CDU-Anträge zu Migration - Wankt die Brandmauer oder nicht?
Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz will am Mittwoch im Bundestag seinen sogenannten Fünf-Punkte-Plan zur Migration vorlegen. Die AfD hat angekündigt, dem zustimmen zu wollen. Die Aufregung darüber ist groß. Auch in Brandenburg. Von Markus Woller
Die Brandmauer zwischen demokratischen und undemokratischen Parteien dürfe nicht ins Wanken geraten, heißt es in einem eindringlichen Schreiben der SPD-Länderchefs vom Montagabend an ihre Kollegen von CDU/CSU und den grünen Ministerpräsidenten Kretschmann. Eine direkte oder indirekte Zusammenarbeit mit verfassungsfeindlichen Kräften dürfe es nicht geben. Der Appell - unter anderem unterzeichnet von Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) - ist der jüngste Dreh in einer Debatte, die in den letzten Tagen immer weiter Fahrt aufgenommen hat.
Seit Friedrich Merz (CDU) nach dem Mordanschlag von Aschaffenburg [br.de] angekündigt hat, im Bundestag einen Antrag zu einem faktischen Einreisestopp für illegale Migranten in Deutschland einzubringen und dabei auch die Zustimmung der AfD in Kauf zu nehmen, erregen sich die Gemüter.
Die Unions-Fraktion fordert in dem Antrag dauerhafte Grenzkontrollen und die Zurückweisung bei ausnahmslos allen Versuchen illegaler Einreise. Personen, die vollziehbar ausreisepflichtig sind, sollen demnach nicht mehr auf freiem Fuß sein dürfen. Der Bund müsse die Länder beim Vollzug der Ausreisepflichten besser unterstützen, heißt es, und das Aufenthaltsrecht für Straftäter und Gefährder solle verschärft werden. In einem zweiten Entschließungsantrag wird ein Politik-Wechsel bei der Inneren Sicherheit gefordert.
Brandenburger CDU steht hinter Anträgen
Nachdem die AfD signalisiert hatte, den Anträgen zustimmen zu wollen, hatte die CDU eine Passage in den Anträgen ergänzt, in der die AfD als Gefahr für Stabilität, Sicherheit und Wohlstand in Deutschland bezeichnet wird - damit sollte es den AfD-Abgeordneten schwer gemacht werden, dem Papier zuzustimmen.
Brandenburgs CDU-Generalsekretär Gordon Hoffmann weist jegliche Lesart einer Zusammenarbeit mit der AfD zurück. Diese habe es nicht gegeben und werde es nicht geben. "Wir dürfen aber nicht den Fehler machen, dass wir das Richtige sein lassen, nur aus Angst, die Falschen könnten auch zustimmen", so Hoffmann gegenüber rbb|24. Die Brandenburger CDU stehe zu den Anträgen, weil eine große Mehrheit der Menschen in Deutschland hinter den Vorschlägen stünde. "Es gibt ja auch die Möglichkeit, dass SPD und Grüne zustimmen, dann hätten wir die Debatte gar nicht", so Hoffmann.
SPD kritisiert "Ultimatum durch Merz-CDU"
Eine 180-Grad-Wende des CDU-Spitzenkandidaten beklagt der kommissarische SPD-Generalsekretär Kurt Fischer: "Friedrich Merz bricht Wort, wenn er Entschließungsanträge zusammen mit der AfD durchbringt." Sollte es so kommen, kooperiere er mit einer Partei, die politische Heimat echter Nazis wie Höcke und anderer sei, so Fischer. Er fordert die Brandenburger CDU auf, sich von den Plänen ihres Parteivorsitzenden zu distanzieren, auch weil einige Vorschläge rechtswidrig seien. "Wir wollen wichtige Schritte gehen, um Integration und Sicherheitspolitik besser zu machen", so Fischer. "Das kann aber nur gemeinsam gehen und nicht durch ein Ultimatum durch die Merz-CDU". Die CDU sei mit ihren Vorschlägen aber nicht auf die SPD zugekommen.
Auch der Brandenburger Ministerpräsident Woidke fordert die Union zur Zusammenarbeit auf: "Statt gegenseitiger Schuldzuweisungen und Reflexe braucht es endlich eine parteiübergreifende Zusammenarbeit der demokratischen Parteien, um zu echten Korrekturen in der Migrationspolitik zu gelangen", so Woidke. Das würden die Menschen erwarten.
CDU-Anträge nicht rechtlich bindend
Die Aufregung dürfte der AfD im Bundestags-Wahlkampf gerade richtig kommen. Der parlamentarische Geschäftsführer im Brandenburger Landtag, Dennis Hohloch, betont, dass seine Partei bereits seit Jahren ein konsequentes Vorgehen gegen illegale Migranten fordert. Nach jetzigem Stand werde man dem Antrag von Merz im Bundestag zustimmen, so Hohloch, der auch im AfD-Bundesvorstand sitzt. "Es ist uns egal, wenn die CDU darin auch gegen die AfD schießt. Wir wollen, dass sich was ändert", so Hohloch am Dienstag nach der Fraktionssitzung im Landtag.
Fraktionschef Berndt formuliert scharf: "Wem die Brandmauer wichtiger ist, als der Schutz der Grenzen, der macht sich mitschuldig an den Toten." Hohloch kündigte an, die AfD werde Änderungsanträge einbringen, denn der vorliegende CDU-Antrag sei nicht mehr als ein Appell an die Bundesregierung. Es brauche aber konkrete Gesetzesvorschläge.
Tatsächlich handelt es sich bei den beiden Anträgen, die Merz in den Bundestag einbringen wird, nur um sogenannte Entschließungsanträge. Damit bringt das Parlament seine Auffassung zum Ausdruck. Rechtlich verbindlich sind derlei Anträge nicht. In der Bundestagssitzung am Freitag allerdings wird die CDU/CSU-Fraktion auch einen älteren Gesetzesentwurf erneut zur Abstimmung einbringen. In dem sogenannten "Zustrombegrenzungsgesetz" sind nach Fraktionsangaben Änderungen im Asyl- und im Aufenthaltsrecht vorgesehen. Ziel: eine direkte Zurückweisung von Schutzsuchenden an der deutschen Grenze zu ermöglichen. Auch hier würde die CDU in Kauf nehmen, dass das Gesetzt mit Stimmen der AfD beschlossen werden könnte.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 28.01.2025, 19:30 Uhr
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