Teilnahme an Rechtsextremen-Treffen - Berliner Abgeordnete verlassen Saal während Rede von AfD-Vorsitzender Brinker
Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses haben als Reaktion auf eine Rede von AfD-Chefin Brinker am Donnerstag geschlossen den Plenarsaal verlassen. Am Vortag war bekannt geworden, dass Brinker an einem Treffen mit Rechtsextremen teilgenommen hatte.
- Thema der Aktuellen Stunde im Berliner Abgeordnetenhaus: Gefahren für die Demokratie
- Abgeordnete außer die der AfD verlassen den Plenarsaal
- Protestaktion sei nicht abgesprochen gewesen
Mitglieder von SPD, CDU, Grünen und Linken haben am Donnerstagvormittag geschlossen eine Debatte im Plenarsaal des Berliner Abgeordnetenhauses verlassen. Anlass dafür war eine Rede der Berliner AfD-Chefin Kristin Brinker, in der sie beklagte, dass gezielt Stimmung gegen ihre Partei gemacht werde. Allein die AfD blieb sitzen und folgte der Rede.
In der ersten Aktuellen Stunde des neuen Jahres sprachen die Abgeordneten über die Bedrohung der Demokratie. Die Fraktion der Grünen hatte eine Debatte zu dem Thema nach Bekanntwerden einer Recherche des Netzwerkes "Correctiv" beantragt. Dieses hatte ein Treffen von Mitgliedern von AfD und CDU mit Rechtsextremen in Potsdam im November öffentlich gemacht. Dabei soll unter anderem über die Deportation von Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland gesprochen worden sein.
Spontane Aktion der Abgeordneten
Nach Angaben der Parteien im Berliner Abgeordnetenhaus war die Protestaktion nicht abgesprochen. CDU-Fraktionschef Dirk Stettner erklärte: "Ich höre keiner Rechtsradikalen zu, wie sie nach den aktuellen Enthüllungen über rechtsextreme Netzwerke relativiert und lügt. Deswegen haben wir spontan das Plenum nach den ersten Sätzen verlassen."
Der SPD-Abgeordnete Orkan Özdemir sagte, als der Fraktionschef der Sozialdemokraten, Raed Saleh nach seiner Rede aufgestanden sei, um den Saal zu verlassen, seien die Abgeordneten spontan mitgegangen. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Bettina Jarasch erklärte, es wäre falsch, "der AfD beim Leugnen zuzuhören, während die Belege für rechtsextremistische Umtriebe auf dem Tisch liegen."
Brinker soll Rechtsradikale getroffen haben
Am Mittwoch war bekannt geworden, dass Brinker im Sommer bei einem Treffen unter anderem von radikalen Rechten in der Wohnung des früheren CDU-Finanzsenators Peter Kurth dabei war. Dort hatte auch der Österreicher Martin Sellner gesprochen, der als Taktgeber der rechtsextremen Identitären Bewegung gilt und in Potsdam anwesend war. Brinker hatte erklärt, sie habe zuvor nicht gewusst, wer bei dem Treffen anwesend sein würde und wem sie dort begegnen würde. "Ich bin hingekommen und war überrascht über die Gesellschaft, die dort war", so die AfD-Landeschefin. Sie sei nach der Buchvorstellung schnell wieder gegangen, "weil es mir zu viel war, zu voll war und weil ich geschockt war über das Publikum".
Bevor Brinker am Mittag im Abgeordnetenhaus sprach, hatte Grünen-Fraktionschef Werner Graf gefordert, ein Verbot der AfD zu prüfen.
Debatte zum Treffen Rechtsextremer
Im Vorfeld der Aktuellen Stunde im Berliner Abgeordnetenhaus hatten sich Politiker zu den Teilnehmern der Rechtsextremen-Treffen geäußert.
Die Brandenburger Co-Landesvorsitzende der Grünen Alexandra Pichl forderte von der CDU eine deutlichere Grenzziehung gegen Rechts. "Die Recherche von Correctiv hat gezeigt, dass es eine klare Abgrenzung erfordert. Die fehlt uns zum Beispiel bei der CDU: Man darf der AfD nicht nach dem Mund reden, sondern muss sich ganz klar dagegenstellen", sagte Pichl.
Die Generalsekretärin der Berliner CDU, Ottilie Klein, distanzierte sich klar gegenüber Rechtsextremismus. "Für uns ist völlig klar, wer mit Rechtsextremisten sympathisiert, der hat in der CDU nichts verloren. [...] Für uns gibt es da keinerlei Unklarheiten, was eine Zusammenarbeit mit oder Sympathien für Rechtsextreme angeht, das hat mit den Grundwerten unserer Partei schlicht nichts zu tun", sagte die Politikerin am Donnerstag im rbb. Wer an Treffen mit Rechtsextremisten teilnehme, müsse mit einem Ausschlussverfahren rechnen, da sei man sehr konsequent, so Klein: "Christdemokraten sind überzeugte Demokraten."
Schubert und Woidke (beide SPD)
Der Oberbürgermeister von Potsdam, Mike Schubert (SPD), bedauer, dass die Diskussion um eine AfD-Verbotsverfahren aus seiner Sicht derzeit schwarz-weiß geführt werde. Man müsse "ganz genau hingucken, ob der Tatbestand für ein Verbot da ist", sagte Schubert dem rbb am Mittwoch. Solange aber müsse man sich mit der AfD politisch auseinandersetzen und gleichzeitig "seine Hausaufgaben machen", so der SPD-Politiker. "Umso besser wir unseren Job machen, umso einfacher ist es auch, ihnen entgegenzutreten", unterstrich er weiter.
Man müsse vor allem noch deutlicher sagen, dass Migrantinnen und Migranten oder auch deutsche Staatsbürger mit migrantischem Hintergrund in Potsdam keine Angst haben müssten. Er betonte, dass die Stadtgesellschaft zusammenstehe und sich klar gegen das stelle, was da in den letzten Tagen und Wochen über Potsdam hereingebrochen sei. Schubert: "Potsdam ist bunt und vielfältig."
Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sieht dagegen ein AfD-Verbot kritisch und fordert, sich schärfer inhaltlich mit der Partei auseinanderzusetzen. Ähnlich hat sich der Brandenburger CDU-Chef Redmann geäußert. Man müsse den Menschen klar machen, welche Auswirkungen Wahlerfolge der AfD hätten - gerade auch im wirtschaftlichen Bereich. Ein Verbotsverfahren lehnte er klar ab. Das stärke die Partei nur in ihrem "Opfermythos", so Redmann.
Aktuelle Stunde zum Thema auch im Bundestag
Auch der Bundestag beschäftigt sich am Donnerstag mit dem Thema. Auf Antrag der Ampel-Koalition findet am Nachmittag eine Aktuelle Stunde statt. Eine zentrale Rolle wird dabei vermutlich auch die Debatte über ein AfD-Verbot spielen.
Sendung: rbb24 Inforadio, 18.01.2024, 14 Uhr