Debatte um Neuwahl-Termin - Was wäre, wenn Scholz die Vertrauensfrage früher stellt?

Fr 08.11.24 | 15:12 Uhr
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Symbolbild: Blick auf das Reichstagsgebäude mit wehender Deutschlandflagge. (Quelle: dpa/Carla Benkö)
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Video: rbb|24 | 8.11.2024 | Bild: dpa/Carla Benkö

Bundeskanzler Scholz hat nach dem Bruch der Ampel-Koalition angekündigt, Neuwahlen bis Ende März anzupeilen. Vielen Bürgern und Politikern geht das nicht schnell genug. Die Organisatoren würde das gehörig unter Druck setzen.

Nach der Ankündigung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), die Vertrauensfrage zu stellen, um Neuwahlen zu ermöglichen, ist eine Debatte über den richtigen Zeitpunkt entbrannt. Der Berliner Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) forderte am Freitagmorgen, "schnellstmöglich" einen neuen Bundestag zu wählen. Scholz hatte angekündigt, die Vertrauensfrage nach der Winterpause im Januar stellen zu wolle - dann würden Neuwahlen mutmaßlich bis Ende März stattfinden.

Seit Scholz' Ankündigung haben sich allerdings zahlreiche Politikerinnen und Politiker zu Wort gemeldet, die eine frühere Vertrauensfrage und frühere Neuwahlen fordern. Wegner sagte dem rbb am Freitagmorgen, Scholz "hat im deutschen Bundestag keine Mehrheit mehr", damit sei der Kanzler seiner Ansicht nach nicht mehr handlungsfähig. Das sei aber wichtig. "Deutschland hat keinen wirklichen Haushalt, wir haben in Deutschland und international riesige wirtschaftliche Probleme."

Scholz seinerseits hatte nach der Entlassung von Finanzminister Christian Lindner (FDP) angekündigt, den Antrag auf die Vertrauensfrage ab dem 13. Januar zu stellen - also in der ersten Bundestagswoche im neuen Jahr.

Laut Gesetz kann nach einem Antrag auf die Vertrauensfrage erst 48 Stunden später im Parlament darüber abgestimmt werden. Scholz nannte deshalb den Termin 15. Januar für ein mögliches Votum.

Verliert der Kanzler eine solche Abstimmung, kann Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier binnen 21 Tagen den Bundestag auflösen. Entscheidet er sich dafür, müssen gemäß Artikel 39 des Grundgesetzes innerhalb von 60 Tagen Neuwahlen stattfinden. Rechnerisch müssten nach dem Kanzler-Plan damit Neuwahlen spätestens am 6. April stattfinden, wenn alle Fristen ausgeschöpft würden.

Scholz sprach von Neuwahlen "spätestens bis Ende März".

Zur Begründung hatte Scholz angeführt, seine Regierung wolle bis Weihnachten zunächst noch Gesetzesvorlagen durch das Parlament bringen, "die keinerlei Aufschub dulden". Dazu zählen seinen Angaben zufolge der Ausgleich für die sogenannte kalte Progression, um inflationsbedingte höhere Steuerbelastungen zu vermeiden, die Stabilisierung der gesetzlichen Rente, die schnelle Umsetzung der europäischen Asylreform und "Sofortmaßnahmen für unsere Industrie". Scholz nannte als Zielpunkt die letzte Sitzung des Bundesrats am 20. Dezember.

Umfragen von ARD und ZDF zeigen aber auch, dass sich die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler in Deutschland raschere Neuwahlen wünschen. Im ZDF-Politbarometer befürworten 30 Prozent wie Scholz eine Neuwahl im März, 54 Prozent wünschen sich dagegen einen früheren Termin. Zu ähnlichen Befunden kommt der Deutschlandtrend der ARD: 65 Prozent wollen, dass Scholz sofort die Vertrauensfrage im Bundestag stellt, um Neuwahlen zu ermöglichen. 33 Prozent unterstützen den Zeitplan des Kanzlers.

Würde Scholz die Vertrauensfrage zu Beginn der kommenden Woche stellen, liefe es - gesetzt den Fall, dass die Spanne von 83 Tagen (48 Stunden plus 21 Tage plus 60 Tage) voll ausgereizt würden - auf einen Wahltermin am ersten Februar-Wochenende hinaus.

Der Berliner Landeswahlleiter Stephan Bröchler nannte allerdings einen Wahltermin ab dem 9. März bereits eine "enorme Herausforderung". Während die Parteien ihre Kandidaten benennen und Listen aufstellen müssten, seien die Wahlleitungen mit zahlreichen organisatorischen Fragen beschäftigt. Als Beispiel nannte Bröchler die Suche nach Wahllokalen oder Vorbereitungen für den Druck und Versand der Stimmzettel. Gebraucht werden auch wieder um die 30.000 Wahlhelferinnen und Wahlhelfer.

