Kommunalwahlen 2024 - Medizinische Versorgung in Ostprignitz-Ruppin wird zunehmend schwieriger

So 02.06.24 | 08:19 Uhr | Von Franziska Tenner und Philipp Rother
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Die zentrale Aufnahme des Universitätsklinikum Ruppin-Brandenburg.(Quelle: picture alliance/dpa/Carsten Koall)
Bild: picture alliance/dpa/Carsten Koall

Die Ruppiner Kliniken stecken in einer finanziellen Notlage. Zudem wird die Gesundheitsversorgung in Ostprignitz-Ruppin zunehmend schwieriger - auch weil viele Ärzte kurz vor der Rente stehen. Dem Kreistag sind teils aber die Hände gebunden.

Bei den Kommunalwahlen in Brandenburg werden Tausende zum größten Teil ehrenamtliche politische Posten verteilt. Doch wie funktioniert Kommunalpolitik überhaupt, was wird hier entschieden und welche Probleme gibt es. rbb|24 schaut sich in den Landkreisen und kreisfreien Städten um, welche Themen dort relevant sind.

Am Universitätsklinikum Ruppin-Brandenburg (UKRB) in Neuruppin (Ostprignitz-Ruppin) ist die Schließung der Fachkliniken für HNO- sowie Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie vom Tisch. Der Kreistag hatte im Februar auf einer Sondersitzung beschlossen, dass sie erhalten bleiben - allerdings in veränderter Form. Die beiden Fachabteilungen sollen künftig zusammen mit der Neurochirurgie zu einer sogenannten "Kopfklinik" zusammengefasst werden. So seien etwa Einsparungen bei den Chefärzten möglich.

Darüber hinaus unterstützt der Landkreis die Klinikgesellschaft in diesem Jahr mit einem Zuschuss von drei Millionen Euro, hinzu kommt ein Kredit von zehn Millionen Euro, um das Finanzloch des Krankenhauses zu stopfen. Im Gegenzug soll die Klinikleitung ein Sanierungskonzept erarbeiten lassen, um die Finanzsituation zu verbessern.

Finanzielle Notlage, unzureichende Finanzierung

Das Uniklinikum steckt in einer finanziellen Notlage und beklagt eine unzureichende Finanzierung der Krankenhäuser durch den Bund. Die Herausforderung sei, dass die Ruppiner Kliniken im ländlichen Raum und mit den rund 100.000 Einwohnern im Landkreis nicht ausreichend viele Patienten akquirieren könne bei der großen Zahl an Fachabteilungen. Auch deshalb wird das Thema den Kreistag, der am 9. Juni neu gewählt wird, weiter beschäftigen.

"Ziel muss sein, dass die Ruppiner Kliniken sich mittel- und langfristig selbständig tragen", teilte die FDP dem rbb auf Nachfrage mit. Nun müsste aber die Ursache für die finanzielle Schieflage aufgearbeitet werden. Die Partei will auch dafür eintreten, dass die Ruppiner Kliniken Investitionskostenzuschüsse für dringend notwendige Modernisierungen erhalten. Die Finanzierung ist laut CDU seit 2022 völlig unzureichend. Eine "ausfinanzierte Krankenhausreform", die auch die besonderen Bedürfnisse im ländlichen Raum berücksichtigt, müsse vorgelegt werden. "Bis zur Wirkung der Krankenhausreform muss der Bund den vielen insolvenzgefährdeten Krankenhäusern Unterstützung durch ein Vorschaltgesetz sichern", forderten die Grünen mit Blick auf das Uniklinikum in Neuruppin.

"Nach jahrelanger Vernachlässigung fordern wir eine verstetigte und angemessene Investitionspauschale des Landes in die Kliniken sowie innovative Konzepte, um Krankenhausstandorte erhalten zu können", teilte die AfD mit. "Der Spardruck ist da", machte die Wählergruppe Kreisbauernverband Ostprignitz-Ruppin deutlich: "Maßgeblich ist, was der Bund entscheidet." Wenn die Vorhaltepauschale kommen würde, wäre das für die Klink deutlich besser, würde aber trotzdem dazu führen können, dass einzelne Fachkliniken verkleinert oder auch geschlossen werden, so der Verband weiter. Die Kommunalpolitik habe aber nur wenig Einfluss. "Die vergangene Unterstützung war richtig. Der Kreistag kann das Klinikum aber nicht weiter subventionieren", erklärte Einzelkandidat Justin König.

