Konstituierende Sitzungen - Kreistage in Barnim und Uckermark üben sich im Umgang mit starker AfD
Die Kreistage in der Uckermark und Barnim haben sich konstituiert. In der Uckermark wollte die AfD den Kreistagsvorsitz übernehmen – und scheiterte. In beiden Kreisen wurden jedoch AfD-Politiker zu Stellvertretern gewählt - mit Stimmen anderer Parteien.
Mehrere Kreistage sind am Mittwoch in Ostbrandenburg zu ihren konstituierenden Sitzungen zusammengekommen. Fast vier Wochen nach der Brandenburger Kommunalwahl am 9. Juni stellt nun die AfD in den Kreistagen der Uckermark und des Barnim die größte Fraktion. In beiden Kreistagen versuchte die Partei, wichtige Posten mit Stimmen aus anderen Parteien zu erlangen. Das gelang der AfD - zumindest teilweise - in beiden Landkreisen.
In Barnim wurde zunächst der CDU-Politiker Othmar Nickel als Kreistagsvorsitzender wiedergewählt. Als einziger Kandidat bekam er 53 von 54 Stimmen. "Anscheinend habe ich in der letzten Legislatur viele Dinge nicht so schlecht gemacht und das Vertrauen fast aller Kreistagsabgeordneten bekommen. Das ist eine große Herausforderung", sagte er direkt nach seiner Wahl.
AfD-Politiker mit Stimmen anderer Parteien gewählt
Die erste Herausforderung ließ nicht lange auf sich warten: Ein Linken- und ein AfD-Kandidat konkurrierten um den Posten des ersten Stellvertreters. Der AfD-Politiker Marco Länger aus Ahrensfelde wurde mit 25 Stimmen gewählt – sein Gegner bekam nur eine Stimme weniger. Da nur zwölf AfD-Abgeordnete an der Wahl teilnahmen, müssen die übrigen 13 Stimmen aus anderen Parteien gekommen sein.
"Da sieht man, wie stark Brandmauern sind. Ich gehe davon aus, dass es einige Kollegen der CDU gewesen sind", sagte Linken-Fraktionschef Lutz Kupitz. "Das ist für uns ein Zeichen, dass wir klare Kante zeigen müssen. Demokratische Kandidaten abzulehnen ist sehr heftig", so der Linken-Politiker.
CDU bestreitet, AfD-Kandidaten gewählt zu haben
Der CDU-Fraktionsvorsitzende im Barnimer Kreistag, Daniel Sauer, widersprach: "Alle haben an einer Geheimwahl teilgenommen Ich kann nachvollziehen, dass die Linke damit nicht zufrieden ist, dass ihr Kandidat nicht durchgekommen ist", so Sauer.
Der neue stellvertretende Vorsitzende deutete Absprachen vor der Abstimmung an, ohne sie konkret zu benennen. "Überrascht bin ich nicht. Wir haben im Vorfeld viel miteinander gesprochen", sagte Länger. "Ich hoffe, dass wir alle gemeinsam zusammenarbeiten können – alle Fraktionen", so der AfD-Politiker.
Der Brandenburger Verfassungsschutz ordnet den AfD-Landesverband als rechtsextremistischer Verdachtsfall ein.
Als zweite stellvertretende Vorsitzende des Barnimer Kreistages wurde Martina Maxi Schmidt von der SPD gewählt. Der FDP-Politiker Götz Trieloff ist dritter stellvertretender Vorsitzender.
In der Uckermark scheiterte die AfD mit ihrem Vorhaben
Auch im benachbarten Landkreis Uckermark bildet die AfD mit 16 Abgeordneten die stärkste Fraktion. Dort wurde am Mittwoch ebenfalls ein CDU-Politiker zum Kreistagsvorsitzenden gewählt – mit 29 von 51 Stimmen. Die AfD warf den anderen Parteien deswegen Kungelei vor.
"Es ist demokratischer Usus, dass die stärkste Fraktion in dem jeweiligen Gremium den Vorsitzenden stellt. Die CDU hat damit nur bewiesen: Es geht ihr schlichtweg nur um die Posten", sagte Klaus-Martin Bastert, AfD-Fraktionsvorsitzender im Kreistag. "Das ist reine Schacherei und hat mit der demokratischen Gepflogenheit gar nichts mehr zu tun."
Der neu gewählte Kreistagsvorsitzende Thomas Neumann (CDU) wies die Vorwürfe der Vetternwirtschaft zurück. "Die zwei Drittel der Menschen in der Uckermark, die an der Wahl teilgenommen haben und sich nicht für die AfD entschieden haben, haben durchaus ein Anrecht, demokratisch vertreten zu werden."
Landrätin: Abgeordnete sollte im Sinne des Kreises entscheiden
"Mit der AfD verbinden uns eigentlich gar keine Ziele und Werte", sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Christian Hartphiel. "Wir arbeiten natürlich in Fachausschüssen mit diesen Kollegen auch zusammen, aber wir werden keine gemeinsamen Anträge einbringen oder Anträge der AfD unterstützen."
Zum ersten stellvertretenden Vorsitzenden wurde in der Uckermark die SPD-Politikerin Susan Jahr gewählt. Zweiter Stellvertreter wurde Jörg Rakow von der AfD, der gegen einen linken Politiker kandidiert hatte. Rakow bekam 33 Stimmen, sein Gegner nur 18. Der AfD-Kandidat konnte sich auch hier nur dank Stimmen aus anderen Parteien durchsetzen.
Bei der konstituierenden Sitzung ging es auch um die Besetzung vieler Ausschüsse und die Entsendung von Vertretern in Aufsichtsräte. Die zehn Parteien, Bündnisse und Einzelbewerber, die in den Kreistag der Uckermark einzogen, zeigten dabei überwiegende Einigkeit im Abstimmungsverhalten. "Ich hoffe, dass auch in den nächsten fünf Jahren, alle das Wählervotum so verstehen, dass sie im Sinne des Kreises Uckermark ihre Entscheidung fällen", sagte dazu Landrätin Karina Dörk (CDU).
Sendung: Antenne Brandenburg, 04.07.2024, 15:20 Uhr
Mit Material von Georg-Stefan Russew und Riccardo Wittig