Bei einem Wahltermin Ende Januar oder Anfang Februar dürften die Feiertage über Weihnachten und Neujahr die Organisation besonders erschweren.

Sendung: rbb24 Abendschau, 08.11.2024, 19:30 Uhr

Kommentar

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24 Kommentare

  1. 24.

    Am 2. März findet in Hamburg die Bürgerschaftswahl statt.
    Würde die Bundestagswahl im Januar statt finden, könnte ein schlechtes Wahlergebnis auf die Wahlen in Hamburg..der SPD-Grünen Hochburg abfärben.

    Eine Wahl im April wäre für Herrn Scholz und die Grünen deshalb besser.
    Bis dahin könnten SPD und Grüne die CDU im Bund noch als Bremse für all ihre Eingaben bloß stellen--geht es doch um staatstragende Beschlüsse.

    Bisher waren für die SPD immer die anderen Schuld--Bei der GroKo war es immer die CDU--bei der Ampel ist es jetzt Herr Lindner.

    In Hamburg Harburg soll es zum Krach zwischen den Genossen selbst--Zwischen Genossen mit türkischem Migrationshintergrund und deutschen Genossen gekommen sein. Man gönnte sich wohl gegenseitig bessere Listenplätze nicht--auch Wahlplakate sollen zerrissen worden sein.

  2. 23.

    So ist es! Da kann man den Krakeelern nur wünschen, dass sie nicht mal von Arbeitslosigkeit betroffen sind, deren Ursache nicht bei ihnen selbst liegt. Also unvermeidlich ist. Denn dann werden diese nur in den „Genuss“ stark eingeschränkter Grundsicherung kommen, da das angeblich ja so luxuriöse Bürgergeld sofort abgeschafft werden soll. Von Möglichkeiten um diese angeblich „unangemessene“ Sozialleistung gar nicht erst beanspruchen zu müssen ist in den Aussagen von CDU/CSU bzw. der Mini FDP natürlich nicht die Rede. Das wäre ja auch zu einfach.

  3. 22.

    Schnelle Neuwahlen würden nur den extremistischen Parteien nutzen. Aber das ist ja das erklärte Ziel solcher Forderungen.

  4. 21.

    Es ist immer gleich in diesen Chats… Ich zähle mindestens sieben Kommentare, in denen nur gemeckert wird. Es werden dann bestimmt auch alle sieben sich ehrenamtlich für die Arbeit im Wahllokal melden, oder???

  5. 20.

    Man muss sich echt mal überlegen, was das bedeutet. Ein Herr Merz und Kosorten müssen die Wahl nicht durchführen und organisieren. Weihnachten würde für viele Menschen ins Wasser fallen. Zu dem, wenn sie jetzt nicht zusammenarbeiten können, warum sollten sie nach einer Neuwahl zusammenarbeiten können? Es wird so oder so eine dreier Koalition werden müssen. Hoffentlich keine GroKo.

  6. 19.

    Danke für diese Worte. Ich habe sehr gelacht.
    Ja "unverzüglich".
    Diese Worte an diesem Tag würden auch nicht so schnell in Vergessenheit geraten.
    Im Gegensatz zu manchen Entscheidungen der vergangenen 3 Ampel-Regierungs-Jahre - da möchte ich echt viel vergessen.

  7. 18.

    .... und ein konstruktives Misstrsuensvotum des Oppositionsführers abwarten?
    Das wir wohl nix. Merz wäre dann Barzels und nicht Kohls Wiedergänger.

  8. 17.

    Wen meinen Sie , wenn Sie von dem Volk oder den Menschen reden. Sind Sie selbst gemeint? Schließen Sie von sich auf alle? Glauben Sie eine schwarz rote Stillstandsregierung wird alles besser machen? Wo ich bei Ihnen bin: weltweit haben die Menschen keine Lust mehr auf Krisen und vertrauen denen, die scheinbar einfache Lösungen haben, am besten präsentiert bei X oder TikTok.

  9. 16.

    Glaubwürdigkeit ist immer nur die Sache der anderen, nicht aber, wenn der Finger auf einen selbst geht. ;-

  10. 15.

