Interview | Rechtsruck nach Europawahlen - "Macron hofft, dass die Franzosen vor diesem Schritt zurückschrecken"

Di 11.06.24 | 06:33 Uhr
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Collage: President Emmanuel Macron / Marine Le Pen von der französischen echtsextremistischen Partei Rassemblement National (RN) (Quelle: dpa/Haedrich Jean-Marc/Lafargue Raphael)
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Audio: rbb24 radio3 | 11.06.2024 | Anja Herzog/Pascal Thibaut | Bild: dpa/Haedrich Jean-Marc/Lafargue Raphael

In Frankreich hat der rechte "Rassemblement National" die Europawahl gewonnen. Präsident Macron hat deshalb Neuwahlen angesetzt. Auch in Deutschland zeigt sich ein Rechtsruck im Wahlergebnis. Mit feinen Unterschieden, wie Politologe Dominik Grillmayer erklärt.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat nach einer klaren Niederlage seiner liberalen Partei "Renaissance" bei der Europawahl (14,6 Prozent der Stimmen) verkündet, dass es am 30. Juni Neuwahlen in Frankreich geben wird. Der Grund: Der Sieg der französischen Rechtspopulisten des "Rassemblement National" (RN) von Marine Le Pen, die 31,36 Prozent der Stimmen gewonnen haben.

Was die Konsequenzen dieser Neuwahlen sein könnten, ist einen Tag nach den Europawahlen noch unklar – die Bildung einer rechtsextremistischen Regierung scheint im Nachbarland allerdings ein mögliches Szenario zu sein. In Ostdeutschland ist mit der AfD ebenfalls eine rechtspopulistische Partei als Gewinnerin aus den Europawahlen hervorgegangen. Der Politologe Dominik Grillmayer spricht im Interview mit rbb|24 über die Gemeinsamkeiten der rechtsnationalen Strömungen in Deutschland und Frankreich – und was beide voneinander trennt.

Zur Person

Dominik Grillmayer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutsch-Französischen Institut in Ludwigsburg. Er forscht zu politischen Anpassungsprozessen, die in Deutschland und Frankreich im europäischen Kontext angestoßen werden.

rbb|24: Herr Grillmayer, auf der Frankreichkarte sind die Farben des RN überall verteilt, in fast allen Gemeinden Frankreichs liegt er vorn. Wie kann man das erklären?

Dominik Grillmayer: In Frankreich hat man einen unaufhaltsamen Aufstieg von Marine Le Pen beobachtet, wie es auch bei anderen populistischen Strömungen in Europa und überall auf der Welt der Fall ist. Die Lösungen, die diese Parteien anbieten, sind nicht immer realistisch und plausibel, aber die Unzufriedenheit mit den politischen Eliten in Frankreich, aber auch in Deutschland, ist so groß, dass man bereit ist, diesen Parteien eine Chance zu geben.

Die "Dédiabolisation" - wortwörtlich "Entteufelung" - wie man im Deutschen sagt, hat beim RN funktioniert, indem man sich diffus äußert, man von radikalen Thesen ein Stück weit Abstand nimmt. Die Entwicklung des "Rassemblement National" ist nicht zu trennen von einer Weiterentwicklung der Einstellung zu Europa. Ein Austritt aus der EU oder aus dem Euro ist kein Thema mehr. Der RN bleibt aber bis zu einem gewissen Grad der Wolf im Schafspelz.

Und der Vergleich mit der AfD?

Die AfD hat durchaus schon radikalere Thesen. Marine Le Pen selbst hat auch angekündigt, die Zusammenarbeit mit der AfD auf europäischer Ebene zu beenden.

Was halten Sie von Macrons Schachzug der Neuwahlen: Kamikaze oder Respekt vor dem demokratischen Spiel?

