100 Tage nach den World Games - "Ich habe nach wie vor den Eindruck, dass sich einige Sportverbände kaum bewegen"

Di 03.10.23 | 15:09 Uhr | Von Sebastian Stuart, Special-Olympics-Reporter
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Die Goldmedaille der Special Olympics World Games in Berlin (Quelle: imago images/Funke Foto Services)
Audio: rbb24|Inforadio | 04.10.2023 | Jakob Rüger | Bild: imago images/Funke Foto Services

Die Special Olympics World Games in Berlin sollten Inklusion im Sport und in der Gesellschaft vorantreiben. 100 Tage nach dem Event stellt sich die Frage: Was ist seitdem wirklich passiert? Special-Olympics-Athlet und ARD-Reporter Sebastian Stuart mit seiner Antwort.

Für mich war es ein positiver Anfang, dass es so eine große Medienberichterstattung über die World Games gab. So wurde die gesamte Gesellschaft aufmerksamer gemacht. Was wirklich bleiben wird, kann ich aber heute noch gar nicht sagen.

Zur Person

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rbb / Lynn Kraemer

Sebastian Stuart wollte als Ruderer an den Special Olympics World Games in Berlin teilnehmen, seine Sportart wurde aber aus dem Programm genommen. Ganz nah dabei war er trotzdem, als Reporter für sportschau.de.

Für mich als Mensch mit einer geistigen Beeinträchtigung war es ein sehr großer persönlicher Erfolg, dass ich für sportschau.de und die rbb|24-Sportredaktion deutschlandweit als Experte berichten durfte. Außerdem denke ich, dass es wirklich wichtig war, dass Menschen mit Beeinträchtigung über die Special Olympics berichtet haben.

Das Sportevent "Inklusiv gewinnt" (fand am 10. September in Potsdam statt) hat mir Hoffnung gemacht, dass sich seit den Special Olympics World Games im inklusiven Sport zumindest ein bisschen was bewegt hat. Es war ein gemeinsames Event von Special Olympics Athlet:innen und Olympia- sowie Paralympics-Teilnehmer:innen, die gegeneinander antraten. Aber der Gedanke des Miteinanders stand im Vordergrund.

Host-Town-Projekt hat Inklusion vorangetrieben

Auf Anfrage bekam ich sowohl von der Organisation "Special Olympics Deutschland" als auch von Tim Tschauder, dem Inklusionsmanager des Landessportbundes Berlin (eine Funktion, die es erst seit kurzem gibt) eine Rückmeldung zum Stand des inklusiven Sports 100 Tage nach den World Games.

Beide konnten noch keine klaren Zahlen und Daten nennen, was sich bereits getan hat. Diese gibt es noch nicht. Aber eine persönliche Einschätzung konnten sie abgeben. So meint Tschauder: "Sie [die World Games, Anm. des Autors] haben für mehr Aufmerksamkeit gesorgt. Viel mehr Menschen wissen jetzt, was Special Olympics bedeutet und sie haben dadurch mehr Verständnis."

Die Special Olympics World Games 2023 in Berlin

Special Olympics, World Games, Rhythmische Sportgymnastik. Jennifer Ohalloran aus Ireland am 17.06.2023 in Berlin. (Quelle: dpa-Bildfunk/Soeren Stache)
dpa-Bildfunk/Soeren Stache

Genau 100 Tage ist es her, dass die Special Olympics World Games mit einer großen Abschlussfeier am Brandenburger Tor zu Ende gingen. Über 330.000 Zuschauer kamen an den Wettkampftagen, um die etwa 7.000 Athlet:innen in 26 Sportarten anzufeuern.

Ähnlich äußert sich Nadine Baethke von Special Olympics Deutschland: "Die Weltspiele haben zu mehr Sichtbarkeit der Athlet*innen und des Sports von Special Olympics geführt und für das Thema gleichberechtigte Teilhabe in der Gesellschaft von Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung sensibilisiert."

Alle Beteiligten äußerten, dass das Projekt der Host Towns ein großer Erfolg in Sachen Inklusion war. Host Towns waren 200 Städte und Gemeinden, die die Athlet:innen und ihre Angehörigen vor den Special Olympics beherbergt haben. Ausgewählt wurden Orte, die bereits inklusive Projekte anbieten. Mark Solomeyer, Athletensprecher und Vizepräsident von Special Olympics Deutschland, meinte dazu im Interview: "Durch die Host Towns in den Kommunen bekommen wir, denke ich, einen Schritt weit die Türen auf."

Hockeyverband als positives Beispiel

Allerdings gibt es im Sport für Menschen mit einer Beeinträchtigung noch sehr viele Baustellen. Tschauder äußert: "Es gibt eine Statistik des Bundesministeriums für Soziales und Arbeit, die sagt, dass Menschen mit Behinderung viel weniger Sport treiben als Menschen ohne Behinderung. Das liegt an den fehlenden Angeboten und den vielen Barrieren."

Das hat mich sehr erschreckt und ich kenne solche Probleme aus eigener Erfahrung. Nach wie vor habe ich den starken Eindruck, dass sich einige Sportverbände kaum bewegen. Im Rudersport musste ich sehr um Förderung und Anerkennung kämpfen (so gibt es nur wenige Vereine für Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung). Mir ist jedoch als positives Beispiel der Hockeyverband aufgefallen, der Ende August die "Hockey ID Championship" ausgetragen hat (eine EM für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung), parallel und am gleichen Ort zur EM der Sportler:innen ohne Beeinträchtigung.

Stuart will für Verbesserungen "weiter kämpfen"

Mein Eindruck ist, dass die Förderung von Leistungssportler:innen mit geistiger Beeinträchtigung aber auch für das inklusive Breitensportangebot deutlich verbessert werden müssten. "Der inklusive Sport möchte gerne mehr Förderung. Ob diese kommt, muss man die Politik fragen. Sie ist auf jeden Fall dringend nötig", so Tim Tschauder. Für Verbesserungen für mich als Ruderer und alle Sportler:innen mit Beeinträchtigung werde ich weiter kämpfen und mich auch zu Wort melden!

Sendung: rbb24, 04.10.2023, 18 Uhr

Beitrag von Sebastian Stuart, Special-Olympics-Reporter

1 Kommentar

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  1. 1.

    Ich fordere
    die Bereitstellung von 5000 Sport-Rollstühlen für Rollstuhlbasketball,
    die Bereitstellung eines jeweils 20 qm großen Materialraum für JEDE berlinische Schule,
    Die Pflicht-Ausbildung Aller Lehramts-Sportstudenten....
    Ach, Das kostet Geld ?
    Dann hört sofort auf mit der Quatscherei.

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