Ampel-Aus - Vorbereitungen für Neuwahlen laufen in Berlin bereits an
Die Ampelregierung ist am Ende. Bundeskanzler Scholz hat angekündigt, dem Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen. Es könnte also zu Neuwahlen in nur wenigen Monaten kommen. Das wäre für Berlin eine enorme Herausforderung.
- nach Ampel-Aus sind Neuwahlen möglich
- Berlin beginnt bereits mit Vorbereitungen für Wahlen
- Landeswahlleiter visiert Wahltermin im März an
- 30.000 Wahlhelferinnen und Wahlhelfer in Berlin gesucht
- noch keine konkreten Pläne aus Brandenburg bekannt
Die Vorbereitung für eine Neuwahl des Bundestages sind in Berlin bereits gestartet. Der Berliner Landeswahlleiter Stephan Bröchler sagte im Interview mit rbb|24 am Donnerstag: "Das hat ab heute absolute Dringlichkeit. Wir haben jetzt viel Arbeit vor uns." Gerade die Suche nach Wahlhelferinnen und Wahlhelfern, Wahllokalen und Papier stellten eine große Herausforderung dar.
Bröchler erklärte, dass die Landes- und die Bezirkswahlleitungen eine Neuwahl zwischen dem 9. März und Ende März in den Blick ihrer Planungen nehmen würden. Dafür habe es heute schon mehrere Besprechungen gegeben, um alles auf den Weg bringen zu können. "Unser Ziel ist es, ab morgen dann direkt loslegen zu können."
Seit dem späten Mittwochabend steht fest: Die Ampelkoalition ist gescheitert. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat seinen Finanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen. In einem Statement kurz danach gab Scholz bekannt, im Januar die Vertrauensfrage stellen zu wollen. Dann könnten Neuwahlen anstehen.
Neuwahlen im Januar oder im März
Wenn ein Kanzler dem Parlament die Vertrauensfrage stellt, bedeutet es, er möchte von den Abgeordneten wissen, ob er noch die Zustimmung der Mehrheit der Abgeordneten hat. Wird das mit "Ja" beantwortet, kann er weiter regieren. Das ist jedoch in diesem Fall eher unwahrscheinlich. Spricht ihm das Parlament das Misstrauen aus, wird nur wenige Wochen danach neu gewählt. Die genauen Fristen schreibt das Grundgesetz vor.
Kanzler Scholz hat angekündigt, am 15. Januar die Vertrauensfrage stellen zu wollen. Sollte er keine Mehrheit im Bundestag bekommen, schaltet sich der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) ein. Der hat dann 21 Tage Zeit, das Parlament aufzulösen. In einem Statement von Donnerstagvormittag hat er gesagt: "Dazu bin ich bereit." Sobald der Bundespräsident das Parlament auflöst, muss es Neuwahlen innerhalb von 60 Tagen geben. Nach dem Zeitplan von Scholz wäre das vermutlich im März.
Es könnte aber noch viel früher zu Neuwahlen kommen. Das wäre der Fall, wenn Scholz die Vertrauensfrage im Parlament schon früher stellt. CDU-Chef Friedrich Merz hat etwa gefordert, dass der Bundeskanzler das sofort tun soll - spätestens aber in der kommenden Woche. Würde es so kommen, würden die Neuwahlen vermutlich schon im Januar stattfinden. Im ARD-"Brennpunkt" am Donnerstagabend sagte er, ohne eine umgehende Vertrauensfrage im Bundestag sei die Union nicht bereit, mit Scholz über geplante Gesetzesvorhaben zu sprechen.
Wegner fordert schnelle Neuwahlen
Auch Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) fordert, schnellstmöglich einen neuen Bundestag zu wählen.
Wegner sagte radioeins vom rbb am Freitagmorgen, Deutschland brauche angesichts großer Herausforderungen eine Regierung, die handlungsfähig ist. Es gebe keinen wirklichen Haushalt und riesige wirtschaftliche und internationale Probleme zu bewältigen. Da Bundeskanzler Scholz keine Mehrheit mehr im Parlament habe, sei er nicht mehr handlungsfähig. Das sei kein guter Zustand für Deutschland, so Wegner.
Der Regierende Bürgermeister fliegt am Sonntag in die USA, um für den Wirtschaftsstandort Berlin zu werben. Er hoffe, dass die Regierungskrise in Deutschland nun schnell abgestellt werde, denn es sei schwer zu erklären, warum es in schwierigen Zeiten der Umbrüche, Kriege und Verunsicherung keine handlungsfähige Regierung mehr gebe, so Wegner. Er hoffe, dass Deutschland schnell wieder eine verlässliche Führung mit einer parlamentarischen Mehrheit bekommt, damit die Probleme endlich angegangen werden könnten.
"Wir sind nicht unvorbereitet"
Egal ob Januar oder März: Eine Neuwahl trifft den Politikwissenschaftler und Landeswahlleiter Stephan Bröchler nicht völlig überraschend. "Ich habe meine Leute im Landeswahlamt schon vor einiger Zeit gebeten, zu schauen, was wir tun müssten, wenn es vorgezogene Wahlen gibt. Wir sind also nicht unvorbereitet." Doch der Berg an Arbeit sei dennoch ein sehr großer.
"Wir müssen jetzt sehen, dass wir die Papierversorgung für die Wahl klären können. Die Herausforderung hier ist, dass das alle anderen Bundesländer jetzt ja auch machen." Er sei aber zuversichtlich, dass es am Ende genug Papier für die Wahlzettel und genügend Wahllokale geben werde. "Die Wiederholungswahl ist noch nicht so lange her. Wir schauen gerade, welche Wahllokale wir wieder mieten können."
Für eine Neuwahl würden rund 30.000 Wahlhelferinnen und Wahlhelfer benötigt, die beim Ablauf der Wahl und beim Auszählen unterstützen. Um diese große Zahl an Freiwilligen in so kurzer Zeit zu akquirieren, plane man eine gemeinsame Kampagne mit den Bezirken. Weniger dürften es nicht werden, so Bröchler. "Es müssen 30.000 werden. Wir haben keine Alternative. Bis dato haben wir das auch immer hinbekommen, weil vielen Berlinern klar ist, dass das wichtig ist. Mich freut es, dass das auch junge Menschen motiviert."
Wahlen werden für Berliner zur Routine
Auch wenn die Zeit bis zu möglichen Neuwahlen denkbar knapp ist, soll es keine Pannen-Wahl wie im Herbst 2021 werden. Damals mussten Menschen stundenlang warten, um ihre Stimme abzugeben. Viele kamen gar nicht mehr an die Reihe. Bröchler trat nach dieser Wahl sein Amt an. "Das ist jetzt meine fünfte Wahl, die ich organisiere. Ich bin optimistisch. Aber es wird natürlich auch viele Überstunden bedeuten."
Sollte Olaf Scholz die für den 15. Januar angekündigte Vertrauensfrage früher stellen, dann würde die Neuwahl ebenfalls früher stattfinden. "Das würde für uns den Druck enorm erhöhen", so der Landeswahlleiter Bröchler. "Wenn der Bundespräsident uns diese Aufgabe aufgibt, dann müssen wir das auch schaffen."
Bei einer Neuwahl wird auch in Brandenburg gewählt werden müssen. Auch dort werden dann viele Wahllokale und tausende Wahlhelferinnen und Wahlhelfer gebraucht. Auf rbb|24-Anfrage wollte der Landeswahlleiter Brandenburgs Josef Nußbaum am Donnerstag zunächst keine Auskunft geben.
Sendung: rbb24 Abendschau, 07.11.2024, 19:30 Uhr
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