Aufarbeitung nicht abgeschlossen? - Neue Unstimmigkeiten um Machtmissbrauch-Vorwürfe am Berliner Maxim-Gorki-Theater

Do 29.06.23 | 06:19 Uhr | Von L.Haas, M.C.Wölfle und H.Daehler
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Archivbild: Shermin Langhoff, Intendantin des Maxim Gorki Theaters, posiert bei einer Pressekonferenz in ihrem Theater in Berlin. (Quelle: dpa/J. Carstensen)
Video: rbb|24 Abendschau | 29.06.2023 | Lukas Haas | Bild: dpa/J. Carstensen

Bei der Aufklärung der Machtmissbrauchsvorwürfe gegen Intendantin Shermin Langhoff am Maxim-Gorki-Theater in Berlin-Mitte gab es wohl Ungereimtheiten – das zeigt eine Recherche von rbb-Reportern.

Bei der Aufklärung der Machtmissbrauchsvorwürfe gegen Intendantin Shermin Langhoff am Maxim-Gorki-Theater in Berlin-Mitte gab es wohl Ungereimtheiten – das zeigt eine Recherche von rbb-Reportern für das ARD-Mittagsmagazin. Eine zweifelhafte Rolle spielt dabei die Senatsverwaltung für Kultur.

Im Jahr 2019 wurde demnach die Senatsverwaltung für Kultur, damals mit Senator Klaus Lederer (Linke) an der Spitze, über die Vorwürfe informiert. In einem Schreiben, das dem rbb vorliegt, berichteten die Betroffenen von verbaler Gewalt, Mobbing und anderen schweren Vorwürfen. Bestätigt werden konnten die Vorwürfe nie.

Die Senatsverwaltung für Kultur schlug daraufhin eine Mediation zwischen der Theaterleitung und den Betroffenen vor. Diese sei rund ein halbes Jahr später durch die Vertrauensstelle Themis für beendet erklärt worden, geht aus einer Antwort der Senatsverwaltung auf eine Anfrage im Abgeordnetenhaus hervor.

Die Vertrauensstelle hingegen bestätigt nun: Sie könne sich zwar nicht zu konkreten Fällen äußern, an Mediationsverfahren in Unternehmen / Theatern beteilige man sich aber nicht und führe auch keine durch.

Der damalige Kultursenator Klaus Lederer kann sich zu den Vorgängen in dieser Zeit auf Anfrage nicht mehr äußern. Er brauche dafür Akteneinsicht in der Verwaltung, die er nicht mehr habe, um seine Erinnerungen zu verifizieren.

Die aktuelle Senatsverwaltung für Kultur gibt auf Anfrage des rbb an, dass sie die damaligen Vorgänge nicht kommentieren könne. Weder die alte noch die neue Senatsverwaltung für Kultur fühlen sich also zuständig.

Fest steht: Im Dezember 2020 wurde der Vertrag von Intendantin Shermin Langhoff bis 2026 verlängert. Die Auswertung der Recherche wirft die Frage auf, ob die Aufarbeitung der Vorwürfe gegen die Intendantin zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen war. Wenige Monate nach der Verlängerung wandten sich erneut mehrere Mitarbeiter an die Senatsverwaltung für Kultur, um über angeblich fortdauernde Missstände zu sprechen. Zum heutigen Arbeitsklima am Gorki befragt, äußerten sich mehrere Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus unterschiedlichen Gewerken gegenüber dem rbb.

Zwei Mitarbeitende berichten anonymisiert vor der Kamera, dass sich an der Situation im Haus kaum etwas geändert habe. Es herrsche nach wie vor ein Klima der Angst. Aus Angst vor Repressalien traue sich aber kaum jemand Kritik zu äußern.

Damit konfrontiert, lässt die Intendantin durch ihren Rechtsanwalt ausrichten, dass sie erst Stellung nehmen könne, wenn ihr konkrete Sachverhalte bekannt seien. Zudem könne sich seine Mandantin bereits aus "Rechtsgründen" nicht zu "personalrechtlichen Einzelangelegenheiten" äußern, wenn die Betroffenen nicht auf den Schutz ihrer Daten verzichteten und ihr Dienstherr sie nicht ausdrücklich zur Stellungnahme ermächtige.