Das ist fraglos ein extrem gewagtes Unternehmen, das er da losgetreten hat. Er hat damit auch im eigenen Lager sehr viele überrascht. Als Option war die Auflösung der Nationalversammlung schon länger im Raum, aber niemand konnte sich wirklich vorstellen, wann und wie. Dass sie jetzt unmittelbar, noch am Wahlsonntag, erfolgt, das hat viele verwundert.

Die Wähler haben die Europawahl als "Protestwahl" benutzt, um ihre Unzufriedenheit mit der innenpolitischen Situation in Frankreich zum Ausdruck zu bringen. Wenn es allerdings darum geht, zu wissen, wer in Frankreich zukünftig die Mehrheit im Parlament stellt und die Regierung bildet, dann muss man sich wirklich bekennen, ob man den RN auch unmittelbar in Verantwortung sehen möchte. Macron hofft mit seinem Schachzug, dass die Französinnen und Franzosen letztlich vor diesem Schritt zurückschrecken. Ob das Kalkül aufgeht, ist fraglich.

Wie wird Macrons Entscheidung in Deutschland aufgenommen, vor allem so kurz nach einem ziemlich erfolgreichen Staatsbesuch?

Der Staatsbesuch hat die Möglichkeit geboten, die deutsch-französische Freundschaft zu feiern, auch wenn bei der Zusammenarbeit wahrlich nicht immer eitel Sonnenschein herrscht.

Wir wissen, dass es in vielen Politikbereichen auch Probleme gibt, aber es besteht seit Jahrzehnten eine solide Basis für die Kooperation der beiden Länder. Der Schock der Entscheidung Macrons ist in Deutschland auch relativ groß, denn über längere Zeit sorgt man sich schon, wie es wohl in Frankreich weitergehen wird. Bislang galt, dass 2027, wenn Macron nicht mehr antreten darf, Marine Le Pen möglicherweise im vierten Anlauf das Präsidentenamt erobert. Und jetzt steht plötzlich die Option im Raum, dass der "Rassemblement National" schon in einigen Wochen oder Monaten Regierungsverantwortung übernimmt.

In Ostdeutschland und in Frankreich ist die Unzufriedenheit mit dem politischen Personal momentan besonders und vergleichbar groß.

Wenn man die Karte von Frankreich und die Karte der sechs ostdeutschen Bundesländer vergleicht, sieht man Ähnlichkeiten. Wie kann man diese Ergebnisse in diesen beiden Gebieten vergleichen, die doch kulturell und geografisch so weit voneinander entfernt sind?

Wir haben es hier in Deutschland im Vergleich Ost/ West mit einem sehr spezifischen Ausgang zu tun, und es ist frappierend zu sehen, wie die Karte momentan aussieht.

Ich würde sagen, dass Veränderungen im Wahlverhalten in Ostdeutschland vielleicht auch damit zu erklären sind, dass die Bindungen an die etablierten Parteien weniger präsent sind. Und die Bereitschaft, mal anders zu wählen, größer. In Ostdeutschland und in Frankreich ist die Unzufriedenheit mit dem politischen Personal momentan besonders und vergleichbar groß. Man denkt dort, dass alle bisherigen Regierungen enttäuscht haben, und jetzt sind da zwei Parteien, RN und AfD, die, wie es für populistische Strömungen üblich ist, relativ einfache Antworten auf extrem komplexe Fragen liefern.

Grafik/Karten: Geografische Karten mit den eingefärbten EU-Wahlergebnissen; Gegenüberstellung Frankreich - Deutschland. (Quelle: rbb)

Mehr als ein Drittel der französischen Jugend hat sich dem RN zugewandt, ein Fünftel der deutschen Jugend der AfD. Wie kann man das erklären? Welche Rolle spielten die sozialen Netzwerke beim Aufstieg der AfD und des RN?

Wahrscheinlich gelingt es ihnen tatsächlich, die Sprache der Jugend zu sprechen. Ansonsten ist eines der Hauptargumente, warum junge Menschen sich für diese Parteien entschieden haben, dass sie vielleicht weniger einen Blick in die Vergangenheit haben.

