Kürzungen im Kulturhaushalt - Berlin nimmt Abschied vom Museumssonntag

Mo 02.12.24 | 09:29 Uhr | Von Annette Kufner
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Am letzten kostenlosen Museumssonntag, warten am 01.12.2024 Besucher in einer langen Schlange vor der Alten Nationalgalerie. (Quelle: rbb/Petra Gute)
Audio: rbb24 Inforadio | 02.12.2024 | Annette Kufner | Bild: rbb/Petra Gute

Museumsbesucher konnten am Sonntag in Berlin Geschichte, Technik und Kunst aller Art komplett kostenlos erleben. In der Form zum letzten Mal – der Museumssonntag, der die kulturelle Teilhabe aller Berliner:innen stärken sollte, ist nun Vergangenheit. Von Annette Kufner

Es "schmerzt", es "tut weh", es "führt zu nichts Gutem". So kommentieren zwei Besucher der Berlinischen Galerie, der eine jung, der andere im Rentenalter, am Sonntag die Sparpläne des Senats. Sie sind sich einig: Es sei ein Fehler, den Museumssonntag zu streichen, sagen sie.

Sie sind nicht die Einzigen. Auch nebenan, im Haus der Dinge am Spittelmarkt scheint die Meinung der Besucher einhellig: Gespart werde an der falschen Stelle. Der Museumssonntag gehöre zur kulturellen Grundversorgung, sagen sie.

Er war 2021 noch vom rot-rot-grünen Senat eingeführt worden, um allen Berliner:innen kulturelle Teilhabe zu ermöglichen. Seit dem Start des Aktionstages am jeweils ersten Sonntag im Monat zählten die Veranstalter mehr als 2,2 Millionen Besucher.

Doch die am Wochenende waren die letzten, der Museumssonntag ist nun Vergangenheit. Die zwei Millionen Euro, die der Berliner Senat bislang dafür bereitstellte, stehen auf der Streichliste der schwarz-roten Koalition. Mit dem Geld wurden unter anderem die Einnahmeausfälle ausgeglichen, die der kostenlose Eintritt bei den städtischen Museen verursachte. Ohne den Zuschuss können sie das Angebot nicht fortführen.

Förderung gerade für kleine Häuser entscheidend

Gerade kleine Häuser, wie das Museum der Dinge am Berliner Spittelmarkt, können den kostenfreien Museumssonntag allein nicht stemmen. Sie haben keine Rücklagen, sagt die Leiterin des Hauses, Florentine Nadolni: "Es ist sehr bitter, weil es nun doch davon abhängt, ob man das nötige Kleingeld hat, sich einen Kulturbesuch leisten zu können."

Im Museum der Dinge ist außerdem auch das nicht-kostenlose Programm in Gefahr. Laut Kürzungsliste soll das Haus zusätzlich eine viertel Million Euro einsparen. Das sind mehr als 20 Prozent seines gesamten Etats.

"Das würde im Grunde bedeuten, dass wir überhaupt kein Programmbudget mehr haben", sagt Nadolni. "Keine Ausstellungen, keine Veranstaltungen, keine Vermittlungsformate – weder für Kinder und Jugendliche noch für Erwachsene. Und das reicht nicht: Zwanzig Prozent bedeuten Stellenreduzierungen."

Auch die staatlichen Museen brechen weg

Die Sparpläne des Senats wirken sich auch auf die Museen aus, die von den Berliner Geldern gar nichts bekommen – etwa die Häuser auf der Berliner Museumsinsel. Sie werden vom Bund oder privat finanziert. Aber auch sie geben den Museumssonntag nun auf.

Die Häuser hatten sich dem Berliner Projekt mit eigenen Mitteln angeschlossen, sagt Moritz van Dülmen. Er ist Geschäftsführer der Kulturprojekte Berlin, die sich bislang um Koordination und Werbung für den Museumssonntag kümmerten – ebenfalls finanziert aus den zwei Millionen Euro, die der Senat bereitstellte.

Wenn die städtischen Museen wegbrechen – samt Werbemittel und Koordination – dann entfalle der Event-Charakter des Museumssonntags, sagt van Dülmen. Dann gebe es auch für die anderen keinen Anlass, weiterzumachen. Der Museumssonntag sei eben eine Berliner Initiative gewesen, so van Dülmen. Wenn keiner mit gutem Beispiel vorangeht, dann hören auch die anderen auf.

Senat verteidigt Sparmaßnahmen in der Kultur

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hat die Sparmaßnahmen auch für den Kulturbereich zuletzt verteidigt und als dringend nötig bezeichnet. Es seien schmerzhafte Entscheidungen und der Senat habe sich das nicht leicht gemacht, sagte Wegner rbb24 Inforadio. "Wir haben einfach in den letzten Jahren in Berlin zu viel Geld ausgegeben." Es gehe um die Zukunftsfähigkeit der Stadt.

Insgesamt sollen nach den Sparplänen des Berliner Senats allein im Kulturetat rund 130 Millionen Euro wegfallen – das entspricht etwa zwölf Prozent der Ausgaben. Der Kulturetat für 2025 liegt dann bei rund 1,12 Milliarden Euro.

Sendung: rbb24 Inforadio, 02.12.2024, 09:00 Uhr

Beitrag von Annette Kufner

21 Kommentare

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  1. 21.

    Okay aber Ihre Antwort folgt einer unschlüssigen Logik, da Sie hier ohne Begründung das Thema Radwege aufmachen und nun anfangen, Menschengruppem gegeneinander auszuspielen (hier Autofahrende gegen Fahrradfahrende). Es handelt sich hierbei um einen beliebten und häufig angewandten Trick von Neoliberalen und Konservativen, um von den eigentlichen Problemen abzulenken. Wenn man nicht mehr weiter weiß und keine Lösungen hat, hetzt man Menschen gegeneinander auf. Eine sichere Infrastruktur für Radfahrende zu schaffen, ist m.E. notwendiger, als eine Bewerbung für Olympische Spiele oder eine Magnetschwebebahn.

