Nahverkehr in Berlin - BVG-Warnstreik beendet - schwierige Tarifverhandlungen stehen bevor

Fr 21.03.25 | 07:45 Uhr
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U-Bahn der Linie 6 fährt im Bahnhof Unter den Linden ein (Bild: picture alliance / galoppfoto / Sabine Brose)
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Audio: rbb24 Inforadio | 21.03.2025 | Thorsten Gabriel | Bild: picture alliance / galoppfoto / Sabine Brose

Zwei Tage legte Verdi Busse und Bahnen der BVG in Berlin lahm. Der mittlerweile vierte Warnstreik könnte allerdings nicht der letzte gewesen sein, denn vor der nächsten Verhandlungsrunde am Freitag droht Verdi mit unbefristeten Streiks.

Hinweis: Diese Meldung wir nicht mehr aktualisiert. Über das Scheitern der Verhandlungen am Freitag berichten wir hier.

  • Warnstreik beendet: Busse und Bahnen fahren seit Freitag, 3:00 Uhr nach Plan
  • Sechste Verhandlungsrunde am Freitag
  • Fronten scheinen verhärtet - beide Seiten halten Scheitern für möglich
  • Urabstimmung über unbefristeten Streik ebenso wie eine Schlichtung denkbar

Nach zwei Tagen Warnstreik fahren in Berlin seit dem frühen Morgen wieder alle Busse, U-Bahnen und Trams. Der von der Gewerkschaft Verdi organisierte Ausstand bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) sei seit drei Uhr beendet, teilte das Unternehmen mit. Alle Linien seien wieder wie gewohnt unterwegs.

Auf die Fahrgäste könnte jedoch bald ein deutlich längerer Ausstand zukommen. Verdi und die Arbeitgeberseite kommen in dem Tarifkonflikt am Freitag zur sechsten Verhandlungsrunde zusammen. Anschließend dürfte es eine Antwort auf die Frage geben, ob die Gewerkschaft bald zum unbefristeten Ausstand aufruft. Beide Seiten schließen ein Scheitern der Gespräche nicht aus.

Beide Seiten erhöhen Druck

Sowohl Verdi als auch die BVG erhöhten zuletzt den Druck auf die Gegenseite. Manuel von Stubenrauch aus der Verdi-Tarifkommission sagte, wenn mit Blick auf das Grundgehalt nicht mehr passiere, "müssen wir wahrscheinlich die Urabstimmung" für einen unbefristeten Streik einleiten. Sven Globig, ebenfalls aus der Tarifkommission, sagte, er rechne nicht mit einem "verhandlungsfähigen Angebot".

Für diesen Fall hat die Gewerkschaft eine Urabstimmung angekündigt. Mindestens 75 Prozent der teilnehmenden Mitglieder müssten zustimmen. Bis eine solche Abstimmung abgeschlossen ist, dürften noch einige Tage oder Wochen vergehen. Ein längerer Streik käme wohl erst im April auf die Berlinerinnen und Berliner zu.

Zugleich können beide Seiten im Falle des Scheiterns der Gespräche vorschlagen, einen unabhängigen Schlichter einzusetzen. Während einer Schlichtung darf nicht gestreikt werden.

Kein neues Angebot der BVG

Die BVG sieht Verdi in der Pflicht, sich zu bewegen. "Es ist höchste Zeit, dass die Gewerkschaft endlich auch Lösungsansätze und Kompromisse an den Tisch bringt, statt weiter auf Maximalforderungen zu beharren", sagte Personalvorständin Jenny Zeller-Grothe zuletzt. Auch sie schloss ein Scheitern der Verhandlungen nicht aus.

Mit einem neuen Angebot will die BVG nicht in die Verhandlungen gehen. "Wir sind viermal auf die Gewerkschaft zugegangen", sagte Zeller-Grothe unter Verweis auf vier Angebote im Laufe der Gespräche. Kompromisse könnten jedoch nicht nur von einer Seite erwartet werden.

Knackpunkt Grundgehalt

Verdi-Verhandlungsführer Jeremy Arndt betonte dagegen, dass man bereits Einigungsbereitschaft in Fragen der Zulagen oder Laufzeit gezeigt habe. Der große Knackpunkt sei das Grundgehalt. Hier fordert Verdi 750 Euro im Monat mehr. Die Gewerkschaft argumentiert vor allem mit einem Nachholbedarf infolge der Preisentwicklung. Die letzte Entgeltrunde bei der BVG war noch vor Beginn des Ukraine-Kriegs und der hohen Inflation. Außerdem müsse die BVG als Arbeitgeberin attraktiv bleiben, um Personal zu gewinnen.

Die BVG erkennt den Nachholbedarf an. Das Unternehmen betont jedoch zugleich, dass man sich bei den Tarifverhandlungen 2021 mit Verdi auf eine Wochenarbeitszeit von 37,5 statt 39 Stunden bei vollem Lohn geeinigt habe. Die BVG bot zuletzt stufenweise 375 Euro bei 24 Monaten Laufzeit. Das entspreche einer Erhöhung von insgesamt 13,6 Prozent. Verhandelt wird zudem über ein höheres Weihnachtsgeld, über Zulagen bei bestimmten Schichtmodellen sowie flexiblere Arbeitszeiten.