Der RN hat für die Jugend in Frankreich nicht mehr das Gesicht dieser rassistischen Partei "Front national", sondern ist halt eine rechtskonservative und populistische Partei mit anderen Prioritäten als die übrigen Parteien. Der Umgang ist weniger komplex als für die ältere Generation, die Jean-Marie Le Pen noch kennt [den Vater von Marine Le Pen, Anm. d. Red.], und weiß, für welche steile Thesen er sich in seiner Zeit hinreißen hat lassen.

Und vielleicht ist das auch ein Teil der Erklärung in Deutschland, dass man mit dem Phänomen AfD umgeht, als handle es sich um eine ganz normale Alternative, dass man weniger die Parallelen zur Vergangenheit zieht.

Partei "Front National"

Die Partei "Front National" (FN) war eine rechtspopulistische bis rechtsextreme Partei in Frankreich. Die Partei wurde 1972 von Jean-Marie Le Pen gegründet. Mehrere ihrer Mitglieder wurden unter anderem wegen Holocaustleugnung verurteilt. Nachfolger ist seit 2018 der "Rassemblement National", den Marine Le Pen, Tochter von Jean-Marie, umbenannt hat.

Wie kann man den Deutschen erklären, dass Macron, der jüngste Präsident der fünften Republik Frankreichs, bei jungen Leuten nicht gut ankommt?

Es ist nicht so, dass er von Anfang an seine Wählerschaft unter älteren Französinnen und Franzosen hatte. Er hatte 2017 eine Jugendbewegung hinter sich.

Er ist aber ein klassisches Gewächs der französischen Elite und wird von vielen als weit weg von den Realitäten wahrgenommen. Seine sehr liberalen Thesen kamen bei den jungen Leuten einfach schlechter an. Es wird ihm auch eine gewisse Arroganz, eine Abgehobenheit, attestiert, was ihm nicht nur in den jungen Bevölkerung geschadet hat. Macron erklärt sich und seine Politik gerne und ausführlich. Aber die Omnipräsenz in der Öffentlichkeit kommt wahrlich nicht nur gut an.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview mit Dominik Grillmayer führte Salomé Hénon-Cohin für rbb|24 Online.

 

 

Sendung: rbb24 radio3, 11.06.2024, 7:20 Uhr

39 Kommentare

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  1. 39.

    Was die Jugend von der Letzten Generation hält, wurde drastisch deutlich – nur 104.340 wählten sie (0,3 Prozent). Klimawandel steht nicht mehr an erster Stelle, da hilft auch Erpressung nicht. Besonders bei den 16- bis 24-Jährigen stehen an erster Stelle Friedenssicherung mit 29 Prozent, soziale Sicherheit mit 23 Prozent und Zuwanderung mit 17 Prozent. Klima- und Umweltschutz erreichen nur 14 Prozent – ein Rückgang von minus 9 Prozent im Vergleich zu 2019.

  2. 38.

    Die Renten sind angeglichen. Es wurde 34 Jahre schlechter verdient, bei Mehrarbeit pro Woche. Bis zu 6 Jahren!!! 34 Jahre lang weniger Rentenpunkte ist kein Pappenstiel. Beim Aufholen wurde benachteiligt. Noch schlimmer ist es, wenn das Land der Arbeitgeber ist: Die Pensionen, Gehaltseinstunfungen, Beförderungen sind derart groß, dass hier eigentlich gar nicht über Gender Gap gesprochen werden dürfte. Nicht mal am 8.März. Hier sind Millionen Benachteiligt.

  3. 37.

