier auch wählen können. "Und nicht nur in seinem Bezirk."
Neben Stiewe, Richter und Theiler steht ein Riesengemälde, eine Art Aufsteller, das mehrere Mitstreiter selbst gemalt und bearbeitet haben. Theiler steht auf und stellt sich an die Großwand. Er erklärt die verschiedenen Motive: Riesenwellen, aus denen ein A100-Schild hervorkuckt, die Wellen bedrohen die Mercedes-Benz-Arena und darüber prangt das Stadtschloss und trägt eine Pickelhaube. "Dies ist die Welle, die alles verschlingt", sagt Theiler. Er steht neben dem Plakat, macht Verrenkungen und komische Figuren für die Fotografen und man sieht: Es ist wirklich eine Riesenwelle auf diesem Bild. Es droht der Untergang.