Pläne des Bezirks - Taxi-Vertreter kritisieren Wegfall ihrer Halteplätze vor Berliner Hauptbahnhof

Mi 27.09.23 | 06:05 Uhr | Von Stephan Ozsváth
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Taxen am Berliner Hauptbahnhof (Quelle: dpa/K-H Spremberg)
Audio: rbb24 Inforadio | 27.092.2023 | Stephan Ozsváth | Bild: dpa/K-H Spremberg

Der Bezirk Mitte will die An- und Abreisemöglichkeiten am Berliner Hauptbahnhof verbessern - gerade E-Scooter und Fahrräder sollen besser abgestellt werden können. Bei der Umgestaltung haben die Taxi-Fahrer das Nachsehen. Von Stephan Ozsváth

Am Haupteingang des Berliner Hauptbahnhofs macht ein Musiker auf sich aufmerksam, ein Verkäufer bietet Obdachlosenzeitungen feil, Reisende drängeln sich durch die Türen. Und auf dem Europaplatz warten einige Taxen auf Kundschaft. Das sollte auch so bleiben, findet Richard Leipold von der Berliner Taxivereinigung, der etwa 50 Unternehmen vertritt.

Zu einem funktionierenden Bahnhof in einer Großstadt wie Berlin gehörten auch Taxihalteplätze - und zwar zentral: "Ein Taxihalteplatz vor einem Hauptbahnhof ist die Visitenkarte einer Stadt", so Leipold. Diese Visitenkarten "das Klo runterzuspülen", hält der Taxiunternehmer für unklug.

Bezirksamt Mitte setzt auf "klimafreundliche Mobilität"

Das Bezirksamt Mitte hat nämlich solche Pläne: Es will auf dem Vorplatz zusammen mit den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) einen Jelbi-Stützpunkt errichten - einen Stellplatz für E-Bikes, -Roller und -Mopeds. Rund um den Hauptbahnhof sollen zudem insgesamt 140 Fahrradstellplätze entstehen, heißt es in einer Pressemitteilung des Bezirksamtes. Schrottfahrräder würden entfernt.

"Die Taxi-Abfahrt erfolgt zukünftig ausschließlich auf dem Washingtonplatz südlich des Bahnhofs", heißt es weiter. Der Taxi-Ausstieg sei in der Tiefgarage möglich. "Von dort aus ist mit kurzen Fußwegen ein barrierefreier Zugang zur passenden Ebene im Bahnhof gewährleistet", argumentiert das Bezirksamt.

Die zuständige Bezirksstadträtin Almut Neumann (Grüne) freut sich, mit der Deutschen Bahn und der BVG "klimafreundliche Mobilität" zu stärken und einen "angenehmen Ort für alle" zu schaffen.

Stau in der Tiefgarage droht

"In der Tiefgarage kann man schon seit Jahren Fahrgäste absetzen", argumentiert Danielo Baltrusch von der Berliner Taxi-Innung. 15-minütige Halts seien kostenlos. Aber er rechnet mit Staus in der Tiefe, "wenn das massenweise passiert". Auch weil Privatpersonen künftig die Tiefgarage für das Bringen von Reisenden nutzen sollen. Ein weiteres Problem: Großraumtaxen passen nicht durch die Einfahrt. "Man müsste das Taxischild abbauen", sagt Baltrusch. Damit würden die Taxifahrer aber gegen Vorschriften verstoßen.

Auch potentielle Fahrgäste sind nicht begeistert von der Idee, im Bauch des Bahnhofs aus dem Taxi zu steigen. "Tiefgarage wäre ein bisschen schwierig, als Frau", sagt eine Reisende am Hinterausgang des Bahnhofs. Auch für Behinderte oder Familien mit Kindern sei es "nicht so toll, nachts in der Tiefgarage auszusteigen", pflichtet ihre Begleiterin bei. Die meisten Reisenden schätzen den bequemen Gang zum Taxi am Vorderausgang, "gerade nach einer langen Zugreise", sagt eine Frau. "Ich finde es so praktischer", sagt ein anderer Reisender, "dann sollte man es so lassen, wie es ist".