    Die Renten sind angeglichen. Es wurde 34 Jahre schlechter verdient, bei Mehrarbeit pro Woche. Bis zu 6 Jahren!!! 34 Jahre lang weniger Rentenpunkte ist kein Pappenstiel. Beim Aufholen wurde benachteiligt. Noch schlimmer ist es, wenn das Land der Arbeitgeber ist: Die Pensionen, Gehaltseinstunfungen, Beförderungen sind derart groß, dass hier eigentlich gar nicht über Gender Gap gesprochen werden dürfte. Nicht mal am 8.März. Hier sind Millionen Benachteiligt.

  4. 36.

    ein fünftel der jugend sollen die afd gewählt haben, wie kommt Salomé Hénon-Cohin auf diesen wert, auf der ard seite stehen nur 16% geschrieben und das nach einer befragung von 0.1% der wählenden?

  5. 35.

    Noch so ein Quatsch! Die Renten von Frauen sind im Osten nur höher, weil wir mehr gearbeitet haben. Ausschlagebend sind die Rentenpunktwerte und die waren bis vor Krzem im Osten niedriger!

  6. 33.

    Solch ein Quatsch. Renten sind bei den Frauen im Osten höher. Gehälter fast gleich. Aber immer schön in der DDR Nostalgie verharren. Man vergisst so schnell. Wohnung mit kohleheizung, Österreich kennt man nur durchs Fernsehen, Trabi nach 7 Jahren, usw. Alles schon vergessen. Nur meckern.

  7. 32.

    Natürlich haben wir eine französisch, deutsche Achse, auch wenn sie in letzter Zeit Dank Merkel und Scholz eher schlechter funktioniert.
    Und auch in einer Präsidialdemokratie wäre eine rechte Mehrheit für Macron und die EU natürlich der GAU.
    Umsonst würden sich diesmal nicht die französischen Linken in Windeseile hin zu Bündnisse bewegen.

  8. 30.

    "Ganz im Gegenteil, es ist eine anständige Reaktion, die ich mir auch von Bundeskanzler Scholz (SPD unter 15 %) wünschen würde." Macron bleibt aber Präsident, egal wie die Mehrheitsverhältnisse im Parlament sind oder wer die Regierung mit den Ministern stellt - F ist ein Präsidialsystem. Der Kanzler in D hängt aber von den Mehrheitsverhältnissen im Parlament ab - unser Staatoberhaupt, der Präsident, hat mehr oder minder nur repräsentative Aufgaben und ist auch nicht direkt gewählt wie in F. Vergleiche zwischen sehr verschiedenen politischen Systemen funktionieren so nicht.

  9. 29.

    "Wenn Frankreich jetzt auch noch von eine rechte Regierung wie italien bekommt, dann bricht die Achse zusammen"
    a) Wir haben wieder eine Achse? Wortwahl.
    b) In F bestimmt der direkt gewählte Präsident die Politik, nicht der Ministerpräsident (das System ist schon sehr verschieden von D)

  10. 28.

    "Das ist fraglos ein extrem gewagtes Unternehmen, das er da losgetreten hat." Veto, es ist kein gewagtes Vorhaben, da der Staatsaufbau in F anders funktioniert als in D. Macron ist und bleibt Präsident, egal wer den Ministerpräsidenten stellt und der Präsident hat in F auch die volle Macht eines Staatsobehauptes. Es könnte sogar ein Vorteil für Macron sein, da er eine rechte Regierung vorführen kann. In D es doch ganz anderes. Unser Präsident ist zwar auch Staatoberhaupt, hat ber nur repräsentative Aufgaben und wird nicht direkt gewählt wie in F. In Deutschland ist der Kanzler das operative Staatsoberhaupt und der hängt schon von den Mehrheitsverhältnissen im Parlament ab.

  11. 27.

    Lieber Jochen, die Rente ist seit letztem Jahr angeglichen. Es gibt keine Differenz mehr. Auch wenn das viel zu lange gedauert hat, aber in diesem Punkt stimmt ihre Aussage nicht.

  12. 26.

