Analyse | AfD-Erfolg bei Kommunalwahlen - "In Brandenburg wird Rechtsextremismus nicht mehr als Problem wahrgenommen"
Es ist ein eindeutiges Ergebnis: In Brandenburg hat die AfD das erste Mal die Kommunalwahlen gewonnen. Aber ist es auch überraschend? Nein, sagt Olaf Sundermeyer, Extremismus-Experte des rbb. Die Zustimmung habe sich lange angekündigt.
Wie ist der AfD-Erfolg zu erklären? - Mit dieser Frage beschäftigt sich am Montag um 20.30 Uhr im rbb Fernsehen die Reportage "AfD – Plötzlich Volkspartei".
Die Stärke der AfD bei den Kommunalwahlen in Brandenburg war nach Einschätzung des rbb-AfD-Experten Olaf Sundermeyer bereits lange vor der Wahl abzusehen. "Wenn man sich die vergangenen Wahlergebnisse der AfD anschaut - so bei den vergangenen Landratswahlen im Landkreis Dahme-Spreewald - kam da die AfD bereits auf 35 Prozent." Sundermeyer nennt dieses Ergebnis einen Frühindidator - ebenso wie die Landratswahlen im Havelland zuletzt.
"Havelland - das war vor zwei Wochen. Dort hat die AfD fast exakt das Ergebnis bekommen, wie nun landesweit", so Sundermeyer. Dass die Partei stärkste Partei geworden ist bei den Kommunalwahlen in Brandenburg, überrasche also nicht. Diese breite Zustimmung für die AfD sei Beleg für eine Normalisierung des Rechtsextremismus, so Sundermeyer.
Menschen in Brandenburg betrachteten sich nicht als das Ziel von rechtsextremen Anklagen
Die Normalisierung der rechtsextremen Haltungen der AfD in der Fläche sei in Brandenburg so weit fortgeschritten im Laufe der vergangenen Jahre, dass man das auch sehr leicht an den Debatten in den Kommunen und Rathäusern beobachten könne: "Hier in Brandenburg wird der Rechtsextremismus nicht mehr als Problem wahrgenommen."
Beobachtung durch den Verfassungsschutz - für viele Brandenburger kein Problem
Hans-Christoph Berndt etwa, der Fraktionsvorsitzende der AfD im Brandenburger Landtag, kokettiere in er Öffentlichkeit damit, dass er vom Verfassungsschutz als Rechtsextremist identifiziert worden sei, so Sundermeyer. Und dies treffe nicht nur auf ihn zu: "Man macht sich darüber lustig, weil viele Menschen in Brandenburg genau das nicht als Problem wahrnehmen."
Sundermeyers Erklärung für diese Akzeptanz des Rechtsextremismus ist die zum Teil nur eingeschränkte Beachtung dieser Gefahrenwarnung des Verfassungsschutzes. Viele Menschen in Brandenburg betrachteten sich eben nicht als das Ziel rechtsextremer Geißelungen und Anklagen: "Weil sie sich nicht bedroht fühlen und ganz andere Probleme sehen: etwa die unkontrollierte Zuwanderung oder den Krieg in der Ukraine." Sie fühlten sich hier in Brandenburg eben nicht bedroht durch die Attacken und Feindbilder der AfD. "Für sie ist die AfD und der Rechtsextremismus per se kein Problem."
Rat an die anderen Parteien: "Einfach Politik machen!"
Die gesamte Berichterstattung über die AfD und die Skandalisierung ihrer Haltungen und Aktionen liefen komplett ins Leere, ebenso wie sämliche Enthüllungen über die AfD in den vergangenen Monaten.
Sundermeyer rät den anderen Parteien als besten Weg für den Umgang mit der Afd, "einfach Politik zu machen". Es gehe etwa darum, präsent zu sein: "Die AfD ist insbesondere im Süden Brandenburgs sehr viel präsenter als beispielsweise die CDU oder die SPD dort vor Ort."
"Die SPD als die federführende Partei in Brandenburg über Jahrzehnte ist etwa im Süden des Bundeslandes bei weitem nicht so präsent wie die AfD, die sich dort auf jeden lokalen Protest draufsetzt - geht es nun gegen Windräder oder Asylbewerberunterkünfte." Die AfD sei dabei immer sofort vor Ort vorsammle und Leut hinter sich bringt, die Unzufriedenhiet hinter sich bündelt".
Radikalisierung auch der Anhänger schreitet voran
Gleichzeitig schreitet Sundermeyer zufolge eine Radikalisierung auch der Anhänger voran. Das geschehe etwa mit Bündnissen und Initiativen. Sundermeyer nennt als Beispiel eine Mittelstandsinitiative in Brandenburg oder die Bauernproteste. All das seien Punkte, wo die AfD angeknüpft habe und auch die Energie dieser Proteste für sich habe nutzen können. "Die anderen Parteien stehen da nur an der Seitenlinie und schauen tatenlos zu."
In der Reportage "AfD - Plötzlich Volkspartei" (Heute Abend, 20.30 Uhr im rbb) begleitet Sundermeyer AfD-Aktivisten und Politiker der Partei.
Sendung: Radioeins, 10.06.2024, 08:40 Uhr
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