Grünheide - Tesla-Gegner beenden "Aktionstage" - und kündigen weitere Proteste an

So 12.05.24 | 20:44 Uhr
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Teilnehmende eines Protestcamps bauen ihre Zelte ab. Nach fünf Tagen soll die Aktionswoche mit Protesten gegen den US-Elektroautobauer Tesla in Grünheide bei Berlin am Sonntag zu Ende gehen. (Quelle: dpa/Pleul)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 12.05.2024 | Bild: dpa/Pleul

Mehrere Tage lang haben Gegner des E-Autoherstellers Tesla am Werk in Grünheide demonstriert. Die Polizei stellt eine Bilanz mit vielen Verletzten und Festnahmen auf. Die Tesla-Gegner haben derweil angekündigt, den Protest fortsetzen zu wollen.

  • Protest gegen Tesla soll laut Aktivisten weitergehen
  • Gemeindevertretung in Grünheide will Donnerstag über Tesla-Erweiterung beraten
  • Bilanz zu "Aktionstagen": Brandenburger Polizei spricht von 23 Festnahmen und 27 verletzten Beamten
  • Bundeswirtschaftsminister Habeck kritisiert den Protest

Der Protest gegen den US-Elektroautobauer Tesla geht nach tagelangen Demonstrationen in Grünheide (Oder-Spree) voraussichtlich weiter. Mit dem Abschluss von sogenannten Aktionstagen wurde am Sonntag ein Camp in der Nähe der einzigen europäischen Autofabrik des Tesla-Konzerns mit seinem Chef Elon Musk aufgelöst.

Einige Bündnisse kündigten aber weitere Aktionen an oder wollten sich diese Möglichkeit vorbehalten. Die Gemeindevertretung Grünheide berät am Donnerstag voraussichtlich über die geplante Erweiterung des Tesla-Geländes.

Zum Teil präsent bei Gemeindevertretung

Dort will das Bündnis "Tesla den Hahn abdrehen" präsent sein, wie die Sprecherin Karolina Drzewo am Sonntag sagte. Die Initiative "Tesla stoppen" will eigenen Angaben zufolge ebenfalls weitermachen. Die "Wasserbesetzung" am Bahnhof Fangschleuse bleibe bestehen, sagte Sprecherin Caro Weber. Die Initiative "Disrupt Tesla"("Tesla stören") hält sich weitere Proteste offen. Sollte die Gemeindevertretung entgegen der Bürgerbefragung für eine Erweiterung stimmen, "kommt "Disrupt Tesla" erst recht wieder", sagte die Sprecherin Lucia Mende. Auch ein Protestcamp im Wald, das Aktivisten im Februar aufgebaut haben, bleibt bestehen.

Ein Bündnis hatte von Mittwoch bis Sonntag zu "Aktionstagen" am Tesla-Werk aufgerufen. Bei einer Demonstration am Freitag hatten mehrere Hundert Teilnehmer versucht, auf das Werksgelände zu gelangen. Laut Polizei und Unternehmen ist das aber nicht gelungen. Eine Demonstration mit mehr als 1.000 Teilnehmern am Samstag verlief trotz einiger Rangeleien zwischen Polizei und Teilnehmern ruhiger.

23 Festnahmen - 27 Polizeibeamte verletzt

Laut Polizei fanden von Mittwoch bis Sonntag insgesamt 18 Versammlungen statt. Während des gesamten Einsatzes wurden 23 Personen festgenommen und 76 Strafanzeigen aufgenommen, wie die Polizei am Sonntagnachmittag mitteilte. Fünf Personen davon wurden einem Haftrichter vorgeführt, alle aber schließlich aus dem Gewahrsam entlassen. Die Anzeigen gingen laut Polizei vor allem auf Verstöße gegen das Versammlungsgesetz, Nötigung im Straßenverkehr, Widerstandshandlungen, Landfriedensbruch und Sachbeschädigungen zurück.

In der Spitze seien 1.500 Kräfte im Einsatz gewesen, auch aus zahlreichen anderen Bundesländern. 27 Polizeibeamte seien verletzt worden. Angaben zu möglicherweise verletzten Protestteilnehmern machte die Polizei nicht.

