Cottbus nach Sieg gegen GFC - "So ein Publikum hat es dann auch irgendwann einfach verdient"
Der Sieg im Spitzenspiel gegen den Greifswalder FC hat eine neue Euphorie rund um Energie Cottbus entfacht. Doch auch der rauschhafte Fußballabend hat den nüchternen Blick auf den komplizierten, restlichen Spielplan nicht vernebelt. Von Shea Westhoff
Es gibt diese Fußballspiele, die einen Unterschied machen. Die hervorstechen aus der gleichförmigen Abfolge von Spieltagen im dicht bepackten Rahmenterminkalender. Manchmal sind es sogar Partien, von denen Zuschauer und Spieler noch Jahre später sagen werden: "Weißt du noch, damals?"
Zumindest aus Sicht all jener, die es mit dem FC Energie Cottbus halten, dürfte das Aufeinandertreffen mit dem vorübergehend gestürzten Regionalliga-Primus Greifswalder FC am Freitag ein solcher Fußballabend gewesen sein. Und nach dem Abpfiff lieferten TV-Bilder einen guten Eindruck von dem, was im Cottbuser Stadion vor sich ging.
Cottbuser Hexenkessel
Die Begegnung war längst zu Ende, FCE-Trainer Claus-Dieter Wollitz gab ein Interview, und hinter ihm waren die noch immer dicht besetzten Tribünen zu sehen, auf denen die Fans Gesänge anstimmten. "Schauen Sie sich das an", sagte der überwältigte Wollitz also ins rbb-Mikrofon. "Das ist vierte Liga, keiner geht nach Hause." Zu seiner Mannschaft sage er stets: "Wenn so viele kommen, ist das eine Anerkennung für das, was ihr leistet."
Wenn sich die Anerkennung der Fans tatsächlich anhand von Zuschauerzahlen quantifizieren lässt, dann war sie am Freitagabend so groß wie zuvor noch nicht in der laufenden Spielzeit: Mehr als 18.000 Gäste, hauptsächlich Cottbuser Anhänger, sorgten lautstark dafür, dass sich die ohnehin mit Spannung erwartete Spitzenpartie in ein hochintensives Fußballspektakel verwandelte. Und es verdient Anerkennung, wie effizient die Mannschaft um Kapitän Jonas Hildebrandt inmitten dieses Hexenkessels agierte. "Es ist keine ganz einfache Situation, vor so einem fantastischen Publikum mit so einem Druck umzugehen", sagte Wollitz.
"Können auch eklig sein"
Anderthalb Torchancen münzten die Hausherren eiskalt, in Manier eines Topklubs, in eine frühe 2:0-Führung um: Nach fünf Minuten warf sich Timmy Thiele in die scharfe Hereingabe von Jonas Hofmann und vollstreckte mit dem linken Fuß unhaltbar, gut zehn Minuten später hielt Toptorjäger Tim Heike aus einer wenig aussichtsreichen Position hinter dem Strafraum stramm drauf – was den Greifswalder Torhüter Jakub Jakubov offenbar so überraschte, dass er die Kugel ins eigene Tor faustete.
Doch bei aller Treffsicherheit: Dem angereisten Tabellenführer wurde zunächst ebenfalls Zeit und Raum gewährt, um eigene Angriffe aufzuziehen. Gerade im ersten Durchgang gelangen die Greifswalder immer wieder nah vor den Strafraum der Heimmannschaft. Mehrfach nahmen Cottbuser Abwehrleute Eckstöße für Greifswald in Kauf, um brenzlige Situationen zu entschärfen.
Jonas Hildebrand sah es allerdings als Ausweis der eigenen Vielseitigkeit, dass Cottbus das Spiel auch ohne drückende Überlegenheit gewann: "Mal tiefer zu stehen, dem Gegner auch mal den Ball zu geben", sagte er nach der Partie, "das war ein gutes Zeichen für uns, dass wir auch eine eklige Mannschaft sein können und nicht nur gut sind, wenn uns der Gegner den Ball gibt." Auch nach dem Anschlusstreffer durch Can Coskun gerieten die Hausherren nicht ins Wanken, sondern verwalteten die knappe Führung letztlich souverän.
Jetzt geht es nur noch um den Aufstieg
Der als emotional bekannte und geschätzte Claus-Dieter Wollitz ließ nach der zwischenzeitlichen Eroberung der Tabellenführung nur kurz seinem Überschwang freien Lauf: "Ich bin mir sicher, dass das der Brustlöser war" und dass "wir alle Chancen haben, dieses Jahr endlich diesen Schritt zu gehen." Gemeint war natürlich der herbeigesehnte Aufstieg in die 3. Liga und damit die Rückkehr ins Profigeschäft. Doch Wollitz fügte hinzu, dass man auch in der großen Euphorie vorsichtig bleiben müsse. Adressiert an die immer noch feiernden Fans auf den Tribünen sagte er: "Aber so ein Publikum hat es dann auch irgendwann einfach verdient."
Allerdings bleibt das Rennen um den einen Aufstiegsplatz offen, auch wenn die Niederlage des BFC Dynamo bei Viktoria Berlin am Samstag den Cottbusern perfekt in die Karten spielte. Timmy Thiele betonte nach dem Erfolg gegen Greifswald: "Das ist ein wichtiger Sieg vor einer tollen Kulisse gewesen. Es bringt nur nichts, wenn wir jetzt nicht nachlegen." Fünf Regionalligapartien sind es noch, darunter schwierige Begegnungen beim Babelsberg 03 und natürlich beim direkten Aufstiegskonkurrenten BFC Dynamo. Beides knifflige Auswärtsaufgaben – die Energie Cottbus dann ohne die Überlegenheit des eigenen Anhangs wird lösen müssen.
Sendung: rbb UM6, 13.04.2024, 18 Uhr