Richard Leipold (Quelle: rbb/Stephan Ozsvath)
Richard Leipold von der Berliner Taxivereinigung. | Bild: rbb/Stephan Ozsvath

Südkreuz als positives Beispiel

Als positives Beispiel für ein gutes Mobilitätskonzept preist der Vorsitzende der Berliner Taxivereinigung Richard Leipold den Bahnhof Südkreuz. Dort gebe es "einen großen Vorplatz, wo sie a) die Taxen haben, b) die Leute in den Omnibus steigen können. Und sie haben genügend Platz, um dort auch Fahrräder abzustellen". So ein Konzept wünsche er sich überall. "Der Bahnhof, den ich mir als Fahrgast nicht wünsche, ist der Hauptbahnhof oder Ostkreuz", so Leipold weiter.

Die Taxen auf die Rückseite des Hauptbahnhofs zu verbannen, nutze nur der Konkurrenz, sagt Danielo Baltrusch von der Taxi-Innung, Lobby-Verband für 180 Mitglieder, die mehr als 5.000 Taxen betreiben. "Wir werden immer weiter weggeschoben", sagt er, "für uns kommen die Uber vorgefahren, die nicht auf Taxenordnung und Vorschriften Rücksicht nehmen müssen".

Vertreter von Senat, Bezirk, Bahn und Taxi-Innung hatten in mehreren Sitzungen über das Konzept für den Hauptbahnhof gesprochen. Die Senatsverkehrsverwaltung habe die "Federführung", teilte die ebenfalls eingebundene Bauverwaltung mit. Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) wollte sich auf rbb-Anfrage nicht äußern.

Sendung: rbb24 Abendschau, 26.09.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Stephan Ozsváth

76 Kommentare

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  1. 76.

    Unfassbar provinzielle Politiker, die noch nie auch mal andernorts ein Taxi am Bahnhof benutzt haben um zu sehen, wie unfassbar scheiße das schon jetzt am Hbf in Berlin ist!

  2. 75.

    Genauso ist es.
    Reisende am Hauptbahnhof wollen doch nichts anderes als mit ihrem Rollkoffer und Rucksack schnellstmöglichst einen E-Roller kapern. Sicher passt auch der/die Mitreisende noch mit drauf, man spart sich ja sonst nix.
    EINFACH NUR NOCH BEKLOPPT!
    Wann kneift mich endlich mal jemand, damit ich aus diesem Alptraum aufwache.

  3. 74.

    Neudeutsch heißt es User experience/ human Factor Design - ein Hbf sollte intuitiv verständlich und nutzbar sein. Wohin gehe ich wenn ich ein Taxi will? Nach draußen. Was erwarte ich auf dem Vorplatz? Einen Taxistand. Südkreuz forever! Daß es solche Ideen aus dem Brainstorming aus dem Raum als konkrete Pläne in die Zeitung geschafft haben ist unglaublich. PS Hamburg erlaubt keine uber da deren Geschäftsmodell legal nicht funktioniert. Mal nachlesen!

  4. 73.

    viele Fahrgäste laufen Richtung Europaplatz weil dort die Tram und die wichtigsten Busse abfahren und zum Taxi weil es der kürzeste Weg ist. Ein Wegfall wäre unsinnig und nicht kundenfreundlich!
    Großraum Taxen passen gar nicht in die Tiefgarage 2m Deckenhöhe.

  5. 72.

    Vor allem,was haben wir mit Unordnung zu tun das der Bezirk die Entscheidung mit aufräumen mit- begründet???

    Dann sollen sie gleich Bezirkweit mit Mietwagen aufräumen statt die Taxis zu diskriminieren!
    Der Bezirk ist nämlich von Scheinfirmen befallen,das Nest ist Brunnenstr/Bernauer Str im Hinterhof

    Kommunen hätte Angst vor von uber und Co verklagt zu werden aber vor eine Klage von uns nicht !!!
    Da wir ja durch den Senat und Bezirken an unsere Arbeit verhindert werden!