Wirtschaftsminister Habeck kritisiert Protest

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kritisierte Inhalt und Form des Protests. In Grünheide sei die Grenze des Protests der Grenzzaun des Betriebsgeländes. "Dort endet der Protest, es beginnt die Strafbarkeit", sagte Habeck der Funke-Mediengruppe. In der Sache sei der Protest falsch, weil er sich gegen jede Autofabrik richte. "Niemand kann aber ein Interesse an Deutschland ohne Automobilproduktion haben. Wir werben darum, dass die Autos der Zukunft hier produziert werden - und Arbeitsplätze und Wertschöpfung hier gehalten werden. Und solche Autos baut eben auch Tesla", führte der Minister aus.

In dem Autowerk in Brandenburg, das seit rund zwei Jahren Elektroautos herstellt, arbeiten etwa 12.000 Menschen. Es liegt zum Teil im Wasserschutzgebiet. Mit Aktionstagen wollten die Aktivisten unter anderem vor Umweltgefahren und Wasserknappheit warnen. Die Polizei war mit einem Großaufgebot in Grünheide.

Scholz hofft auf Tesla-Ausbau

Tesla will sein Gelände erweitern, um einen Güterbahnhof, Lagerfläche und einen Betriebskindergarten zu bauen. Dafür hätten nach früheren Plänen rund 100 Hektar Wald gerodet werden müssen. In einer Befragung hatte sich aber eine deutliche Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger von Grünheide gegen die Erweiterung ausgesprochen. Die Gemeinde schlug daraufhin vor, dass nur 50 Hektar Wald gerodet werden. Am Donnerstag beraten die Gemeindevertreter über den Bebauungsplan.

Der Autobauer will eigenen Ankündigungen zufolge auch die Produktion ausbauen - von 500.000 Autos im Jahr, die noch nicht erreicht sind, auf eine Million Autos. Der Kanzler Olaf Scholz (SPD) sagte, er hoffe auf einen Ausbau. Brandenburg habe ein großes Wirtschaftswachstum, sagte Scholz am Samstag bei einer Talkrunde des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) mit Blick auf Tesla. "Ist zwar umstritten, wie wir merken, aber ich hoffe, sie wird ihre Produktion noch weiter verdoppeln."

Musk äußert Verwunderung

Der Tesla-Chef Elon Musk zeigte sich irritiert über die Proteste. "Es passiert etwas sehr Seltsames, da Tesla als einziger Autokonzern angegriffen wurde!", schrieb er am Freitag auf dem Portal X, das ihm gehört. Das Unternehmen wies Vorwürfe zur Verschmutzung von Wasser stets zurück und verwies darauf, dass der Wasserverbrauch unter dem Branchendurchschnitt liege.

Die Fabrik in Grünheide hatte am Freitag nicht produziert - das lag nach Angaben einer Sprecherin aber am Brückentag nach dem Feiertag Christi Himmelfahrt und war demnach schon länger geplant. Nach einem Brandanschlag auf einen Strommast musste Tesla im März die Produktion in Grünheide für einige Tage stoppen. Zur Tat hatte sich eine linksextremistische Gruppe bekannt.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 12.05.2024, 19:30 Uhr

 

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95 Kommentare

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  1. 94.

    Erwartbar, dass Sie Ihre Aussage zu freien Flächen rund um Schönefeld nicht belegen können. Damit sind Sie nicht der Erste. Auch andere scheiterten über die Jahre mit ähnlichen Behauptungen. Da ich mich schon länger mit dem Thema befasse, ist mir z.B. bekannt, dass u.a.. die IHK die geringe Verfügbarkeit an freien Gewebegrundstücken rund um Schönefeld beklagt hat wie auch deren Aussagen, dass das Industriegebiet Freienbrink-Nord das letzte freie in der Größe gewesen sei. Es wäre deshalb eh nur eine Frage der Zeit, bis jemand anderes als Tesla beim von der Gemeinde Grünheide beworbenen Industriegebiet zugeschlagen hätte.

  2. 93.

    Verworfen stets von den Entscheidungsträgern, die als Bezieher hoher Einkommen dabei etwas zu verlieren haben.

  3. 92.

    Herr Neumann, was Herr Kling meint, da müssen sie sich schon an den wenden. Wenn sie Stellaris fragen, dann muss ich passen, denn ich war nicht dabei und kenne die wirklichen Hintergründe nicht, als angeblich versucht wurde, das Werksgelände zu stürmen und irgendwelche Sachbeschädigungen in Neuhardenberg erfolgt sein sollen. Ich habe aber vorgestern miterlebt, dass wenige Meter entfernt von mir grundlos Demonstranten von der Polizei gewaltsam angegangen wurden. Nicht die Polizei wirkte deeskalierend, sondern die Demonstranten hielten sich zurück und verzichteten auf Notwehr.

