Insolvente Warenhauskette - Galeria Karstadt Kaufhof schließt Filialen in Berlin-Lichtenberg, Spandau, Tempelhof und Potsdam
Die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof macht Ende August erneut zahlreiche Häuser dicht. In Berlin und Brandenburg sind vier Häuser betroffen. Ob die Gläubiger diesem Plan zustimmen, wird sich aber erst in einigen Wochen klären.
- Insolvenzverwalter will 16 Häuser schließen, 1.400 Mitarbeiter verlieren wohl ihre Jobs
- Häuser in Lichtenberg, Tempelhof, Spandau und Potsdam auf der Schließungsliste
- Wirtschaftsenatorin Giffey spricht von 182 Betroffenen in Berlin
- vereinzelt besteht noch Hoffnung auf Rettung einzelner Filialen
- Potsdamer OBM will Leerstand des Karstadt-Hauses vermeiden
- Gläubigerversammlung muss dem Plan Ende Mai noch zustimmen
Der finanziell angeschlagene Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof schließt 16 seiner 92 Filialen zum 31. August dieses Jahres. Das gab Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus am Samstag bekannt.
In Berlin sind die Häuser am Ringcenter in der Frankfurter Allee, in Spandau und in Tempelhof betroffen. Auch das Warenhaus in Potsdam soll geschlossen werden. Der Standort Tempelhof bleibt schon am Samstag wegen einer Mitarbeiterversammlung geschlossen.
Darüberhinaus sind sollen Häuser in Essen, Köln, Augsburg, Regensburg, Neupfarrplatz, Würzburg, Chemnitz, Leonberg, Mainz, Mannheim, Oldenburg und Trier schließen.
1.400 Stellen sollen abgebaut werden
Von den rund 12.800 Menschen, die das Unternehmen beschäftigt, sollen 11.400 demnach ihren Job behalten. 1.400 werden gehen müssen. "Wir werden alles tun, um unser Geschäft in eine erfolgreiche Zukunft zu führen. Dazu sehen wir nicht zuletzt durch unsere Umsatzentwicklung im laufenden Geschäftsjahr gute Voraussetzungen", sagte Galeria-Chef Olivier Van den Bossche.
Der Sitz des Unternehmens soll von Essen in die Filiale Düsseldorf Shadowstraße umziehen.
Interessensausgleich und Sozialplan vereinbart
Nach Angaben des Handelskonzerns wurden mit dem Gesamtbetriebsrat ein Interessenausgleich und Sozialplan vereinbart. Dabei sei unter anderem festgelegt worden, dass alle Betroffenen für acht Monate in eine Transfergesellschaft wechseln könnten, um sich auf dem Arbeitsmarkt zu orientieren.
"Vor ein paar Wochen war die Angst vor dem Szenario einer Abwicklung von Galeria noch groß. Doch jetzt gibt es nochmal eine Chance für das Warenhaus", sagte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Jürgen Ettl. Dennoch sei die Betroffenheit der gesamten Belegschaft groß.
Giffey: Zukunftsperspektive für sechs Häuser
Die Berliner Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) zeigte sich erleichtert, dass es nun für immerhin sechs der neun Häuser "eine Zukunftsperspektive" gebe. "Nach dem nunmehr dritten Insolvenzverfahren von Galeria Karstadt Kaufhof ist das ein positives Zeichen", so Giffey. Dennoch sei die Entscheidung zur Schließung von drei Kaufhaus-Standorten "bitter, insbesondere für die 182 betroffenen Beschäftigten", sagte Giffey weiter.
"Die neuen Investoren sehen bei den fünf Standorten Alexanderplatz, Schloßstraße, Tegel, Kurfürstendamm und Hermannplatz die notwendige Substanz und Wirtschaftlichkeit." Hinzu komme das ehemalige GKK-Kaufhaus in der Müllerstraße, das derzeit umgebaut werde und in neuer Form wieder öffnen soll, so Giffey. "Es wird jetzt die Aufgabe der Investoren sein, mit guten Konzepten die Attraktivität dieser Häuser zu steigern und Kundinnen und Kunden dauerhaft zu gewinnen und zu halten." Man werde dies seitens des Senats weiterhin begleiten. Das Interesse sei weiterhin, "dass diese Kaufhäuser mit ihrer Ankerfunktion in unseren Einkaufsstraßen und Stadtzentren gut funktionieren", dies sei ein "übergeordnetes Anliegen", hieß es.