    >"In manchen Regionen Ostdeutschlands scheint die Bevölkerung bei den Wahlen eine ziemlich hohe Brandmauer gegen die Ampel errichtet zu haben."
    Das kann gar nicht sein. Wie war das nochmal... "Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten..." ;-))

  13. 25.

    Klar ist Macron intelligent aber eben sehr impulsiv. Er will die Franzosen jetzt mit der Brechstange auf Kurs bringen und das wird aller Voraussicht nach hinten los gehen.
    Denn hier geht es schon längst nicht mehr ums Denken in Zusammenhängen, Schlußfolgern und Handeln, wie wir ja unschwer an unseren deutschen Entwicklungen sehen können, sondern um pure Emotionen und Wut.

  14. 24.

    In manchen Regionen Ostdeutschlands scheint die Bevölkerung bei den Wahlen eine ziemlich hohe Brandmauer gegen die Ampel errichtet zu haben.

  15. 23.

    Ähm, die CDU hat soviel bekommen wie drei Parteien zusammen. Und ich prophezeie, die "Brandmauer" steht nicht mehr lange.

  16. 22.

    Für Löhne sind die Gewerkschaften zuständig. Deshalb würde ich die 34jährige Chancenungleichheit und die Nichtsichtbarmachung mit „wichtigen Zeichen wie Armbinden“ hervorheben...Man will für das Aufholen nichts geschenkt haben, aber man will die Chance dafür. Auch in Leitungsverantwortung.

    P.S. Ob die Standortfehlentscheidungen und die Art und Weise wie diese mittels Verwaltungsrecht, oft arrogant anmutend, durchgesetzt werden (siehe Flugrouten und Wasserknappheit in Grünheide), mit dazu beitragen zu erkennen, was die Ursachen für letzte Plätze sind?

  17. 21.

    Nur gut das er erst kürzlich für drei Tage in Deutschland war.
    Viel über die EU und das tolle daran geredet, Milliarden für die Ukraine versprochen, selbst der Einsatz französischer Soldaten war wieder Thema, von diversen Waffen ganz zu schweigen.
    Warum ist er hier lautstärker wie im eigenen Land?
    Liegt es eventuell auch an den Entfernungen zu den Grenzen Russland zu Deutschland und Russland zu Frankreich.
    Für mich war dieser "Besuch" schon sehr befremdlich und hat letztlich was gebracht?

  18. 20.

    Der Herr Macron zeigt Haltung, was man von unserer Führungsriege nicht sagen kann. Da wird nur lamentiert, der Osten verteufelt.

  19. 19.

    Verbreitet ist auch eine positive Sicht auf die Dinge. Als hoffnungsvoller Anfang eines Neubeginns.

  20. 18.

    Vielleicht ist das so gewollt?
    Macron ist intelligent!! Der Rechtsruck in Europa betrifft zuerst auch die eigene Bevölkerung selbst!! DAS IST KAPITALISMUS! Und dem Kapital ist doch nichts lieber als pure Ausbeutung, Einschränkung der Demokratie und Menschenrechte!
    Die meisten verstehen das System eben nicht!!

  21. 17.

    Das sagen Sie so einfach. Für das gesellschaftliche und politische Leben eines Landes kann es schon von Nachteil sein, in einer aufgeheizten Stimmung gleich Neuwahlen zu machen. Das endet meist im Chaos einer Regierungsbildung und der Handlungsunfähigkeit des Staates. Das gabs z.B. in Italien schon mehrfach, dass binnen Jahresfristen immer wieder Wahlen gab und neue Regierungen da waren. Das hat Italien dolle geschadet seinerzeit im Ansehen der Zuverlässigkeit von Regierungen, gerade für die Außenbeziehungen zur Weltpolitik. Besser sind meiner Meinung nach Neuwahlen nach einem Jahr, wenn einem so ist. Vielleicht kennen Sie das aus ihrer Lebenserfahrung... ein hitziger Kopf bringt nie was Sinnvolles hervor außer Zank und Streit.

  22. 16.