  4. 91.

    Funfact: Deutschland ist nichtmals Vorreiter beim Klimaschutz, sondern in vielerlei Dingen eher als Geisterfahrer unterwegs.

  5. 90.

    Ich habe in meinem Kommentar übrigens nicht nur von Deutschland gesprochen, sondern das Prinzip allgemein betrachtet. Da gibt es viele Länder, die an bestimmten Stellen schon sehr viel weiter sind als wir und von denen wir uns noch etwas abschauen könnten.

  6. 88.

    "Wie wäre es stattdessen mit dem Argument der Vorbildfunktion?"

    Warum muss D weltweit immer irgendwelches Vorbild für irgendwelche Maßnahmen und Vorhaben sein? Wer sind wir Deutschen eigentlich?

  7. 87.

    Der deutsche Klassiker: Das braucht kein Mensch!

    Heisst übersetzt: ich brauche das nicht und somit haben andere das auch nicht zu brauchen. Neid wird niemand zugeben.

  8. 86.

    Herr Ulrich, dass den Aussagen der Demonstranten mit großer Skepsis begegnet werden muss, dem kann ich zustimmen. Gleiche Skepsis sollte auch gegenüber Polizistenaussagen bestehen. Wenn sie nun behaupten, dass „kein Polizist provoziert oder unsinnige Anweisungen trifft“, dann sollte man auch ihren Kommentaren gegenüber skeptisch sein. Ich habe vorgestern ca. 20 vernünftige Gespräche mit Polizisten geführt. Bei 2 Personen hatte ich nicht das Gefühl, dass sie der angespannten Situation Vorort gewachsen sind. Von ihnen sind nicht immer sinnige Reaktionen zu erwarten. Eine Äußerung fand ich besonders bedenklich. Wenn die Vorgesetzten befehlen, dann wird ohne selbst nachzudenken dem gefolgt. Bei Fehlreaktionen wird der Vorgang verdunkelt. So erklärt sich, dass gleich zu Beginn der Veranstaltung eine größere Polizistengruppe grundlos die Demonstranten gewaltsam anging. Zum Glück reagierten die Demonstranten deeskalierend.

  9. 85.

    Ist Platz für Tesla in Erkner? Wenn ja, was nicht ist, hätte das die Problematik des Waldkahlschlags zwar entschärft, aber an der angespannten Grundwassersituation der Region nichts geändert.
    Sie sind so von Tesla überzeugt, dass ihnen Standortprobleme natürlich völlig egal sind. Ich wette sie arbeiten nicht mal bei Tesla, weil sie natürlich bei anderen Unternehmen zu viel besseren Konditionen als bei Elon Musk beschäftigt sind.

  10. 84.

    An dem Prinzip des ewigen Wirtschaftswachstums gibt es schon länger Kritik und Zweifel.

  11. 82.

    Tja offenbar doch nur in Charlottenburg und nie in Brandenburg unterwegs. Sie sollten sich vielleicht mal mit der Entwicklung der Gewerbegebiete rund um den BER beschäftigen. Dort stehen riesige Flächen zur Verfügung. Kommt ja in Verbindung des BER auch nicht von ungefähr.

    Ihre ganzen Argumente sind ein einziger Treppenwitz und spiegelt genau die verwaltungstechnischen Prozesse nebst Zuständigkeiten wider, die solche Outputs erzeugen.

  12. 80.

    ......warum immer wieder dieses Argument, was im Prinzip stimmt, an dieser Stelle aber einfach nichts positives bringt? Wie wäre es stattdessen mit dem Argument der Vorbildfunktion? Vielleicht ziehen ja dann andere Länder hinterher, wer weiß. Gab es das in der Geschichte überhaupt schon mal, dass alle Länder gleichzeitig mit den gleichen Maßnahmen angefangen haben? Ich glaube, dass ist eine Utopie. Man kann zeigen, dass etwas funktioniert und dann wird es vielleicht auch von anderen Ländern übernommen.

    Und zu Ihrem anderen Kommentar: Ein klar und deutliches Nein als Antwort

  13. 77.

    Jetzt habe wir viel kostenlose Werbung und bekommen Mitleid/Zustimmung aus der Gesamtbevölkerung..

    Thank you folks for demo.

  14. 76.

    Es könnte ja auch einmal darüber nachgedacht werden, die extremen Einkommensunterschiede etwas einzuebnen, z.B. durch einen höheren Spitzensteuersatz, höhere Erbschaftssteuer und Wiedereinführung der Vermögenssteuer.

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