  2. 20.

    Sie waren es, der das Thema von Museen abgelengt hat, und das war die passende Antwort, aus meiner Sicht

  3. 18.

    Mit unbedeutend hamse recht. Tue halt kund was mir in den Sinn kommt – wie Millionen andere Foristen auch.
    Objektiv betrachtet (s. Abb. Alte Nationalgalerie) ist zugegebener Maßen der vordergründiger Blick unzureichend, auch wenn m.E. genau das von mir Beschriebene neben Eigenerfahrung zu erkennen ist. Zudem erhalten Bedürftige in Not, ob politisch, sozial, körperlich, monetär) nach wie vor freien Eintritt. Ausgrenzung findet demnach nicht so hochdramatisiert statt wie von der Kulturszene propagiert. Das Freier-Eintritt-Modell folgt u.a. London, wo Lebenshaltungskosten unerträglich hoch sind und das Welfare System verglichen mit Deutschland als mickrig zu bezeichnen ist.

  4. 17.

    Nur weil ich zu dämlich war und mich wunderte über den Andrang bis mir ein Licht aufging.

  5. 16.

    Sie waren ja, trotz Jahreskarte, auch an den offenen Sonntagen im Museum, warum dürfen das andere Menschen Ihnen nicht gleich tun?

  6. 15.

    Interessant, dass Sie von Ihren eigenen unbedeutenden subjektiven Beobachtungen auf alle 2,2 Millionen Besuchenden schließen.

  7. 14.

    Ich weiß zwar nicht, was Ihre Antwort mit dem Schließen von Museen zu tun haben soll, aber Sie müssen ja wohl zugeben, dass die aktuelle Fahrradinfrastruktur in dieser Stadt nicht den Anforderungen an ein sicheres Teilnehmen im Straßenverkehr gerecht wird. Alle, die eine umweltfreundliche Alternative zum Auto nutzen wollen, sollten dies auch gefahrlos und sicher tun können. Sie als Autofahrer haben die Möglichkeit. Fahrradfahrende nicht. Viele europäische Metropolen sind Berlin hier um Welten voraus. Es ist möglich durchdachte Konzepte zu etablieren, bei denen alle gleichzeitig und gleichberechtigt am Verkehr teilnehmen können. Aktuell liegt ein Ungleichgewicht auf Autoverkehr.

  8. 13.

    Schon erübrigt sich das Thema. Wenn nur *Umsonst* die träge Masse bewegt, dann steht es um die Kultur deutlich schlechter als von Kulturschaffenden und -betreiber:innen hinausgeschrieen. Als Jahrekartenbesitzer Classiv Plus (118 €) seit Jahren bezweifle ich im Übrigen, dass gerade die sozial Bedürftigen das Angebot goutiert haben. Was ich an diesen Massentagen wahrgenommen habe, waren überwiegend Mittelschichtlern mit Kinderwägen, Schnäppchenjäger:innen, Eventgeilheit und Huldiger:innen des Schlangestehens wie vorm Club oder Gemüsedöner. M.E. leistet sich jede(r) Kultur, die/der es zu schätzen weiß. Leute geben ja auch über 100 € für Rammstein, Fußballstadion, Clubbesuch oder Flug nach Malle aus.

  9. 12.

    Nun ja, und manche Politiker träumen von radeldern Berlinern, als wenn Alter und Job keine Rolle spielt.

  10. 11.

    Mit der CDU in die Bedeutungslosigkeit! Das Land der Dichter und Denker schafft sich selbst ab.

  11. 10.

    Hier fallen Existenzen und Stellen weg und Wo-Kai-Wille-Ist-Da-Ist-Auch Kai Weg(ner)und seine (c)DU träumt von Magnetschwebebahnen und Olympischen Spielen

  12. 8.

    Deutschland und seine Kultur...
    Der Staat mit seiner Politik muss das berücksichtigen, denn alle Menschen sind gleich wertvoll und haben ein Recht darauf.

  13. 7.

    Warum ist es in Deutschland nicht möglich, die Daueraustellungen in staatlichen Museen wie in UK grundsätzlich kostenlos besuchen zu können? Steht Deutschland so viel schlechter da als UK selbst nach dem Brexit?

  14. 6.

    Gute Idee, aber die meisten Museen und Galerien haben da geschlossen. Dann doch lieber Dienstag oder Mittwoch, wäre mir lieber! Am Montag muß ich immer meinen Kater pflegen...

  15. 5.

    .....Gratiseintritt für alle Berlinbesucher am Museumssonntag- das habe ich bisher nicht wirklich verstanden....Wie wäre es mit einem Tag im Monat, an dem die Bürger, die auch in Berlin gemeldet sind, den Eintritt vergünstigt erhalten......?

  16. 4.

    Sorry: Eine Jahreskarte für ‚was‘?
    Ein wirklich toller Kommentar von ihnen! :-((

  17. 3.

    Anstatt die Verwaltung zu reformieren und die Zusammenarbeit zwischen Senat und Bezirken zu optimieren, wird nun diese Mini Maßnahme gefeiert

  18. 2.

    Eine Jahreskarte kostet ganze 25 Euro.

    Ich bitte euch, lasst doch dieses Gejammer.

    Die Verfasserin des Artikels selbst sollte besser recherchieren.

    Für viele ist der Eintritt nach wie vor kostenlos.

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