Die SPD-Kreistagsfraktion hofft, dass die angekündigten Reformen des SPD-geführten Bundesgesundheitsministeriums bald umgesetzt werden. Das sollte Entlastung bringen. Es müsse in Neuruppin gelingen, das gesamte Leistungsspektrum anzubieten. Die SPD setzt sich zudem dafür ein, dass das Krankenhaus als wichtiger Schwerpunktversorger in der Region einen Hubschrauberlandeplatz erhält. "In Hauptverantwortung stehen die Parteien, die auf Landes- und Bundesebene Einfluss haben bzw. Regierungsbeteiligung besitzen", fasste Pro Ruppin die Situation zusammen.

Gesundheitsversorgung wird zunehmend schwieriger

Seit der Ankündigung der Schließungspläne im November des vergangenen Jahres versuchten Mediziner und Pfleger, aber auch niedergelassene Ärzte sowie Patienten die Schließung der beiden Fachabteilungen der Uniklinik zu verhindern. Unter anderem gab es mehrfach auf dem Neuruppiner Schulplatz Kundgebungen mit mehreren hundert Teilnehmern für den Erhalt der Fachkliniken. Denn kommt es zur Schließung, sei die medizinische Versorgung im ganzen Nordwesten Brandenburgs gefährdet, so die Einschätzung. Schwieriger als noch vor einigen Jahren ist die Gesundheitsversorgung in Ostprignitz-Ruppin schon jetzt - es fehlen Allgemeinmediziner und Fachärzte, zudem stehen viele praktizierende Ärzte kurz vor der Rente. Darüber hinaus konzentriert sich ein Großteil der Ärzteschaft in der Stadt Neuruppin.

"Über ein Drittel der Gesamtbevölkerung von OPR wird 2035 über 65 Jahre alt sein. Damit wird OPR der zweitälteste Landkreis in Brandenburg sein. Die Pflegeinfrastruktur, stationär wie ambulant, ist darauf nicht vorbereitet", erklärte Einzelkandidat König. Die ärztliche Versorgung sei schon jetzt unzureichend. Entsprechend hoch sei der Handlungsbedarf. Die hohen Hürden für das Medizinstudium müssten langfristig gesenkt werden, so König weiter. Zudem könnte eine Prämie bei ärztlicher Niederlassung in einer unterversorgten Region Abhilfe schaffen.

Kreistag in OPR

Grafik: Kommunalwahlen BB 2024 Kreistag Ostprignitz-Ruppin vorläufiges Ergebnis (Quelle: rbb/imago/F. Berger)
rbb/imago/F. Berger

Kommunalwahlen 2024 - Ostprignitz-Ruppin

Derzeit sitzen 47 Abgeordnete im Kreistag [opr.de] des Landkreises Ostprignitz-Ruppin. Er tagt in der Regel vier Mal im Jahr in Neuruppin und vertritt knapp 100.000 Einwohner.

Nach der Wahl am 9. Juni werden es 50 Abgeordnete sein – weil die Bevölkerungszahl im Landkreis wächst, wächst auch die Zahl der Kreistagsabgeordneten.

Zehn Parteien bzw. Wählergruppen und ein Einzelkandidat treten zur Wahl an - insgesamt 292 Kandidatinnen und Kandidaten.

Ralf Reinhardt (SPD) ist seit 2010 Landrat des Landkreises.

"Die Bevölkerung nimmt ab, wird älter und multimorbider", teilte Pro Ruppin dem rbb auf Nachfrage mit. Somit sei eine wohnortnahe und breitgefächerte Schwerpunktmedizin unerlässlich: "Hohe Barrieren und lange Wege zu bestmöglicher Versorgung sind den Menschen nicht zuzumuten." Der Einfluss von Stadt und Kreis sei aber gering. Der Fachärztemangel könne kurzfristig nicht behoben werden. Die CDU will medizinische Versorgungszentren (MVZ) stärken und ausbauen. Zudem sollte über ein kommunales Zuschussprogramm für die Niederlassung von Ärzten im ländlichen Raum nachgedacht werden. Die CDU regt zudem an, den Zuschuss für die Medizinische Hochschule Brandenburg Theodor Fontane (MHB) "deutlich" anzuheben. Auch die AfD fordert, die Förderung der MHB zu erhöhen. Darüber hinaus muss laut AfD das Landärzteförderprogramm sofort wieder hochgefahren und auf Zahnmedizin und Pharmazie ausgeweitet werden.

Uckermark und Barnim als Vorbild?