    Der Wahlkampf findet bereits statt ob man will oder nicht, ob die Neuwahlen im März sind oder morgen, völlig egal. Daher ist völlig unerheblich ob er erst im Januar die Vertrauensfrage stellt. Welche Vorhaben er noch gegen die Mehrheiten im Bundestag durchsetzen will.. daran sieht man, in welcher Blase er lebt. Nicht nur, dass er es zahlenmäßig nicht kann, die Bürger wollen auch gar nicht, dass er überhaupt noch irgendetwas macht außer zurücktreten. Ich weiß nicht ob da irgendwie das Kanabisgesetz im Spiel ist oder er mit Volker Beck zulange auf dem Bundestagsklo war.
    Für die unwissenden
    Für die Unwissenden:
    https://www.sueddeutsche.de/politik/volker-beck-mit-drogen-erwischt-gruenen-politiker-legt-fraktionsaemter-nieder-1.2889395

  11. 14.

    Entscheidungen fallen aus der Mitte des Parlamentes heraus. So steht´s geschrieben. Nicht aber: Die Regierung legt vor, das Parlament führt aus.

  12. 13.

    Warum sollte es bei vorgezogen Neuwahlen ein Chaos geben?
    Deutschland ist kein Entwicklungsland.
    Ich bin gegen eine taktische Verschiebung der Wahlen. Der Souverän hat ein Anrecht auf eine handlungsfähige Regierung, denke ich.

  13. 12.

    Er sollte die Vertrauensfrage sofort stellen. Immerhin hat der Kanzler keine demokratische Mehrheit mehr.
    Und weitere Stagnation ist nun sicher das Letzte, was unser Land nach den verlorenen Jahren braucht.
    Er könnte sich ein Vorbild an Helmut Schmidt nehmen..

  14. 11.

    ... dann würde er Charakter und Verantwortsbewußtsein für unser Land zeigen.

  15. 10.

    Ich bin für den 9. November, da hieß es vor 35 Jahren auch "unverzüglich" und sicher wird der Freudentaumel nicht geringer ausfallen. Was danach kommt, werden wir sehen, wenn's soweit ist.

  16. 9.

    Nun ja Hr. Krüger, hat denn der Regierende nicht Recht, wenn er sagt, Scholz habe im Bundestag keine Mehrheiten mehr? Wie soll er denn dann noch seine Gesetzesvorhaben durchdrücken? Dazu kommt, daß die Mehrheit der Bürger sich wünscht, daß er die Vertrauensfrage JETZT stellt und Neuwahlen EHER möglich werden.

  17. 8.

    Dieselben Leute, die "die Ampel muss weg" und "Scholz muss sofort zurücktreten" rufen, werden die ersten sein, die sich über ein Wahlchaos in Berlin und anderswo beklagen werden. Aktionismus wird hier nicht helfen. Auch die potenziellen Wahlsieger CDU und AfD werden ihre Listen sorgfältig vorbereiten wollen. Wahlkampf über Weihnachten und den Jahreswechsel mag man sicher nicht wirklich....

  18. 7.

    Wir leben in Zeiten des Trumpismus. Den 56% geht es nur um Rache und "dass die Ampel endlich weg ist". Ungeachtet der Konsequenzen.
    Und dann wieder mit "mir hom ja von nüscht jewusst " zu faseln.

  19. 6.

    Was wäre ?? Es ist seine Pflicht wenn er seine Verantwortung wahr nimmt wie Steinmeier sagte. Denn Scholz und seine Ampel haben quasi kein Rüchhalt bei den Wählern. Seine und die Ampelparteien sind drastisch abgestürzt, der Wähler will das nicht mehr. Die Umfragen besagen das Volk will die Neuwahl und zwar nicht erst am Sanktnimmerleinstag sondern sofort. Auch im Bundestag existieren keine Merheiten für seine Restregierung. Der Kanzler hat abgewirtschaftet im wahrsten Sinne des Wortes. Was er jetzt noch ohne Mehrheiten reißen will, wie er sagt er will noch "Sachen" durchbringen, ist mir völlig schleierhaft. Zumal das Volk nicht mehr will, dass er noch irgendetwas durchbringt. Diese Staatswohlgefärdende Politik soll endlich zuende sein. Die Gängelung, die Inflation, die grünen Abenteuer und das ganze Faeser Gebaren muss weg. Das wollen die Menschen, die um ihre Jobs bangen weil D nicht mehr wettbewerbsfähig ist.

  20. 5.

    Vielleicht verkündet er es morgen aus historischen Anlass. Die Party wäre wie vor 35 Jahren, diesmal in ganz Berlin. Wenn er das Beste für alle möchte, tut er es. Ansonsten will er bewusst schaden, was er hinterher eh vergessen hat? Oder hat er schon Lindners Rücktritt vergessen?

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