rbb-exklusiv | Linke-Kandidatin soll zu Unrecht Unititel geführt haben - Evrim Sommer fällt in zwei Wahlgängen durch
Evrim Sommer wollte sich am Donnerstag zur Bürgermeisterin von Lichtenberg wählen lassen - fiel jedoch in zwei Wahlgängen durch. Zuvor waren Recherchen des rbb bekannt geworden, dass sich die Linken-Politikerin als Abgeordnete zu Unrecht als Hochschulabsolventin ausgegeben haben soll.
Die Kandidatin der Linken für das Amt der Bezirksbürgermeisterin von Lichtenberg, Evrim Sommer, stellte sich am Donnerstagabend in der Bezirksverordnetenversammlung zur Wahl. In der BVV-Sitzung fiel sie allerdings in zwei Wahlgängen durch. Zunächst fehlten ihr drei Stimmen zur Wahl, im zweiten Wahlgang bekam sie nur 24 Ja- und 28 Nein-Stimmen.
Die Linken verzichteten daraufhin auf einen dritten Wahlgang. Damit wurde auch die BVV-Sitzung beendet, es wurden keine Stadträte gewählt.
Sommer könnte sich strafbar gemacht haben
Zuvor hatte die Meldung, dass die Linken-Politikerin zu Unrecht einen Hochschulabschluss angegeben habe, für eine 45-minütige Unterbrechung der Sitzung gesorgt.
Nach Recherchen des rbb hat Sommer ihren Lebenslauf geschönt und sich als Abgeordnete zu Unrecht als Hochschulabsolventin ausgegeben. So gab die damalige Abgeordnete schon im Frühjahr 2015 in der dritten Auflage des Abgeordnetenhaus-Handbuches an, Historikerin zu sein und an der Humboldt-Universität den Titel "Bachelor of Arts" erworben zu haben.
Nach Informationen der Humboldt-Universität erlangte Sommer den akademischen Grad jedoch erst am 16.11.2016, also rund eineinhalb Jahre später. Nach Einschätzung von Rechtsexperten könnte sich Sommer damit strafbar gemacht haben, wenn sie einen akademischen Grad führte, ohne dazu befugt zu sein.
Die Humboldt-Universität verweigerte zunächst - entgegen einschlägiger presserechtlicher Bestimmungen - eine vollständige Auskunft, wann Evrim Sommer das Studium abgeschlossen hat. Der rbb klagte auf Herausgabe der Informationen. Das Verwaltungsgericht Berlin erließ daraufhin eine einstweilige Anordnung, in der es die Humboldt-Universität zur Herausgabe der Informationen verpflichtete.
Sommer selbst wies die Vorwürfe während der BVV-Sitzung von sich, sie habe nie behauptet, einen Hochschulabschluss zu haben.
"Schwarzer Tag für Frau Sommer"
Mitglieder anderer Fraktionen reagierten unterschiedlich auf die Vorwürfe. Die CDU stellte noch vor der Wahl einen Antrag auf Vertagung, welcher jedoch ohne nötige Mehrheit abgelehnt wurde.
Die amtierende Bezirksbürgermeisterin Lichtenbergs, Birgit Monteiro (SPD), sprach im rbb von einem "schwarzen Tag" für Evrim Sommer. So etwas wünsche sie niemandem, vor allem weil Sommer so einen harten Wahlkampf betrieben habe. "Wir müssen jetzt auch erstmal die Fakten auswerten und eine rechtliche Bewertung vornehmen", so Monteiro weiter.
Die BVV-Fraktionsvorsitzende der Grünen, Camilla Schuler, wurde ebenfalls von der Meldung überrascht. "Meine Fraktion hat Frau Sommer immer unterstützt. Und das werden wir auch weiterhin tun", sagte Schuler dem rbb.
Nach den zwei erfolglosen Wahlgängen wird die Wahl des Bezirksbürgermeisters in Lichtenberg voraussichtlich in der nächsten BVV-Sitzung nachgeholt. Diese findet turnusgemäß am 15. Dezember statt, sofern nicht eine Fraktion eine Sondersitzung beantragt.
Nachtrag (Stand: März 2017): Die Staatsanwaltschaft Berlin konnte keinen hinreichenden Tatverdacht gegen Evrim Sommer wegen etwaigen Titelmissbrauchs erkennen. Nach Überzeugung der Behörde ist ein Bachelor of Arts, wie bei Sommer, nicht nur ein Abschluss, sondern ein Studiengang. Und diesen hatte Sommer belegt.