Im Zuge der Wiedervereinigung wird im sogenannten Zwei-Plus-Vier-Vertrag (BRD und DDR sowie die vier Siegermächte) vereinbart, dass die russischen Truppen Deutschland verlassen. Im Sommer 1994 werden die letzten Soldaten der ehemaligen sowjetischen Truppen verabschiedet - damals sind sie bereits umbenannt in "Westgruppe der Truppen" der GUS-Staaten (WGT). Auftakt der offiziellen Verabschiedung nach fast 50-jähriger Präsenz ist die Parade am 11. Juni 1994 im brandenburgischen Wünsdorf (Zossen).

Zwei Wochen später folgt in Berlin-Karlshorst die Verabschiedung von der Berliner Bevölkerung: Mit Blasmusik und in einer großen Parade biegt am 25. Juni 1994 die Berlin Brigade von der Treskowallee in die Straße an der Wuhlheide ein. Im Anschluss findet ein Volksfest in der Wuhlheide statt.

In Parade-Uniform und mit lauten "Uraah"-Rufen nehmen Soldaten der russischen Streitkräfte nach fast 50-jähriger Präsenz am 25. Juni 1994 in Berlin Abschied von der Spreemetropole. Das Museum Lichtenberg eröffnet am 27. Juni 2024 die Ausstellung "Die letzte Parade. 30 Jahre Abzug der russischen Truppen aus Berlin." Sie wird bis zum 1. September 2024 zu sehen sein.

Der Anfang der sowjetischen Besatzung datiert auf das Jahr 1945: Nach monatelangen Kämpfen um Brandenburg und Berlin ziehen am 30. April 1945 sowjetische Soldaten vom Brandenburger Tor zum Reichstag. Kurz darauf ist das Nazi-Regime besiegt.

Nach der Kapitulation Deutschlands um den 9. Mai 1945 wird Berlin-Karlshorst Sitz der sowjetischen Militäradministration. Karlshorst war bereits im April von sowjetischen Einheiten unter Generaloberst Nikolai Bersarin besetzt worden - im Mai folgt ein offizieller Räumungsbefehl. Innerhalb von 24 Stunden müssen rund 16.000 Einwohner ihre Wohnungen verlassen; große Teile von Karlshorst werden Sperrgebiet. 1948/49 wird z.B. das "Haus der Offiziere" errichtet - eine Vergnügungs- und Versammlungsstätte der Offiziere der sowjetischen Truppen.

Am 7. Oktober 1949 wird die DDR ausgerufen - im selben Jahr wird ein Teil des Sperrgebiets in Karlshorst samt einiger Wohnungen wieder frei- bzw. zurückgegeben. Erst nach dem Mauerbau 1961 und der Aufhebung des Sperrgebietes am 26. Mai 1963 bekommt auch die deutsche Bevölkerung Zutritt zur Spielstätte "Haus der Offiziere". Nach dem Abzug der russischen Trupppen 1994 bleibt die Ausstattung in Foyer, Theatersaal und Bühnenturm fast im original erhalten.

Das Leben der sowjetischen Soldaten in Karlshorst spielt sich vor allem innerhalb der Kasernen und auf den Übungsplätzen ab - wie hier in Karlshorst.

Doch sporadisch gibt es auch Kontakt zwischen den Besatzern und den DDR-Bürgern. Wie bei diesem Bereichssportfest im Automobilwerk Ludwigsfelde am 23. Oktober 1971 - die musikalische Begleitung übernimmt hier eine sowjetische Kapelle.

Trister ist der Alltagsdrill in den Kasernen - und zwar bis zum Schluss: Soldaten beim Morgenappell in Karlshorst im Dezember 1993.

"Iwans verpisst Euch!", steht 1990 in Wünsdorf auf einer Mauer. Die Haltung zu den russischen Truppen war im Osten gespalten. Während die einen sie als Befreier begriffen, lehnten andere ihre Präsenz ab.

Beim Abzug wird bergeweise Material abstransportiert - Hauptverkehrsweg ist dabei die Schiene.

Im brandenburgischen Wünsdorf, dem Sitz des Oberkommandos der Westgruppe der russischen Streitkräfte, bereiten im März 1993 russische Soldaten Panzer für den Abzug vor.

Tausende Gewehre werden eingesammelt, sortiert, verpackt und ...

...wieder zurück nach Russland getragen.

Auch der Umzug der Privathaushalte der Offiziere und Zivilangestellten nach Russland muss organisiert werden. Der Zwei-Plus-Vier-Vertrag von 1990 sieht vor, dass rund 500.000 Soldaten und Offiziere sowie tausende Zivilangestellte Deutschland bis September 1994 verlassen.

Am 31. August 1994 ist der Abzug vertragsgemäß abgeschlossen. Der russische Präsident Boris Jelzin und der deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl zelebrieren die Verabschiedung in Berlin gleich an mehreren Orten: im Schloss Bellevue, im Roten Rathaus, auf dem Gendarmenmarkt und am Ehrenmal in Treptow.

Am 1. September 1994 verlassen die letzten Soldaten Deutschland in einem großen Militärzug ab Bahnhof Lichtenberg.

Aber es bleibt auch vieles zurück - vor allem verschlissene Militärtechnik wie diese Panzer in Wünsdorf (Aufnahme vom März 1992).

Die Unterkünfte leer, die Schrott- und Abfallplätze voll: Nach dem Abzug stapelt sich der Müll auf dem verlassenen Gelände der Berlin-Brigade in Karlshorst.

So wie hier in Wünsdorf bleiben nach dem Abzug der russischen Truppen hunderte verwaiste Immobilien zurück.

Verwaiste Häuser sind das eine Problem - die weitaus größeren Schwierigkeiten aber machen munitionsbelastete Gelände sowie die mit Treibstoff, Öl und Chemikalien verseuchten Böden.

Ähnlich wie die zahlreichen Wohnungen in Karlshorst stehen auf den Militärarealen auch 30 Jahre nach dem Abzug noch viele Gebäude leer, sind ungenutzt und verfallen.

Das Museum Lichtenberg eröffnet am 27. Juni 2024 in Kooperation mit dem Museum Karlshorst die Ausstellung: "Die letzte Parade. 30 Jahre Abzug der russischen Truppen aus Berlin". Sie wird bis 1. September 2024 im Museum Lichtenberg im Stadthaus zu sehen sein. [museum-karlshorst.de]


Sendung: rbb24 Abendschau, 27.06.2024, 19:30 Uhr
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