    Einzig allein Taxifeindlich und das hat nichts mit jelbi zu tun sondern Bezirk Mitte will uber und Co salonfähig machen!

    Nur weiter so denn eine politische Partei bedankt sich dafür das solche Fehlentscheidungen getroffen werden,bei den letzten Umfragen liegt die auf 20%+

    Dann stellt sie spätestens in 4 Jahren den Bürgermeister/Bundeskanzler!!!

  6. 71.

    Taxis auf die „Rückseite“ des Hauptbahnhofs abschieben, zugunsten von E-Scooter-Stellplätzen?
    Irrsinniger gehts kaum. Wird Zeit, dass Berlin ganz schnell dem Pariser Beispiel folgt und die E-Scooter aus der Stadt verdammt werden.

  7. 70.

    Es gehören mindestens 2 Parteien dazu!
    Wer weiß was vorgefallen ist!

    Aber darum geht's ja auch nicht.Sondern wie Passagiere und Taxis durch den Bezirk Mitte in unzumutbare Situation gebracht werden !

    Bin der gleiche Ansicht das das Konzept von Südkreuz auch am Hauptbahnhof funktioniert.

    Für diese Schikane können E-Roller und Fahrräder Abstellplätze nicht der Grund sein !!!

  8. 69.

    1. eindruck am hbf ist dreck u chaos. Zeit, etwas dagegen zu tun. Tiefgarage um 22h. am bahnhof dieser sog. metropole ist um 10pm sowieso tote hose

  9. 68.

    "Bezirke entmachten. Vorher passiert nichts. Ein Bezirk hat das Sagen über einen "Hauptstadtbahnhof". Gehts noch? Der Hauptmann von Köpenick läßt grüßen."

    Danke. Dem kann man nur zustimmen!

  10. 67.

    Ortskundigenprüfung? Gibt es doch seit Navi Zeiten schon lange nicht mehr.

  11. 66.

    Hallo Alex!
    Toller Kommentar, nur leider kann man den Taxifahrer mit dem Fahrradfahrer, den Über Fahrer mit dem Rollerfahrer, und schnell Wohin mit Jedem Verkehrsteilnehmer gleichsetzen!! Als ehemaliger Fahrradfahrer, haben die heutigen Fahrradfahrer und Rollerfahren den gleichen Respekt verdient wie Ihre Taxifahrer, nämlich,, Keinen "!!! Das hat sich die leider rückständige Zweiradlobby erarbeitet, was nicht nur Ich so sehe sondern auch anständige Zweiradfahrer, Fußgänger, Transporteure, auch Taxifahrer, u.m.! Wir dürfen natürlich nicht alle, -innen vergessen! Das Gelände gehört Jedem Verkehrsteilnehmer, wobei die Taxiinnung schon Klimafreundlicher ist als so manches Zweirad was mit Strom fährt ( aus Französischen Atomstrom, Polnischen Kohlekraftwerksstrom, oder Solarspiegeln die einen Temperaturanstieg zur Folge haben )! Sehen Sie das bitte nicht als Kritik an Ihnen, da Jeder Mensch andere Erfahrungen gesammelt hat und interpretiert! Dieses Projekt ist zum Scheitern verurteilt!!!

  12. 65.

    Bezirke entmachten. Vorher passiert nichts. Ein Bezirk hat das Sagen über einen "Hauptstadtbahnhof". Gehts noch? Der Hauptmann von Köpenick läßt grüßen.

  13. 64.

    Und genau diese Ortskundeprüfung ist der Vorsprung des Taxifahrers vor dem Mietwagenfahrer. Dazu die regelmäßige Gesundheitssprüfung der Fahrer, die techn. Prüfung der Fahrzeuge, geeichte Taxameter, die vorhandene Versicherung etc. Alles Dinge, die die Mietwagenfirmen nicht sicher stellen, da sie ja "nur als Vermittler auftreten".
    Finden Sie den Unterschied?