Sendung: rbb24 Abendschau, 29.06.23, 19:30 Uhr

Beitrag von L.Haas, M.C.Wölfle und H.Daehler

12 Kommentare

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  1. 12.

    Es geht um Vorwürfe von Machtmissbrauch, u.a. verbaler Gewalt, und Ihrer Meinung nach seien also Leute, die an Antidiskrimnierung ehrliches Interesse haben, daran schuld? Aha. Logisch ist das nicht, aber Sie haben mal auf Ihre Feindbilder eingeschlagen. Danke für nichts.

    Machtmissbrauch kann überall dort passsieren, wo es ein Machtgefälle gibt. Hier wurde "nur" interveniert, offenbar ineffizient, wenn sich die Zustände wohl nicht geändert haben sollen. Es braucht aber generell Strukturen, die für diese Machtgefälle und die damit einhergehenden Abhängigkeiten sensibilisieren; die präventiv tätig werden können. Supervision und Mediation kennt man in der Berliner Verwaltung schon kaum, in der Kunst noch viel weniger, so scheint es. In jedem Fall sind die Vorwürfe arbeitsrechtlich relevant, ggf. auch strafrechtlich.

  2. 11.

    Ach sie Ahnungsloser,da kennen sie die alte Garde der alten Oberschwestern in den Krankenhäusern nicht.Solche Damen gab es schon in grauer Vorzeit.Unter den damaligen Voraussetzungen würde keine mehr in den Pflegeberuf gehen.Das ist noch nicht so lange her.

  3. 10.

    Jetzt kann jeder die Leerstellen mir eigener Phantasie füllen.
    Und was mir da so einfällt, ist derart heftig, dass ich nicht weiß, ob ich nervlich betrachtet jemals wieder das Theater betreten kann.
    Zuhause weiß ich, was mich erwartet.
    Schon der Gedanke, als harmloser Theaterbesucher in die dortigen Verhältnisse mit hineingezogen zu werden, ist schauderlich. Was, wenn ich in der Pause auf Toilette muss? Wenn dort Angst herrscht, oder ein Klima des Misstrauens, versteckte Gewalt, was dann?

  4. 9.

    Ein offenes Gespräch war nie gewollt. Eine Klärung, wenn überhaupt, findet immer in der jeweiligen Blase statt. In diesem Fall nicht mal das, wie sich hoffentlich im Beitrag zeigen wird. Das ist ein verbreitetes Problem im woken Kapitalismus: Gehört und nach ihr gehandelt wird nicht die Mehrheit sondern meist eine lautstarke Minderheit.

  5. 8.

    ...oder zu hoffen. Aber die Hoffnung stirbt ja bekanntermaßen zuletzt... aber sie stirbt.

  6. 7.

    Das glaube ich nicht. Frauen sind die besseren Menschen. Sie würden sich niemals der Methoden alter weißer Männer bedienen.

  7. 5.

    Die Angelegenheit wirft ja ein ganz schräges Licht auf die Intendantin des Gorki-Theaters und den ehemaligen Kultursenator. Ich halte es angesichts der Gefahr vorschneller öffentlicher Vorverurteilungen jedoch für angebracht, eine Aufarbeitung der Vorwürfe im interesse der Beteiligten unter Ausschluß der Öffentlichkeit zu betreiben.

  8. 4.

    Spätkommunisten in der Regierung, da wird immer unter den Teppich gekehrt, das ist DDR-bewehrt.

  9. 3.

    Sehr auffällig, dass sich solche Dinge wieder einmal im künstlerisch-kreativen Bereich ereignen. Diese Szene scheint wohl ein magischer Anziehungspunkt für Narzisten, Sadisten und Menschenquäler zu sein.

  10. 2.

    Was soll denn konkret vorgefallen sein?

  11. 1.

    Wenn gewisse Menschen in jene Mühlen geraten, die sie selbst mit angeworfen und eifrig betrieben haben ...

    Kennt man ja spätestens seit der französischen Revolution und der dortigen Exzesse fanatischer Weltverbesserer, aber doch immer wieder recht unterhaltsam. Und auch geeignet, sich einzubilden, manchmal würde es doch so etwas wie Gerechtigkeit geben.

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