Sendung: rbb24 Inforadio, 21.03.2025, 06:00 Uhr

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73 Kommentare

  1. 73.

    Verdi rief schon vor der ersten Verhandlungsrunde einen Warnstreik aus. Heiligt der Zweck die Mittel? Mir geht's um das Agieren und Reagieren der Gewerkschaft. Das schaut alles nach Konfrontationskurs aus. Die BVG verbesserte ihr Angebot in einigen Bereichen. Verdi dagegen rückt nicht einen Cent von der Maximalforderung von 750 Euro/Monat ab. Dann las ich, dass bei den Verhandlungen im letzten Jahr, als Ergebnis die Wochenarbeitszeit auf 37,5 Stunden gesenkt wurde, bei vollem Lohnausgleich. Ohne Worte ...

  2. 72.

    Ich stimme Ihnen zu. In dieser Stadt leben viele Menschen, die keinen haben, der sie zu wichtigen Terminen chauffiert, die sich kein Taxi leisten können, und aus gesundheitlichen Gründen nicht Fahrrad fahren können.

  3. 71.

    Schonmal an Arbeitslose gedacht, die einen Vorstellungstermin haben? An Alte oder Kranke, die einen Arzttermin haben? Die sich wahrscheinlich nicht alle ein Taxi leisten können, das dann auch noch im Stau steht? Aber diese Menschen interessiert Verdi nicht, die bringen kein Geld rein. Und ein klimaneutrales Berlin interessiert Verdi auch nicht.

  4. 70.

    Ja, irgend etwas muss sich ändern bei der Finanzierung, das ein so wichtiges Unternehmen in so eine Schieflage gerät, darf einfach nicht passieren. Wenn man sich den Untergrund anschaut U6 Alt-Mariendorf, dann steht man dort zwischen 1930 und 1970, echt was für Nostalgiker. Und das ist nicht der einzige Bahnhof der wenigstens so aussehen müsste wie Unter den Linden. Wie im letzten Jahr lange alles zu war in Mariendorf dachte ich da wird was umgebaut. Nee, nur die Schienen.

  5. 69.

    Ich hätte da eine Idee. Fahrpläne ausdünnen, dadurch Fahrer freisetzen. Das eingesparte Geld als Tariferhöhung an die verbliebenen Fahrer verteilen. Damit müsste Verdi zufrieden sein.

  6. 68.

    Leute, hier geht es zur Zeit lediglich um Warnstreiks, einen richtigen Streik hat es bisher nicht gegeben! Jeder Berliner und Tourist weiß, was der ÖPNV für eine Bedeutung für diese Stadt hat. Es ist das Filetstück, was uns alle Verbindet. Das wegen der kleinen Warnstreiks, in eine Ecke der Bedeutungslosigkeit zu drängen, nur weil man mal für eine Absehbare Zeit seine Ziele nicht erreicht, finde ich völlig unangemessen. Einfach mal Geduld haben, in dieser Schnelllebigen Zeit, mal nicht BVG fahren, einfach mal runter fahren!

  7. 67.

    Ihre persönliche Sicht auf die Dinge. Wer sich noch an den Arbeiterkampf in Rheinhausen erinnern kann, der sieht diese Verhandlungsverschleppungen die sich der Arbeitgeber erlaubt nicht so dramatisch. Der Unterschied? Es geht danach weiter!

  8. 66.

    Mir fehlt vor dem fünften bevorstehenden Warnstreik mittlerweile das Verständnis für Verdi. Diese scheint nicht kompromissbereit zu sein, und es schaut so aus, dass diese bewusst den Arbeitskampf auf den Rücken der Fahrgäste, deren breite Zustimmung in der Bevölkerung sich auch eher im Sinkflug befindet, auszutragen.

  9. 65.

    Natürlich ist der Auftraggeber, das Land Berlin, Hauptverantwortlicher für den schlechten Zustand der BVG, da müssen wir doch nicht diskutieren. Aber man hat als Fahrgast beim besten Willen nicht den Eindruck, dass die BVG-Mitarbeiter sonderlich engagiert und kompetent versuchen das Beste daraus zu machen. Eher wird resigniert und dann werden trotzdem derartig überzogene Forderungen formuliert.

  10. 64.

    Keine! Die werden selbst nach mehreren Unfällen angebettelt, dass sie bleiben.
    PS Habe 12 Jahre Schichtgearbeitet und muss mich nicht verstecken. Zwinker

  11. 62.

    Und man selber sollte auch nicht vergessen den Busfahrer zu grüßen, auch mal als Erste bzw. als Erster.
    Denn letztendlich sitzt hinter dem Steuer immer ein Mensch und der hat sicherlich auch nicht jeden Tag nur gute Laune, eben so wie Du und Ich.
    Ach ja, auch ich unterstütze diesen Streik wenn auch aus der Ferne.

