Union Berlin holt Manager Heldt - Gemeinsam müssen sie es besser machen als zuletzt alleine
Mit Horst Heldt verpflichtet der 1. FC Union einen alten Bekannten aus der Fußball-Bundesliga. Für den neuen "Geschäftsführer Profifußball" ist das Engagement eine Chance, seinen Ruf wiederherzustellen. Von Till Oppermann
Ein bisschen ulkig sah es dann doch aus, das erste Bild des neuen Mitglieds der Geschäftsführung des 1. FC Union.
Um Punkt 19:30 Uhr verkündeten die Köpenicker am Dienstag gleichzeitig die Verpflichtung von Horst Heldt und Oliver Ruhnerts Rückzug auf die Position des Chefscouts. Die dazu passende Grafik wirkte für eine Nachricht dieser Tragweite so, als hätte sie die Medienabteilung der Köpenicker etwas hastig zusammengesetzt. Statt eines gemeinsamen Fotos wurden die beiden Männer aus anderen Bildern ausgeschnitten und zusammen die Alten Försterei montiert. Gelächelt wurde nicht.
Heldt stößt im Sommer offiziell zu Union
Vielleicht wurde die Union-Kommunikation davon überrumpelt, dass "Kicker" und "Sky" die Personalie schon vermeldeten, bevor die Köpenicker zur Pressekonferenz laden konnten. Vielleicht sind bei Union nach einer langen und verkorksten Saison aber auch einfach viele Mitarbeiter im verdienten Urlaub.
So oder so war den Köpenickern die Aufmerksamkeit der Liga sicher: Zu einem Mann wie Horst Heldt, der mit Stuttgart, Hannover, Köln und Schalke gleich vier große Traditionsvereine und ehemalige deutsche Meister angeführt hat, hat jeder eine Meinung. Die von Vereinspräsident Dirk Zingler geht so: "Mit Horst Heldt konnten wir einen erfahrenen Bundesliga-Manager für uns gewinnen, der im Sommer zu uns stoßen wird, aber bereits jetzt in alle Planungen eingebunden ist."
Mit Heldt bekommt Union Erfahrung
Genau diese Erfahrung könnte es sein, mit der Heldt die Vereinsführung um Zingler von sich überzeugt hat. Zumindest hat er sie Management-Eigengewächsen wie Marc Lettau und Michael Parensen voraus, die den Verein in junger und jüngster Vergangenheit wegen fehlender Perspektiven auf eine Position an der Spitze verlassen hatten.
14,5 Jahre arbeitete Horst Heldt als Sportdirektor, Sport-Geschäftsführer und Vorstand für Bundesligavereine. Auch wenn er nach seiner Entlassung in Köln die letzten drei Jahre keinen Job in der Bundesliga hatte, kennt kaum jemand das Geschäft so gut wie Heldt. Nach einer turbulenten Saison zwischen Champions League und Abstiegskampf sucht der 1. FC Union nach Ruhe und Kontinuität. Heldt soll beides bringen.
Wilde Jahre in Hannover und Köln
Angesichts seiner beiden letzten Stationen in Köln und Hannover waren viele Fans am Dienstag skeptisch, ob der neue Mann diesen Wunsch erfüllen kann. In Hannover schaffte Heldt zwar immerhin den Aufstieg in die Bundesliga und den Klassenerhalt, wurde dann aber vom Hof gejagt. Als er in seiner dritten Saison als abgeschlagener Tabellenletzter gehen musste, warf man ihm zwei gescheiterte Wechselversuche zur Konkurrenz nach Köln und Wolfsburg und mehrere Transferflops vor.
Als er dann wirklich in Köln anheuerte endete auch dieses Engagement 2021 vorzeitig: Beim FC entzündete sich die Kritik an einer Vertragsverlängerung mit Trainer Markus Gisdol, der bald darauf entlassen wurde. Aber auch Heldts Transfers waren keine Erfolge. Union-Stürmer Sebastian Andersson kostete die Geißböcke zehn Millionen Euro. Ein teurer Fehler: Der Schwede war in Köln häufiger verletzt als fit.
Kontinuität auf Schalke
Dass man bei Union trotzdem vom 54-Jährigen überzeugt ist, dürfte besonders mit seiner Zeit auf Schalke zusammenhängen. Sechs Jahre leitete Heldt von 2010 bis 2016 die sportlichen Geschicke bei den Königsblauen. In seiner Zeit landete S04 in fünf von sechs Jahren im Europa-Cup, erreichte ein Champions League-Halbfinale und gewann 2011 den DFB-Pokal. Außerdem arbeitete Heldt in diesen Jahren eng mit Oliver Ruhnert zusammen. Der führte damals die Schalker Jugendakademie aus der in Heldts-Ära zahlreiche Spieler den Sprung in die erste Mannschaft schafften.
Auch menschlich muss es zwischen Ruhnert und seinem alten und neuen Chef hervorragend gepasst haben. Sonst würde er wohl kaum erneut freiwillig unter Heldt arbeiten, obwohl er in den letzten Jahren selbst zu einem der erfolgreichsten Sport-Manager in Deutschland gereift ist.
Kader sollte neu aufgestellt werden
Gemeinsam stehen die alten Kollegen vor einem wegweisenden Sommer. Neben der Suche nach einem neuen Cheftrainer steht Union vor einem großen Umbruch. Der Kader, der für die Champions League zusammengestellt wurde und im Abstiegskampf endete, muss sich auf vielen Positionen verändern. Gemeinsam müssen Heldt und sein Chefscout Ruhnert dabei darauf achten, dass sie Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen.
"Unsere Mannschaft hat sich nie gefunden", sagte Kapitän Christopher Trimmel nach dem knappen Klassenerhalt. Das lag auch daran, dass Charaktere wie Leihspieler David Datro Fofana, der schon im Winter wieder gehen musste, sich nicht anpassen konnten. Ein Problem, das Horst Heldt kennt: Beim 1. FC Köln verpflichtete er einst Angreifer Emmanuel Dennis, über den er nach seine Entlassung folgendes sagen musste: "Wir hätten die Charaktereigenschaften über den möglichen sportlichen Mehrwert stellen müssen."
Union und Heldt wollen es gemeinsam besser machen
Vielleicht sind es ihre Gemeinsamkeiten im Scheitern, die Union und Horst Heldt zu einem besonders guten Team machen werden. Fakt ist, dass die Köpenicker eine in der Liga respektierte Führungskraft verpflichtet haben. Fakt ist aber auch, dass sowohl Union als auch Heldt beweisen müssen, dass sie besser arbeiten können als zuletzt.
Einen Hinweis darauf, warum Heldt glaubt, dass er sich bei Union rehabilitieren kann, gibt sein erstes Statement zum Verein: "Union ist seit vielen Jahren eine stabile Größe im deutschen Profifußball; ein ruhiger, gut geführter Verein." Nach seinen Stationen in Köln, Hannover, auf Schalke und in Stuttgart erwartet ihn in Köpenick das ruhigste Umfeld seiner Karriere.
Sendung: rbb24 Inforadio, 22.05.2024, 7:04 Uhr