Havelland - Wie eine Brandenburgerin Eltern von Sternenkindern helfen will

Nadija Frank engagiert sich ehrenamtlich für Eltern von Sternenkindern, also Kindern, die vor, während oder nach der Geburt verstorben sind. Ihre "Sternenbänder" sind als Erkennungszeichen gedacht. Von Marie-Thérèse Harasim
Mit Armbänder will Nadija Frank Eltern von sogenannten Sternekindern helfen. Jeden Tag fädelt sie mehrere Stunden lang Sterne und Perlen auf schwarze Bänder und verschickt sie dann in der gesamten Bundesrepublik. Die Adressaten: Eltern, die ihre Kinder meist noch vor der Geburt verloren haben. Die Bänder sollen als Erkennungszeichen dienen. "Man sieht sich, man weiß, der andere hat das gleiche Schicksal durchgemacht wie ich. Und dass man dann ins Gespräch kommt und sich nicht mehr alleine fühlt", sagt Frank.

Eltern von Sternenkinder fühlen sich allein, dabei sind sie es nicht.
2017 hatte sie die Idee zum Sternenband. Damals erlitt eine gute Freundin eine Fehlgeburt. In den sozialen Medien stieß Frank danach auf ein Video, in dem Eltern von Sternenkindern erzählten, wie allein sie sich fühlten. Das Video sei der Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen brachte, erzählt sie heute.
Im Internet suchte sie daraufhin nach einem Erkennungszeichen für Betroffene und Unterstützer:innen ähnlich der roten Aidsschleife. Aber: Es gab keins. Sie schrieb den Eltern aus dem Video und fragte, ob sie ein Erkennungszeichen tragen würden. Die Antwort: "Ja!". Das Sternenband war geboren.
Den Müttern und Vätern aus dem Video schickte sie die ersten 20 Bänder. Damals adressierte sie die Briefe noch mit der Hand. Inzwischen hat sie mehr als 30.000 Armbänder verschickt, schätzt die Nauenerin. Rund 1.000 Bestellungen gehen jeden Monat bei ihr ein und immerhin: Die Adressen druckt sie jetzt einfach aus.
Gemeinschaft entsteht
Viele der Empfänger schreiben ihr danach und bedanken sich, wie Frank erzählt. Außerdem hätten sie immer wieder Geschichten von Menschen erreicht, die so andere Betroffene gefunden hätten und zu Freunden geworden seien.
"Die Gemeinschaft, die da entsteht, und auch das Gefühl des Nicht-Alleine-Seins, das ist enorm wichtig. Ganz viele Frauen haben ein totales Schuldgefühl. Die denken, mit ihnen stimmt etwas nicht, mit ihrem Körper stimmt etwas nicht. Dieses Gefühl, dass man nicht allein ist und dass man nicht schuld ist, das bedeutet einfach unglaublich viel."
Schätzungen gehen davon aus, dass rund jede fünfte Schwangerschaft in Deutschland in einer Fehlgeburt endet. Jede dritte Frau hat mindestens eine Fehlgeburt in ihrem Leben.
Auch ein vor der Geburt verstorbenes Kind ist ein Kind
Doch Franks Organisation "Sternenband" richtet sich nicht nur an die Mütter. Auch Väter fragen das Band an, wollen zeigen, dass ein Kind fehlt.
Nebenbei leitet Frank außerdem eine Trauergruppe und bietet Trauerbegleitung und SOS-Gespräche an und hält Vorträge. Die Arbeit rund ums Sternenband nimmt ihre volle Arbeitskraft in Anspruch. Dennoch verdient sie damit kein Geld, wie sie sagt. Sie werde von ihrem Mann unterstützt, ohne den sie das nicht machen könnte, sagt Frank. "Sternenband" selbst ist seit dem vergangenen Jahr offiziell gemeinnützig und finanziert sich über Spenden.
Für Menschen, die Betroffenen in ihrem Umfeld haben, hat Frank einen Rat: "Seht die Mama als Mama, seht das Kind als Kind und damit ist eigentlich schon unglaublich viel geholfen."