  12. 61.

    Der Streik und weitere sind berechtigt. Es ist unerträglich, dass die Dienstleistungsberufe so schlecht bezahlt werden. Ich freue mich jedenfalls wenn der Bus kommt, der Fahrer freundlich grüßt und mich routiniert ans Ziel bringt und das im Wedding. Es ist wirklich Fahrkunst bei den Berliner Verkehsrbedingungen

  13. 60.

    Richtig so!
    Millionäre oder gar Milliardäre verlangen ja auch letztendlich so etwas wie; Forderung von 750 Euro mehr Grundgehalt, Zulagen- + Weihnachtsgeld-Erhöhung, flexiblere Arbeitszeiten.

  14. 59.

    Ich drücke den Kolleg:innen die Daumen, dass die Arbeitgeberin endlich mal anerkennt, dass auch für normale Menschen Berlin sehr teuer geworden ist.
    Die bornierte Haltung den eigenen Mitarbeitenden gegenüber führt hoffentlich dazu, dass sich mehr und mehr Kolleg:innen umorientieren und am Markt ihren Wert checken.
    Bin gespannt, wie die ganzen Mecker - Foristen hier dann reagieren und poltern. Vielleicht muss das System crashen!

  15. 58.

    Sicherlich hätte einige mehr Verständnis für diesen Streik, wenn nicht die Forderung von 750 Euro mehr Grundgehalt, Zulagen- + Weihnachtsgeld-Erhöhung, flexiblere Arbeitszeiten gäbe.
    Dies ist m.E. doch etwas "viel" für ein vermehrtes Verständnis ...

  16. 57.

    Freie Wirtschaft bezahlt nicht besser. Das kommt auf das Unternehmen an. Aber sie muss die Löhne der BVG erwirtschaften.
    Der Standort Deutschland wird durch diese Kosten immer unattraktiver.
    Und bald wird es sein, wie vor einigen Jahren. Die Arbeitslosen Zahl steigt und wir sind zurück beim Arbeitgebermarkt.

  17. 56.

    Ich war selbst mal Tramfahrer. Zwar nicht lange, aber es hat gereicht.
    Die BVG hat einen extremen Personalmangel in sämtlichen Bereichen. Bei den Fahrern bekommt man das aber nicht nur mit einem höheren Lohn geregelt. Um langfristig die Fahrer behalten zu können, muss sich noch so einiges am Schichtmodell ändern.
    Fachkräfte, z.B. in den Werkstätten, könnte man eher mit höheren Löhnen locken und auch behalten.
    Wenn die Löhne nicht steigen, ist die BVG als Arbeitgeber nicht mehr wettbewerbsfähig und kann die Leistungen nicht mehr erbringen.
    Dafür muss natürlich gestreikt werden. Auch wenn es lästig ist.
    Ich bitte alle um mehr Verständnis für die Streikenden. Denn einen unterbezahlten, mürrischen Fahrer kann niemand gebrauchen.
    Dass die Bahnen oft zu spät sind liegt aber nicht nur an der BVG, sondern oft auch an den Fahrgästen, Stau, Baustellen etc. . Wenn ein Bus ein Problem hat kann er von einem anderen Bus überholt werden. U Bahn und Tram nicht. Da bringt auch meckern nichts.

  18. 55.

    Erschreckend wie hier teilweise argumentiert wird. Zuerst: Gewerkschaften/ Streikrecht gibt es zum Glück! Oder glauben hier alle ernsthaft, dass Arbeitgeber soziale Menschen sind.
    Das Argument, dass die Arbeitnehmer doch mal die klammen Kassen Berlins bzw. des Staates berücksichtigen müssten, ist mehr als lächerlich. Was kann die Bevölkerung dafür, dass die Politik nicht vernünftig wirtschaftet. Zum Erhöhen der Diäten reicht es doch auch. (Wobei ich aus mehreren Gründen sehr dafür bin, dass Politiker gut verdienen.) Es wird für viel unsinniges Geld bereit gestellt und gerade Berlin wurde kaputt gespart. Die BVGler liegen mit ihrem Einkommen am Ende aller Bundesländer. Und das in der großen Hauptstadt, wo der Verkehr jeden Tag chaotischer wird. Wenn die Boomer auch noch in Rente gehen (und das ist bald) wird man sich umsehen, wieviel schlechter der gesamte ÖD funktioniert. Es fehlt bereits jetzt schon überall Personal. Auch weil die freie Wirtschaft mehr zahlt.

  19. 54.

    Natürlich ist der Busfahrer ein Teil des Unternehmens, aber was kann er dafür, wenn das Unternehmen es nicht schafft, dem Mitarbeiter das passende Arbeitsmaterial zur Verfügung zu stellen, damit er seinen Job machen kann.
    Oder was glauben Sie, woher die vielen Ausfälle kommen ??