Koalitionsverhandlungen zur Wirtschaftspolitik - Rot-Rot-Grün wünscht sich mehr Industrie und Digitalisierung
Eine neue Offensive in der Industriepolitik, stärkere Digitalisierung, neue Wege bei der Wirtschaftsförderung und eine Entlastung der Berliner von den negativen Folgen des Tourismus: Das sind nur einige der Punkte, auf die sich die potenzielle Berliner Regierung am Mittwoch bei ihren Koalitionsverhandlungen zur Wirtschaftspolitik geeinigt hat.
SPD, Linke und Grüne wollen in Berlin mehr Industrie ansiedeln und die Digitalisierung vorantreiben. Das teilten Vertreter der drei Parteien am Mittwochabend nach rund dreistündigen Koalitionsverhandlungen zur Wirtschaftspolitik mit.
"Wir brauchen eine neue Offensive in der Industriepolitik", sagte der Linke-Wirtschaftsexperte Harald Wolf. Die Industrie habe einen viel zu geringen Anteil an der Berliner Wertschöpfung. Rot-Rot-Grün wolle mehr Unternehmen aus diesem Sektor ansiedeln. Digitalisierung könne auch hier Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit steigern und helfen, Ressourcen einzusparen.
Einig sei man sich aber auch, "dass bei der Digitalisierung noch einiges zu tun ist", so die stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Barbara Loth.
Grüne: Durchschnittseinkommen noch immer zu niedrig
Auch bei der Wirtschaftsförderung will die potenzielle rot-rot-grüne Regierung neue Wege gehen. Es soll mehr mit Fonds gearbeitet werden, die durch Erlöse der damit finanzierten Projekte gespeist werden. So könnten junge Unternehmen in der Wachstumsphase mit ihrem hohen Investitionsbedarf besser unterstützt werden, sagte Wolf. Wirtschaftsfördermittel sollen nur solche Unternehmen erhalten, die mindestens neun Euro pro Stunde zahlen - anstatt wie bisher 8,50 Euro.
Die Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop betonte, der wirtschaftliche Schwung der vergangenen Jahre müsse in nachhaltiges Wachstum umgesetzt werden und bei den Menschen ankommen. Noch immer sei das Durchschnittseinkommen der Berliner zu niedrig.
Außerdem sind Maßnahmen geplant, um die Berliner von negativen Folgen des Tourismus zu entlasten. So sollen unter anderem nicht mehr die Anlieger zahlen müssen, wenn wegen Touristen die Stadtreinigung häufiger kommen muss.
Rot-rot-grün würde Ceta nicht zustimmen
Auch den Messestandort will die mögliche neue Koalition stärken, die Stadt soll neue Kongresskapazitäten bekommen. Beim Thema Sanierung des umstrittenen ICC gingen die Äußerung allerdings nicht über vage Absichtsbekundungen ohne Konkretes zu Zeitraum und Kosten hinaus.
Auch das geplante Freihandelsabkommen der EU mit Kanada, Ceta, war Thema. Hierzu beschlossen SPD, Linke und Grüne, bei einer möglichen Abstimmung im Bundesrat nicht zuzustimmen. Falls der Vertrag unterzeichnet wird, muss er von den Mitgliedstaaten ratifiziert werden.
SPD, Linke und Grüne verhandeln über die Bildung der bundesweit ersten rot-rot-grünen Landesregierung unter Führung der SPD. Sie hatten ihre Koalitionsgespräche am Mittwochnachmittag mit dem Thema Wirtschaft fortgesetzt. Am Abend soll es noch um die Bereiche Arbeit und Soziales gehen. Über die Ergebnisse wollen die Verhandlungspartner aber erst am Donnerstag informieren.