Belästigungsvorwürfe gegen Politiker - Gelbhaar will Verschiebung von Wahlversammlung erreichen

Di 07.01.25 | 13:59 Uhr
Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar (Quelle: dpa/Soeder)
dpa
Video: rbb24 Abendschau | 07.01.2025 | Dilek Üşük | Bild: dpa

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Stefan Gelbhaar will eine Verschiebung der Wahlversammlung erreichen, bei der erneut über die Direktkandidatur in Berlin-Pankow abgestimmt werden soll. Das sagte ein Sprecher des Kreisverbands Pankow am Dienstag. Der 48 Jahre alte Gelbhaar, gegen den mehrere Frauen Belästigungsvorwürfe erhoben haben, will weiterhin für das Direktmandat bei der Bundestagswahl 2025 kandidieren. Er hat die Vorwürfe gegen ihn als "frei erfunden" zurückgewiesen.

Zuvor hatte der "Spiegel" darüber berichtet und sich auf ein Schreiben von Gelbhaars Anwalt an das Landesschiedsgericht der Partei berufen. In einem "Antrag auf einstweilige Anordnung" werde dem Kreisvorstand der Grünen in Pankow "aufgegeben", die für Mittwoch angekündigte Wahlversammlung um eine Woche auf den 15. Januar oder einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, so der "Spiegel".

Lagodinsky will nicht mehr kandidieren

Der Kreisvorstand habe den Antrag in Kopie erhalten, sagte der Sprecher. Im Vorstand gebe es derzeit Gespräche dazu. Kurz nach Beginn des neuen Jahres hatte der Vorstand Gelbhaar dazu aufgefordert, auf eine Kandidatur zu verzichten.

Für Mittwoch haben mehrere Grüne angekündigt, gegen Gelbhaar zu kandidieren. Der Europa-Abgeordnete Sergey Lagodinsky, der auch zu diesem Kreis gehörte, habe inzwischen einen Rückzieher gemacht, so der Sprecher des Kreisverbands. Der Brief, in dem Lagodinsky seinen Rückzug verkündet, liegt dem rbb ebenfalls vor.

Gelbhaar hatte im ersten Anlauf breite Unterstützung

Der Grünen-Bundesvorsitzende Felix Banaszak sagte bei RTL/NTV zu Gelbhaars Direktkandidatur: "Das ist seine Entscheidung." Er selbst habe keinen Kontakt zu ihm aufgenommen, um ihn zum Rückzug aufzufordern. Der Kreisvorstand, der das getan habe, habe aber sein Vertrauen. Die Grünen in Pankow hätten es sich nicht leicht gemacht, so Banaszak. "Und deshalb habe ich keinen Grund, an deren Vorgehen zu zweifeln."

Gelbhaar hatte an Silvester auf seiner Website ausführlich Stellung zu den Vorwürfen gegen ihn bezogen. "Die Vorwürfe sind gelogen", erklärte er. Bei dem Vorgang müsse es sich "um eine in Teilen geplante Aktion" handeln mit dem Ziel, ihn massiv zu diskreditieren. Mitte November war der Bundestagsabgeordnete bei einer früheren Wahlversammlung mit 98,4 Prozent der Stimmen zum Direktkandidaten für Pankow gewählt worden.

Einreichungsfrist endet am 20. Januar

Die Wahl eines Bundestags-Direktkandidaten kann nach dem Bundeswahlgesetz bis zu einem bestimmten Zeitpunkt unproblematisch wiederholt werden. Auch ein Gutachten des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes vom April 2017 bewertet die Rechtslage so. Parteien können demnach ihre Kandidaten ohne nähere Begründung so lange austauschen, bis die Einreichungsfrist für den Kreiswahlvorschlag verstrichen ist, das ist in diesem Jahr der 20. Januar.

Danach kann der Kandidat nur noch mit einem triftigen Grund geändert werden. Als triftiger Grund würde nach dem Bundeswahlgesetz dann lediglich der Tod des Kandidaten akzeptiert oder wenn er seine Wählbarkeit verloren hätte. Das wäre möglich, wenn ein Kandidat beispielsweise die deutsche Staatsbürgerschaft verloren hat oder er verurteilt wurde und sich in einer psychiatrischen Klinik befindet. Weil im Fall Gelbhaar die Einreichungsfrist noch nicht verstrichen ist, dürfen die Grünen in Pankow die Wahl zur Direktkandidatur ohne Einschränkung wiederholen.

Sendung: rbb24 Abendschau, 07.01.2025, 19:35 Uhr

Nächster Artikel