Augen auf beim Tannenkauf - Wenn der Weihnachtsbaum eine Pestizidschleuder ist
Er riecht gut, entzückt Kinder und sorgt insgesamt für ordentlich Stimmung: der Weihnachtsbaum im Wohnzimmer. Doch kommt er von einer Plantage, könnte es sein, dass das gute Stück Gifte ausdünstet.
Oft steht er schon lange vor Heiligabend im Wohnzimmer. Dort sollte von ihm natürlich kein gesundheitliches Risiko aufgrund ausdünstender Giftstoffe ausgehen. Im vergangenen Jahr hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland [bund.net] 19 Weihnachtsbäume aus Baumärkten, dem Straßenverkauf und direkt vom Erzeuger auf Pestizid-Rückstände untersuchen lassen. Das Ergebnis: Zwei Drittel der Bäume waren durchaus mit Giften belastet.
Was an Giftstoffen landet auf den Bäumen der Plantagen und warum?
Es werden Pestizide, also Herbizide, Insektizide und Fungizide eingesetzt. So sollen Schädlinge bekämpft und das Aussehen der Weihnachtsbäume perfektioniert werden – schließlich gilt es, die hohen Ansprüche der Kunden erfüllen zu können. Selbst das Totalherbizid Glyphosat wurde auf einzelnen Bäumen schon nachgewiesen. Auch die Umwelt belastender Kunstdünger kommt zum Einsatz.
In vier der 19 im Jahr 2023 getesteten Bäume wurden zudem drei Wirkstoffe gefunden, die in der EU keine Zulassung besitzen, sowie in zwei Bäumen ein Wirkstoff, der keine Zulassung für Weihnachtsbäume besitzt. Das bewertete der BUND schon bei der letzten Überprüfung vor vier Jahren als skandalös - solche Bäume dürften nicht verkauft werden.
Welche Gefahr geht von Pestiziden auf Weihnachtsbäumen aus?
Pestizide gefährden nicht nur die Artenvielfalt, Wildbienen und andere Insekten. Sie sind ebenso eine große Gefahr uns Menschen. Jährlich kommt es laut Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany) [pan-germany.org] weltweit zu Millionen von Vergiftungen mit Pestiziden. Vor allem die Landwirte selbst sind hier betroffen. Außerdem gelangen die Gifte in Böden und Gewässer.
Was machen die Pestizide dann im Wohnzimmer zuhause?
Von einer akuten Gesundheitsgefahr für Verbraucher sei aufgrund der geringen Konzentrationen in den Bäumen nicht auszugehen, heißt es vom BUND. Eine Ausdünstung der Stoffe in die Rauminnenluft und die Aufnahme über die Atemwege sei jedoch nicht auszuschließen. Die gefundenen Pestizide können sich laut Hölzel möglicherweise auch auf Menschen auswirken: "Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Pestizide in geschlossenen und beheizten Räumen in die Raumluft ausdünsten", sagt Corinna Hölzel, BUND-Pestizidexpertin.
Eine unmittelbare Gefahr für den Menschen bestehe aufgrund der nachgewiesenen Stoffe allerdings nicht, hieß es. Dennoch empfiehlt man beim BUND, regelmäßig zu lüften.
Wie findet man raus, ob Pestizide benutzt wurden?
Erkundigen Sie sich, ob die Plantage Ihrer Wahl ohne Pestizide und künstliche Dünger arbeitet. Betreiber sind aber gesetzlich nicht verpflichtet, Auskunft über einsetzte Mittel zu geben.
Die Landwirte in der EU müssen seit 2011 ihre Pestizideinsätze zwar aufzeichnen. Doch die zuständigen Behörden erheben die Daten nicht systematisch. Es finden auch kaum Kontrollen der Aufzeichnungen statt. Ein Recht auf die Informationen oder Zugriff auf vorhandene Daten haben Anwohner und andere Interessierte nicht.
Wo kriegt man Pestizid-freie Bäume her und wie steht es mit der Nachhaltigkeit?
Vor allem kurze Wege machen einen nachhaltigen Weihnachtsbaum aus. Denn lange Transportwege belasten die Umwelt.