    ... und zu den geringeren Löhnen und Renten kommen in den letzten Jahren auch noch krass steigende Preise für Neuvermietungen von Wohnungen dazu, besonders in größeren Städten. Die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich immer weiter und politisch scheint es alles so gewollt zu sein. Sonst hätte man ja längst etwas dagegen tun können. Und nein, die einfache Schuldzuweisung an die "Ausländer" hilft hier nicht. Das ist ein hausgemachtes, deutsches Problem.

    Auch die Gier der Wirtschaft ist da nicht ganz unschuld dran. Gewinnmaximierung auf Kosten derjenigen, die sowieso schon wenig haben. Die geringen Löhne werden von (ost-)deutschen Firmen gezahlt, nicht von "Ausländern". Klar, dass Populisten wie die AfD verzweifelte Seelen einfangen wollen, für ganz eigene Zwecke, mit einfachen Parolen. Erinnert stark an Hameln. "Der Rattenfänger", kennt jeder, die Geschichte. Alle laufen hinterher ...

  23. 15.

    Das Ganze sieht leider nach einem Anfang vom Ende Europas aus. Die nächsten Schritte scheinen fast schon vorgezeichnet.

  24. 14.

    Seit Austritt GB sind D, F, I die wichtigsten Wirtschaftsnationen mit dem größten EU-Einfluss. Oder was glauben sie wer die Party bezahlt?
    Die Achse Frankreich/Deutschland ist für die zukünftige Ausrichtung der EU fundamental. Bricht Frankreich jetzt weg, steht die Zukunft der EU mit unseren Werten und Zielen endgültig in den Sternen.
    Was das als erstes für die Ukraine bedeutet, muß ich wohl nicht weiter ausführen.

  25. 13.

    Ich teile die Einschätzung Grillmayers, dass sich die Parteibindung, also die klassische Stammwählerschaft, zunehmend auflöst. Das halte ich weit mehr für einen glücklichen Umstand als für ein Übel. Einzig Parteizentralen, -apparate und Parteisoldaten können darin einen Untergang sehen.

    Das Grundproblem liegt "nur" darin, dass sich die gewonnene WIRKLICHE Wahlfreiheit eben nicht mit einer Offenheit paart und mit einer sorgsamen Abwägung, sondern dies im Klima einer Verhärtung tausenderlei Fronten entstehen lässt. Dass Entscheidungen zumeist 60 : 40 - Entscheidungen sind oder 70 : 30 - Entscheidungen sind, damit können Diejenigen nichts anfangen, für die alles immer schon klipp und klar ist: 100 : 0.

    Eindeutig ist auch, dass sich eine 100 : 0 - Mentalität, ein rigoroses Weltverständnis, mehr bei Rechtsextremen findet als vergleichbar woanders. Ohne eine Abschwächung auf DIESEM Feld wird keine Veränderung eintreten.

  26. 12.

    Warum ist es "gewagt", nach einer verheerenden Wahlniederlage dem Votum der Bürger entsprechend zu handeln und Neuwahlen auszurufen? Ganz im Gegenteil, es ist eine anständige Reaktion, die ich mir auch von Bundeskanzler Scholz (SPD unter 15 %) wünschen würde.

  27. 10.

    “In Ostdeutschland und in Frankreich ist die Unzufriedenheit mit dem politischen Personal momentan besonders und vergleichbar groß.“
    Warum ist es so? Weil wir im Osten knapp 35 Jahren nach der Wende immer noch die Verlierer sind, z.B. die Löhne teilweise noch unter Westniveau, die Rente durch die geringen Löhne auch geringer ist als im Westen ec.

  28. 9.

    Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ist in seinem Land genau so beliebt, wie hierzulande in dauerschleife auftauchenden Bilder von Robert Habeck, Annalena Baerbock, Claudia Roth, Lisa Paus, Nancy Faeser und Olaf Scholz, die bei vielen Bürgern einen Abwehrreflex auslösen, wie das Abschneiden bei der Europawahl deutlich und nachhaltig zeigte.

