#Wiegehtesuns | BVG-Warnstreik für Rollstuhlfahrerin - "Am ersten Streiktag bin ich 4,5 Kilometer mit dem Rollstuhl gefahren"
Daliah ist Rollstuhlfahrerin und fährt in der Regel mit der U7 zur Arbeit. Wenn die BVG streikt, muss sie in Berlin viele Hürden überwinden und lange Umwege in Kauf nehmen. Für den Streik hat die 31-Jährige trotzdem auch Verständnis.
In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen Menschen, wie ihr Alltag gerade aussieht - persönlich, manchmal widersprüchlich und kontrovers. rbb|24 will damit Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.
Ich arbeite als Bürokraft in Wilmersdorf und wohne nahe am U-Bahnhof Deutsche Oper. Weil es dort keinen Fahrstuhl gibt, fahre ich jeden Tag bis zur Bismarckstraße. Dort nehme ich dann die U7 bis zur Blissestraße und von dort ist es bis zu meinem Arbeitsplatz nicht mehr weit. Normalerweise klappt das ganz gut und dauert von Haus zu Haus etwa 20 Minuten. Seit anderthalb Jahren fahre ich diesen Weg zur Arbeit und bin froh darüber, dass ich ihn eigenständig bewältigen kann.
Beim ersten BVG-Warnstreik wusste ich nicht so recht, wie ich am besten zur Arbeit komme und bin die ganze Strecke, 4,5 Kilometer, mit dem Rollstuhl gefahren. Das hat sich ganz schön gezogen und war auch anstrengend. Wenn ich einen so langen Weg mit dem Rollstuhl zurücklege, stoße ich auf viele Hindernisse. Das können hohe Bordsteinkanten, gepflasterte Wege mit Schlaglöchern, Baustellen oder zugeparkte Gehwege sein.
Für den erneuten Warnstreik der BVG habe ich mir nun eine Route mit der S-Bahn gesucht. Ich kann ab S-Bahnhof Charlottenburg über Westkreuz und dann mit der Ringbahn fahren. Ich muss danach zwar mehrere Hundert Meter wieder mit dem Rollstuhl zurücklegen. Aber es ist definitiv einfacher, als die gesamte Strecke mit dem Rollstuhl zu machen.
Anstatt bereits um 7 Uhr starte ich aber später, denn an Warnstreik-Tagen ist die S-Bahn morgens oft so voll, dass für mich und meinen Rollstuhl kein Platz mehr ist. Das ist manchmal auch bei der U-Bahn so. Ich muss auch immer vorher schauen, ob alle Fahrstühle wirklich funktionieren, denn oft sind sie kaputt. Im Netz gibt es aber eine zuverlässige Übersicht, die ich vor so einer Fahrt checke.
Sollte doch mal ein Fahrstuhl nicht funktionieren, könnte ich den Muva-Bus der BVG rufen. Dieser wird auch nicht bestreikt. Das ist gut zu wissen.
Generell bin ich als Rollstuhlfahrerin in Berlin sehr zufrieden. Vor 12 Jahren bin ich aus dem Sauerland hergezogen, weil ich in die Großstadt wollte. Ich genieße die vielen Angebote, die es hier gibt. In meiner Freizeit treffe ich mich gerne mit Freunden oder gehe zum Basketball. Manchmal fällt mir aber auf, dass Menschen nicht genau wissen, was "barrierefrei" bedeutet. Auf die Frage, ob ich als Rollstuhlfahrerin in ein Lokal kommen kann, wurde mir schon mal gesagt: "Ja das geht, es sind nur ein paar Stufen."
Für den BVG-Warnstreik habe ich grundsätzlich Verständnis. Es geht darum, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr Geld kriegen. Ich verstehe die Forderungen, aber für mich als Rollstuhlfahrerin bedeutet jeder Streik eine enorme Herausforderung.
Gesprächsprotokoll: Helena Daehler
Sendung: rbb24 Abendschau, 19.02.2025, 19:30 Uhr