Auch die SPD setzt sich für die weitere Stärkung und den Ausbau der MHB ein und will dafür unter anderem ein Weiterbildungsnetzwerk der niedergelassenen Ärzte mit den Krankenhäusern etablieren. Zudem will sich die Partei dafür einsetzen, dass das Brandenburger Landärztestipendium verlängert wird. Die Wählergruppe Kreisbauernverband Ostprignitz-Ruppin fordert, dass Studenten schon in ihrer Unizeit an die Region gebunden werden müssen. Ein Vorteil - gerade zum Jobstart - könne der noch verfügbare, bezahlbare Wohnraum sein. Die Grünen setzen sich für die Entwicklung innovativer Mobilitätskonzepte für die Gesundheitsversorgung ein: "Das können gemeinsam genutzte E-Fahrzeuge in Gemeinden ebenso sein wie Rufbusse oder lokal organisierte Mitfahrzentralen auf der einen Seite und finanziell unterstützte Fahrdienste für Kliniken und Praxen auf der anderen Seite." Auch innovative medizinische Konzepte wie die Telemedizin und Stipendien aus der Region könnten helfen, Engpässe in der ärztlichen Versorgung vor Ort zu überbrücken.

Die FDP regt an, Medizinstudierende und Fachkräfte durch Stipendien gezielt anzuwerben. Zudem solle es Mentorenprogramme geben und Unterstützung bei der Niederlassung in Ostprignitz-Ruppin. Allerdings müsse das im Rahmen eines abgestimmten Standort- und Spezialisierungskonzeptes erfolgen, das die bestehenden Kliniken und Ärztezentren in Ostprignitz-Ruppin und angrenzenden Landkreise einbezieht.

Vorbild könnte die Zusammenarbeit der Landkreise Uckermark und Barnim sein, die in Sachen Gesundheitsversorgung schon gemeinsame Sache machen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 02.06.2024, 20:20 Uhr

Beitrag von Franziska Tenner und Philipp Rother

13 Kommentare

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  1. 13.

    Rheinland Pfälzische werdende Mütter gehen zur Entbindung laut einem heutigen Bericht des SWR nach Belgien.

    Seit 2016 würden zunehmend Geburtsabteilungen geschlossen.
    "Warum die Eifeler Babys in Belgien zur Welt kommen"

    Belgische "Entbindungshilfe" für Deutschland.

  2. 12.

    Ihr habt bei eurer lustig-erregten Diskussion noch demografische Faktoren weggelassen:
    - die Bevölkerung Brandenburgs altert ordentlich
    - fremdenfeindliche Politik fördert keinen Zuzug von Fremden
    - niemand reißt sich darum, nach Neuruppin (oder Kreisstadt XY) zu ziehen und da zu arbeiten. Schade.

  3. 11.

    Seit den 1970er Jahren hat sie die Zahl von ca. 230 Ärzten auf heute ca. 450.000 erhöht.
    Es fehlen also keine Ärzte. Im Gegenteil - wir haben zu viel davon. Die machen medizinisch nicht gebotene Überbehandlung auf der einen Seite - allein des Geldes wegen - und lassen die anderen vor der Tür stehen. Dafür sind dann die Kassenbeiträge in den letzten 30 Jahren von 10,5 auf 17,5% gestiegen.
    Warum denken Sie nicht nach?

  4. 10.

    Dieser Quatsch hört auch nie auf, nein wir haben schon lange kein gutes Gesundheitswesen mehr und uns beneidet kein Land darum.
    War jetzt schon in verschiedenen Ländern in Behandlung und in allen war es besser freundlicher und teilweise sogar super günstig.

  5. 9.

    Hier, in der Uckermark ist Notstand. keine Hausärzte, Zahnarztermine, Augen, - Hautärzte!!!! Wir brauchen ÄRZTE!!!! wr hier krank wird, hat Pech.
    Wenigstens ein paar Polikliniken...

  6. 8.

    Nun, eigentlich bestätigen Sie meine Vermutung bezüglich einer "Schieflage" der Verteilung der verfügbaren medizinischen Fachkräfte.
    Es würde m.E. nur wenige positive Effekte auf die in der Tat in vielen (ländlichen) Regionen mangelhafte ambulante ärztliche Versorgung mit sich bringen, wenn die Zahl der Studienplätzte für Mediziner (deutlich) erhöht werden würde,
    ohne an der generellen Struktur unseres Gesundheitssystems mit der (noch) starken Dominanz der stationären gesetzlichen und privaten Kliniken (und Klinikkonzerne) etwas zu ändern.
    Letztlich würden vermutlich diese Kliniken einen Großteil der Absolventen "aufsaugen".
    Ein gute Maßnahme in diesem Zusammenhang sehe ich in der geplanten Streichung der Budgetlimits für die Hausärztinnen mit der Hoffnung, dass diese Stellen (finanziell)attraktiver werden.