Der BUND empfiehlt Verbrauchern den Kauf von Weihnachtsbäumen mit EU-Biosiegel. Bei diesen werden keine chemisch-synthetischen Pestizide eingesetzt. Die nicht chemischen Alternativen sind bekannt und werden dort genutzt. Mitunter können auch Weihnachtsbäume selbst im Wald gefällt werden. Hier informiert das örtliche Forstamt. Bei Bäumen, die aus einem Forstbetrieb stammen, garantiert das FSC-Siegel einen pestizidfreien und nachhaltigen Anbau.
Ökologischere Alternativen sind zum Beispiel Zweige von Nadelbäumen, Holzgestelle oder sonstige kreative Objekte aus Naturmaterialien, die geschmückt werden können. Der Weihnachtsbaum aus Plastik ist keine gute Alternative. Er besteht aus fossilen Rohstoffen und enthält oft schädliche Chemikalien wie Weichmacher. In der Regel hat er auch lange Transportwege hinter sich. Ein Baum im Topf wirkt nachhaltig – ist es aber nur bedingt. Denn viele Topfbäume überleben das Weihnachtsfest nicht.
Woher beziehen die Deutschen ihre Weihnachtsbäume?
Zwischen 25 und 30 Millionen Weihnachtsbäume werden in Deutschland jedes Jahr verkauft. Im Durchschnitt wächst ein Weihnachtsbaum – zum Beispiel die beliebte Nordmanntanne - acht bis zehn Jahre, bis er geschlagen wird. 90 Prozent dieser Bäume stammen laut BUND aus heimischer Produktion. Fünf Prozent davon wurden in den vergangenen Jahren im Rahmen der Waldpflege direkt aus dem Wald entnommen, der allergrößte Teil stammt aus Weihnachtsbaumplantagen.
Die größten Anbauregionen liegen in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Rund 2,4 Millionen Weihnachtsbäume würden jedes Jahr importiert, vor allem aus Dänemark, hieß es weiter. Der Marktanteil an Öko-Weihnachtsbäumen bleibt dabei nach Angaben von Robin Wood gering. Er betrage nach Schätzungen nur knapp ein Prozent.
Was kosten die Weihnachtsbäume in diesem Jahr?
Die Preise steigen nach Angaben der Weihnachtsbaumerzeuger in diesem Jahr leicht an. Sie bewegten sich zwischen 22 Euro bis 30 Euro pro Meter Nordmanntanne, so die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Dies sei ein Euro mehr als im Vorjahr. Bei der Blaufichte liegt der Preis bei 13 bis 19 Euro. Zuletzt nahm die Nachfrage nach kleineren Bäumen von 1,50 bis 1,75 Metern zu.
In Berlin könnten die Preise aufgrund der hohen Standmieten höher liegen. Grund für die Teuerung sind demnach gestiegene Kosten für die Erzeuger etwa bei Transport, Verpackungen oder den Löhnen. Außerdem hätten viele Produzenten auch in Brandenburg ihre Anbauflächen reduziert.
Selbst geschlagen sind die Bäume merklich günstiger.
Und dann noch: wie entsorgt man den Baum am Ende richtig?
Die Berliner Bezirke und auch die meisten Brandenburger Kommunen bieten gesonderte Abholungen für Weihnachtsbäume an. Wer den Baum so entsorgt, sorge, so das Umweltbundesamt [umweltbundesamt.de], dafür, dass das Holz des Weihnachtsbaums noch möglichst umweltschonend genutzt werden kann. Entfernen sollte man vor der Entsorgung grundsätzlich allen Baumschmuck und Reste von Verpackungsnetzen. Das gilt auch für diejenigen, die ihren Baum zum Wertstoffhof bringen.
Direkt in den Biomüll sollte der Weihnachtsbaum nicht gegeben werden. Auch nicht, wenn er noch so sorgfältig zerkleinert wurde. Denn Stamm und Äste eignen sich nicht zur Vergärung in Biogasanlagen, wo Biomüll in der Regel landet.
Wer einen Kamin oder Kachelofen zuhause hat und zusätzlich eine Säge, kann seinen Weihnachtsbaum nach dem Fest auch als Feuerholz nutzen. Vorab sollte allerdings der zuständige Schornsteinfeger gefragt werden, ob der Ofen für die Verbrennung des Holzes geeignet ist. Außerdem muss das Holz trocknen, bevor man es verbrennen kann. Hinzu kommt auch last but not least: Ist der Baum vorbehandelt, egal womit, ist Verbrennen tabu.
Das waren die Berliner Tannen-Pannen
Sendung: Antenne Brandenburg, 10.12.2024, 14:50 Uhr