Reifenhersteller - Goodyear wohl offen für Verkauf statt Schließung von Reifenwerk in Fürstenwalde

Di 05.03.24 | 13:58 Uhr
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Archivbild: Geschlossen ist eine Schranke an der Zufahrt zum Reifenwerk der Goodyear Dunlop Tires GmbH. (Quelle: dpa/Pleul)
Audio: Antenne Brandenburg | 04.03.2024 | Martin Krauß | Bild: dpa/Pleul

Die Reifenproduktion in Fürstenwalde soll bis 2027 schließen, 750 Mitarbeiter würden ihre Jobs verlieren. Das Unternehmen bekam dafür viel Gegenwind. Nun ist von einem möglichen Verkauf des Werks die Rede - doch die Vorbereitungen für die Schließung laufen weiter.

Der Reifenhersteller Goodyear erwägt wohl sein Werk in Fürstenwalde (Oder-Spree) zu verkaufen. Im vergangenen Jahr hatte das Unternehmen die Schließung an dem Standort angekündigt. Goodyear wolle nun den Verkauf seines Werks einer Schließung vorziehen, das habe die Konzernspitze dem Brandenburger Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) schriftlich versichert, wie Steinbach am Montag nach einer Kundgebung vor dem Werk dem rbb sagte.

Darauf angesprochen, wollte Jens Hack, der Unternehmenssprecher von Goodyear Deutschland, entsprechende Pläne in Fürstenwalde weder bestätigen noch dementieren. Goodyear habe seinerzeit alle Optionen geprüft, sagte Hack, "dabei haben sich keine praktikablen Optionen gezeigt außerhalb der Pläne, die wir vorgelegt haben zur Einstellung der Reifenproduktion in Fürstenwalde."

Wirtschaftsminister: Subventionen könnten helfen

Goodyear plant die Reifenproduktion bis Ende 2027 einzustellen. Betroffen sind etwa 750 Mitarbeiter. Als Grund für die Schließung des Werks in Fürstenwalde nannte Goodyear unter anderem die billigen Importe aus Asien.

In der aktuellen Wettbewerbssituation würden Unternehmen, die an so einem Standort interessiert seien, "nicht gerade Schlange stehen", sagte Minister Steinbach dem rbb. Man könnte aber mit Subventionen für die Reifenproduktion dagegen steuern, so der Minister. Steinbach schlägt dabei vor, Investitionen im Inland und in die Recyclingfähigkeit der Produkte zu belohnen. "Dann hoffe ich auch, dass wir einen ausländischen Investor finden werden."

Unternehmen will bis Juni einen Sozialplan

Über einen dieser Partner wird in der Belegschaft spekuliert: Die japanische Firma Sumitomo bemüht sich gerade nach rbb-Informationen um die Europa-Rechte an der Marke Dunlop und war in den 90er-Jahren schon einmal Eigentümer des Fürstenwalder Werks.

Doch bisher hätten sich die Rahmenbedingen nicht verändert, sagte Goodyears Unternehmenssprecher Jens Hack dem rbb. Die Geschäftsführung halte deswegen an der Schließung fest und lege den Fokus auf die Verhandlungen zum Sozialplan. In der vergangenen Woche sei mit den Sozialpartnern ein Zwischenstand erreicht worden: "Dieser Zwischenstand legt das gesamte Budget für die Abfindungen fest, die gezahlt werden können", sagte der Sprecher. "Wir haben festgelegt, dass wir uns bis Juni auf einen Sozialplan und einen Interessenausgleich mit den Sozialpartnern einigen werden."

Tesla-Fabrik ist nur 20 Kilometer von Reifenwerk entfernt

Am Montag protestierten Beschäftigte des Reifenherstellers vor dem Werk in Fürstenwalde erneut für den Erhalt der Reifenproduktion. Bereits im vergangenen November und im Januar demonstrierten Mitarbeiter vor dem Werkstor.

Die Gewerkschaft IGB BCE will nach eigenen Angaben möglichst viele Arbeitsplätze erhalten, auch die brandenburgische Landesregierung schaltete sich ein. Die ersten Verhandlungstermine zwischen Arbeitnehmervertretern und Geschäftsführung hätten gezeigt, dass der Arbeitgeber nicht von seinem Vorhaben der Reifenproduktions-Schließung abrücken wolle, so die IG BCE. "700 gut bezahlte, tarifgebundene Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel."

Sowohl die Gewerkschaft als auch Steinbach haben in der Vergangenheit Tesla als Teil der Lösung für das Werk in Fürstenwalde gesehen. "Uns fehlt jedes Verständnis dafür, dass sich mit Tesla eine Automobilproduktion im nur 20 Kilometer entfernten Grünheide befindet - und der Reifenproduzent Goodyear keine strategische Geschäftsbeziehung dahin aufgebaut hat", sagte der stellvertretende Landesbezirksleiter der IG BCE Nordost, Boris Loew.

Betriebsrat: Chancen für Erhalt liegen bei 50 Prozent

Die Chancen für einen Erhalt des Werks schätzen sowohl Betriebsrat als auch Wirtschaftsminister mit 50 Prozent ein. "Der Arbeitgeber hat jetzt ein paar Signale gegeben, was er am Anfang nicht getan hat. Wir können über Verkauf und über Kostenoptimierung reden. Das war vor drei Monaten nicht denkbar", sagte Betriebsratsvorsitzender Peter Weiser dem rbb. "Da haben die ganzen Aktionen, die wir gestaltet haben, beim Arbeitgeber Wirkung gezeigt."

Die Gespräche zu einer möglichen Zukunft des Reifenwerks in Fürstenwalde laufen weiter: Bereits kommende Woche wollen Geschäftsführung und Betriebsrat weiterverhandeln. Auch die Bundes- und Landesebene wollen sich weiterhin an einer Lösung für die Reifenproduktion in Fürstenwalde beteiligen, wie Wirtschaftsminister Steinbach sagte.

Sendung: Antenne Brandenburg, 04.03.2024, 15:40 Uhr

Mit Material von Fred Pilarski und Martin Krauß

5 Kommentare

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  1. 5.

    Mit Ihrem Expertenwissen in Wirtschaftsfragen sollten Sie in die Politik gehen. Im September wird gewählt. Ich wähle Sie in jeder Partei außer AfD.

  2. 4.

    „Aber für Sie sind die da oben an allem Schuld“
    Daran das alle Großprojekte gescheitert sind? Daran das Standortfehlentscheidungen gegen den Expertenrat Schwierigkeiten machen?
    Wer denn sonst?
    Investoren erreicht man durch Netzwerke und Türklinkenputzen. Nicht durch warten und auswählen, wer Subventionen bekommt.

  3. 3.

    „Aber für Sie sind die da oben an allem Schuld“
    Daran das alle Großprojekte gescheitert sind? Daran das Standortfehlentscheidungen gegen den Expertenrat Schwierigkeiten machen?
    Wer denn sonst?
    Investoren erreicht man durch Netzwerke und Türklinkenputzen. Nicht durch warten und auswählen, wer Subventionen bekommt.

  4. 2.

    Herr Steinbach kann nur Werbung um Investoren machen. Dies dürfte ihm allerdings derzeit schwer fallen, wenn man sich anschaut dass einige Zeitgenossen regelrecht Krieg gegen Industrieansiedlungen führen. Als Investor würde ich bei dieser Provinzialität einen riesen Bogen um diesen Landstrich machen.
    Aber für Sie sind die da oben an allem Schuld.

  5. 1.

    Wann bringt Herr Steinbach einen Käufer? Mit fremden (unserem) Geld winken ist keine wirkliche Leistung.

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