  14. 63.

    Wieder jemand, der Uber & Co. auf den Leim geht wie wohl auch die Bezirksstadträtin. Taxen gehören zum ÖPNV und müssten entsprechend im Verkehrskonzept mitgemacht werden. User u.ä. müssen den Regeln entsprechend nach jeder Fahrt zurück in ihr Depot und verursachen klimaschädliche Leerfahrten.
    Weil sich die App-Jünger nicht an die Vorschriften halten und damit die Stadt überfluten, muss man ihnen keinen roten Teppich ausrollen.

  15. 62.

    Mein Mitgefühl und meine Sympathie haben die Taxifahrer schon lange verloren. Das Verhalten der meisten im Straßenverkehr entbehrt jeglicher Rücksicht und ignoriert die geltenden Geschwindigkeitsbegrenzungen. Klar muss der Fahrgast schnell irgendwohin aber das ist keine Rechtfertigung. Dasselbe gilt auch für die meisten Uberfahrer.

  16. 61.

    Mit Fahrrad, E Bike und Moped zum Hauptbahnhof, die Idee hat was. Gibt es eigentlich nur noch Irre in dieser Stadt?

  17. 60.

    Von Unterhaltungen mit Fahrgästen die am Umland Ostkreuz leben wissen wir das die DB plötzlich taub geworden ist!

    Am Ostkreuz ist weder an Hauptstr. noch an der Sonntagstrasse Taxistände,obwohl mehrere Fahrgäste die DB angefragt haben,bis heute taub und stumm!

  18. 59.

    Ich habe mir auch gerade bildlich vorgestellt, wie klimafreundlich reisende Berliner oder Touristen auf e-Scootern balancierend ihr Gepäck zum Bahnhof befördern. Was denken die Spezialisten im Senat und bei der Bahn sich eigentlich? Wer solche Pläne schmiedet ist höchstwahrscheinlich selbst noch nie mit dem Zug verreist und hat das wohl auch zukünftig nicht vor oder hat sein Personal.
    Ein Bahnhof ist dann ein "angenehmer Ort", wenn er bequem erreichbar ist, sauber und übersichtlich ist, kurze und gut ausgeschilderte Wege hat, der Service stimmt und nötige Wartezeiten angenehm überbrückt werden können. Die Verbannung von Taxis zugunsten von E-Scooter Stellplätzen oder ein paar dahin vegetierenden Kübelpflanzen sind da nach meiner Ansicht wenig attraktivitätssteigernd.
    Mir scheint, die DB hat immer noch nicht begriffen, was Bahnreisenden wirklich wichtig ist.

  19. 58.

    Wann hört die chaotische grüne Verdummungsplanung endlich auf... Frau Schreiner bitte greifen Sie ein.. Wer dann "nur" einen Roller oder Fahrrad bei Ankunft benötigt eben vorher per App bestellen im verschlossenen festmontierten Stand abholen! Wird sicher bei den jungen dynamischen Reisenden die nur mit Mobilfunk existieren genutzt Der Restplatz bitte nur Taxis mit Schein zur P. - Beförderung alle privaten in die Tiefgarage und dann ist auch der Vorplatz kontrolliert sauber zu halten...

  20. 57.

    Laut geltenden Recht gehört das Taxigewerbe zum ÖPNV, es gehört also nicht aufs Abstellgleis.
    Das der BER von Brandenburg quasi zur Alleinherrschaft okkupiert wurde ist eine Berlin/Brandenburgische Besonderheit. Der BER ist ein Flugplatz der Metropolenregion, wie alle anderen Flughäfen in Deutschland auch. Nur in Berlin/Brandenburg wurde zugelassen, dass er von einem kleinen Landkreis okkupiert.
    Man schaue auf München, Frankfurt, Köln-Bonn und andere, da funktioniert das Angebot fürs Taxi.

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