Die betroffenen Beschäftigten könnten sich laut Giffey auf einer eigens eingerichteten Online-Plattform über Vermittlungsmöglichkeiten informieren. Sie betonte, dass es "mehrere tausend unbesetzte Stellen" gebe. Der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg, Nils Busch-Petersen, sagte, er sehe gute Perspektiven für die Beschäftigten. "Es gibt einen derartigen Bedarf im Einzelhandel, dass die Beschäftigten sofort unterkommen können." Schwieriger sei die Situation für die Standorte. Die Schließung großer Warenhäuser sei für die Geschäfte in der Nachbarschaft und die Infrastruktur von Bedeutung.
Potsdamer Oberbürgermeister will Leerstand des Hauses vermeiden
In Potsdam sei der Grund für die Entscheidung zur Schließung, dass es zu keiner Einigung mit dem Vermieter über weitere Mietnachlässe gekommen sei, teilte die Stadt mit.
Schon zum wiederholten Mal schwebe nun das Damoklesschwert der Schließung über dem Kaufhaus, sagte demnach Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD). Man wolle nun in der kommenden Woche mit den Innenstadthändlern, dem Handelsverband, sowie der Industrie- und Handelskammer die neu entstandene Situation gemeinsam beraten.
"Ziel für die Landeshauptstadt Potsdam bleibt es, an diesem traditionsreichen Standort eine Ankernutzung für den Handel in der Brandenburger Straße zu haben. Wichtig ist es vor allen Dingen in dieser Situation, neben dem Kampf um den Standort gute Lösungen für die Kolleginnen und Kollegen zu finden, die aktuell bei Karstadt arbeiten", so Schubert. "Einen Leerstand im größten Haus in der Brandenburger Straße darf es nicht geben."
Insolvenzverwalter: "Für den Erhalt jeder einzelnen Filiale hart verhandelt"
Bei der Entscheidung über die Zukunft der Filialen war für Insolvenzverwalter Denkhaus neben dem Umsatz und der Kaufkraft der jeweiligen Region vor allem die Höhe der Miete ausschlaggebend. "Wir haben für den Erhalt jeder einzelnen Filiale hart verhandelt", sagte Denkhaus.
Einzelne Filialen auf der Schließungsliste können sich womöglich noch Hoffnung auf einen Fortbestand machen. Im vorherigen Insolvenzverfahren, dass im Mai 2023 aufgehoben wurde, wurden einige Warenhäuser wieder von der Liste heruntergenommen. Weil es kurzfristig neue Vereinbarungen mit den Mietern gab, wurden am Ende nicht 52 der ehemals 129 Standorte geschlossen, sondern nur 37.
Lob und Skepsis
Der Deutsche Städtetag sieht den Erhalt von 76 Filialen als gute Nachricht für die Kommunen und die Mitarbeiter der Häuser. "Wir haben den Eindruck, dass mit diesem Neustart außerhalb der Signa-Gruppe jetzt wirklich eine Zeit nachhaltiger Konzepte für die Standorte beginnt", sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy der dpa. Trotzdem seien es "bittere Nachrichten" für die Standorte, die nicht gerettet werden könnten.
Experte Johannes Berentzen von der Handelsberatungsfirma BBE zeigte sich skeptisch. Mit der Schließung der 16 Häuser seien die großen Herausforderungen der verbleibenden Häuser und des Galeria-Geschäftsmodells nicht gelöst, sagte er der dpa. Es gehe um mehr Unternehmertum vor Ort, Investitionen in die Fläche, in Personal und in die Verknüpfung von Online- und Offlinewelt.
Gläubigerversammlung am 28. Mai
Der Warenhauskonzern hatte Anfang Januar einen Insolvenzantrag gestellt. Es ist die dritte Insolvenz innerhalb von dreieinhalb Jahren. Als Grund für die schwierige Lage nannte Van den Bossche damals unter anderem die Insolvenzen der Signa-Gruppe des bisherigen Eigentümers René Benko.
Seit Anfang April ist bekannt, dass ein Konsortium aus der US-Investmentgesellschaft NRDC und der Gesellschaft BB Kapital SA des Unternehmers Bernd Beetz die Kaufhauskette übernehmen will.
Die zwischen Investoren und Galeria geschlossene Vereinbarung kommt jedoch nur zustande, wenn die Gläubiger zustimmen. Insolvenzverwalter Denkhaus will bis Ende April den Insolvenzplan für den Eigentümerwechsel vorlegen. Rechtskräftig ist der Plan erst, wenn die Gläubigerversammlung ihn am 28. Mai annimmt und dieser anschließend vom Gericht erneut bestätigt wird. Bis Ende Juli will Denkhaus das Unternehmen an die neuen Eigner übergeben.
Sendung: rbb 88.8, 27.04.2024, 11:00 Uhr
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