  29. 8.

    Zustimmung! Das Problem in einer Parteiendemokratie ist leider, dass sich nach einer gewissen Zeit ein Berufspolitikertum herausbildet und an die Parteispitzen kommt, das keinerlei realen Kontakt mehr zu den Wählergruppen hat. Teilweise ganz ohne abgeschlossene Berufsausbildung, in weiten Teilen niemals in der "normalen" Wirtschaft gearbeitet kennen und leben diese Berufspolitiker ausschließlich die Thesen und Parolen der eigenen Partei, was sie zwar schneller nach oben spült, aber mit der Lebensrealität der Menschen immer weniger zu tun hat. Nur so kann es passieren, dass trotz eindringlicher Warnungen Gesetze beschlossen und alle Bedenken abgewiegelt werden und dann nach kurzer Zeit genau die negativen Folgen eintreten, vor denen so sehr gewarnt wurde. Und selbst dann ist meist der Stolz zu groß, die eigene Fehlentscheidung zu korrigieren.
    Neue Parteien speisen sich oft aus neuen Politikern, die aus der arbeitenden Bevölkerung kommen und sind daher näher am Puls der Bevölkerung.

  30. 7.

    Aber das Ergebnis für Deutschland ist ja ein anderes als in Frankreich. Die sogenannte Ampel hat gemeinsam um die 32 %, also immer noch die Mehrheit und die AfD nur 16%, ich sehe keinen Grund für Neuwahlen.

  31. 6.

    Gestern „Hart aber Fair“ geschaut. Zu meinem Unverständnis musste ich feststellen das in dieser Runde eigentlich die echten Wahlgewinner BSW/Afd fehlten. Am Ende war es ein Abklatsch aus Selbstmitleid und Realitätsverweigerung der Etablierten Parteien. Der Zuschauer registriert auch das. Es hat sich nichts geändert und ein weiter so bleibt bestehen

  32. 5.

    Ach hört doch mal auf damit immer wieder die gleichen unhaltbaren Thesen zu verbreiten.
    Natürlich bei den Rechten sind alle Lösungen einfach und populistisch, bei den Links grünen immer ausgereift und komplex durchdacht.
    Glaubt ihr das wirklich oder seid ihr immer noch so in der sozialistischen bubble gefangen.
    Also mich überzeugt das Parteiprogramm der AFD mehr gerade im Hinblick auf die Mittelschicht als das der Grünen oder der SPD.
    Ich finde wir brauchen dringend einen anderen Weg weg von den Altparteien meinetwegen auch mit der BSW.

  33. 4.

    Macron reagiert viel zu impulsiv (wie einst Schröder) und geht All-in. Das ist taktisch unklug (mathematisch wird er die Wette verlieren) und zudem brandgefährlich. Wenn Frankreich jetzt auch noch von eine rechte Regierung wie italien bekommt, dann bricht die Achse zusammen und wir können uns von der EU, wie wie sie kannten, verabschieden.

  34. 3.

    Nein, der gefährliche Weg Macrons ist kein Vorbild für Deutschland. Aus gutem Grund lässt sich der Bundestag auch nicht so leicht auflösen, wie die Nationalversammlung. Solange die Ampel-Koalition noch Bestand hat, gibt es keinen Grund, das Verfahren nach Art. 68 GG durchzuführen.

  35. 2.

    Gut zusammengefasst. Spätestens nächstes Jahr, die Landtagswahlen werden auch nichts am "Weiter so" ändern, wird wieder rumgeheult, wie es nur soweit kommen konnte.

  36. 1.

    Eine ähnliche Analyse wünschte man sich hier inklusive Neuwahlen. So aber steigt die Frustration der Bürger weil es keine Änderung gibt in Deutschland. Die TV-Debatten zeigen ein Bild aus trotz und „egal“.

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