  7. 7.

    Ich möchte ihnen widersprechen. Versuchen sie doch mal einen Termin beim Augenarzt, beim Zahnarzt, beim Dermatologen usw. zu bekommen. "Tut uns leid" wir können keine neuen Patientienten aufnehmen lautet fast immer die Antwort. Grund dafür ist dass viel zu wenig Mediziner ausgebildet wurden, das die Bürokratie immer weiter ausufert und das Ärzte Stellen besetzen, obwohl sie nur wenig in der Praxis sind, weil sie nebeher noch ander Aufgaben erfüllen. Sie zählen aber bei der KV als tätige Ärzte und verfälschen die Statistik. Wenn die Verantwortlichen einmal vor Ort mit den tätigen Ärzten sprechen würden, würden sie vielleicht sogar die Probleme unserer Gesundheitsversorgung erkennen. So aber agieren sie aus der Ferne, wohbehütet und bestens versorgt, denn in Berln gibt es ja reichlich Ärzte und falls nicht, man kennt sich ja untereinander.

  8. 6.

    Naja, eine Uniklinik in Zeiten des Ärztemangels ist nicht ganz unwichtig.
    Wichtig ist m.E. jedoch, dass die Ausgebildeten dann auch in der Region bleiben.
    DDR - hin oder her - da gab es eine Art ,Zwang' in Regionen mit Mangel für ein (paar) Jahre.
    Warum nicht etwas in diese Richtung? Ist aber heute bestimmt nicht möglich.

  9. 5.

    Mir fällt auf , dass man in Bezug auf die medizinische Versorgung in unserem ( Bundes - ) Land überwiegend in eine klagend- anklagende und pessimistische Haltung verfällt.
    Ich denke, wir haben absolut nicht zu wenige Ärztinnen und Ärzte ,medizinische Fachkräfte und stationäre Behandlungsplätze, sondern eher eine " Schieflage" in der Verteilung. So wird in dem Artikel selbst eingeräumt, dass man aufgrund der Größe und vielen Fachabteilungen in Bezug zum ländlichen Einzugsgebiet nicht genügend Patienten " akquirieren" könne und damit in eine finanzielle Probleme bekomme.
    Statt immer wieder neue Steuermittel in die Klinik zu stecken, sollte doch wohl eher das Konzept und natürlich auch die Größe kritisch hinterfragt werden.
    Das trifft m.E. auch auf andere Kliniken zu.


  10. 4.

    Ja, D hat immer noch eines der besten Gesundheitssysteme und wird dafür weltweit beneidet. Für andere Länder scheinen die Probleme hier Luxusprobleme zu sein. Lösungen scheinen schwierig zu sein, das es immer mit zusätzlichen KV Beiträgen verbunden ist. Wer ist bereit, nicht nur 7,5%, sondern 10 oder 12 Prozent des monatlichen Einkommens dafür zu zahlen?

  11. 3.

    Hauptsache eine medizinische Uniklinik wird in Brandenburg für Milliarden aufgebaut - Was interessieren denn da, OPR, Prignitz oder Uckermark ???
    Milliarden für Cottbus/Lausitz und Nichts für den Rest von Brandenburg !!!

  12. 2.

    Tja, um jetzt gegenzusteuern ist es viel zu spät. Niedergelassene Ärzte und Zahnärzte gehen in Rente, Nachfolger nicht in Sicht. Immer weitere Wege, um irgendwo unterzukommen. Die vielgelobten MVZ - Augenärzte kommen ständig abhanden, Termine werden nicht vergeben, ist wieder ein neuer Arzt da, wartet man ein weiteres Jährchen... Diese unmöglichen Zustände verschlechtern sich immer schneller...

  13. 1.

    Seit Jahren steckt unsere Gesundheitsversorgung in der Klemme. Fehlende Ärzte, fehlendes Geld. So geht das immer weiter und offensichtlich ist Nichts und Niemand in der Lage die Situation umfassend zu ändern. Immer wieder werden nur Schönheitsreparaturen durchgeführt. Sind Unsere Politiker, egal wo sie sitzen wirklich so unfähig um die Probleme zu erkennen und grundlegend zu lösen???
    In der Politik haben wie eigentlich nie einen Geld- oder Personalmangel:

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