Eklat bei Union gegen Bochum - DFB-Sportgericht verhandelt über Feuerzeugwurf

Mi 08.01.25 | 10:51 Uhr | Von Chaled Nahar
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Bochum-Torhüter Patrick Drewes verlässt nach einem Feuerzeugwurf aus dem Union-Block gestützt den Platz (Quelle: IMAGO / Matthias Koch)
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Audio: rbb24 Inforadio | 08.01.2025 | Simon Schäfer | Bild: IMAGO / Matthias Koch

Das DFB-Sportgericht verhandelt am Donnerstag den Einspruch des VfL Bochum gegen die Wertung des Bundesligaspiels bei Union Berlin. Streitpunkt ist ein Feuerzeugwurf eines Fans aus dem Block des 1. FC Union Berlin. Von Chaled Nahar

Am Donnerstag um 13:30 Uhr beginnt die mündliche Verhandlung am DFB-Sportgericht in der Verbandszentrale in Frankfurt am Main. Verhandelt wird der Einspruch des VfL Bochum gegen die Wertung der Partie beim 1. FC Union Berlin. Beim Stand von 1:1 war Bochum-Torhüter Patrick Drewes von einem Feuerzeug auf dem Union-Block am Kopf getroffen worden und musste daraufhin vom medizinischen Personal gestützt das Spielfeld verlassen.

Nachdem beide Mannschaften nach einer Unterbrechung zurück aufs Feld kamen, spielten sie sich den Ball bis zum Abpfiff nur noch einige Male hin und her - ein Nichtangriffspakt. Geleitet wird die Sitzung von Stephan Oberholz, dem Vorsitzenden des DFB-Sportgerichts - mehrere Ausgänge sind möglich.

Was ist beim Bundesligaspiel passiert?

Bochums Torwart Patrick Drewes konnte im Spiel bei Union Berlin am 14. Dezember 2024 kurz vor dem Schlusspfiff nicht weiterspielen, er war von einem Feuerzeug am Kopf getroffen worden. Ein Fan hatte den Gegenstand Richtung Spielfeld geworfen.

Die Folgen:

  • Torwart Drewes konnte nach Angaben des VfL Bochum nicht weiterspielen. Durch das ausgeschöpfte Wechselkontingent beendete Bochum das Spiel zu neunt, Koji Miyoshi hatte früh in der ersten Hälfte die Rote Karte gesehen.
  • Schiedsrichter Martin Petersen setzte die Partie nach einer Unterbrechung von rund 30 Minuten fort, das Spiel endete also regulär. Beide Mannschaften brachten die letzten Momente allerdings passiv ohne jegliche Offensivaktionen über die Bühne, das Spiel ging 1:1 aus. Schiedsrichter Petersen sagte, dass den Verantwortlichen zufolge die Sicherheit gewährleistet gewesen sei und beide Teams sich bereit erklärt hätten, die Partie fortzusetzen.

Welche Ausgänge sind bei der Verhandlung möglich?

Der VfL Bochum legte Einspruch gegen die Spielwertung ein. Dem DFB-Sportgericht bleiben damit grundsätzlich drei Möglichkeiten:

  • Aufrechterhaltung des Endstands von 1:1
  • 2:0-Wertung für den VfL Bochum
  • eine vollständige Spielwiederholung im selben Stadion

Der Sport-Informations-Dienst (SID) berichtet unter Berufung auf den DFB, dass neben Bochums Torwart Drewes auch VfL-Mannschaftsarzt Mark Sandfort vor Ort sowie digital zugeschaltet Dieter Hecking und Felix Passlack als Zeugen der Bochumer auftreten werden. Sport-Geschäftsführer Horst Heldt reist laut SID für Union Berlin an. Auch Schiedsrichter Petersen und DFB-Schiedsrichter-Lehrwart Lutz Wagner sollen demnach aussagen. Möglich ist am Ende auch eine weitere Instanz: Gegen das Urteil des Sportgerichts ist die Berufung beim DFB-Bundesgericht möglich.

Bochum-Torhüter Patrick Drewes zeigt das Feuerzeug in Richtung des Schiedsrichters (Quelle: IMAGO / Matthias Koch)Bochum-Torhüter Patrick Drewes zeigt das Feuerzeug in Richtung des Schiedsrichters |

Was muss das Sportgericht abwägen?

Laut Rechts- und Verfahrensordnung des DFB ist ein Grund für einen Einspruch die "Schwächung der eigenen Mannschaft durch einen während des Spiels eingetretenen Umstand, der unabwendbar war und nicht mit dem Spiel und einer dabei erlittenen Verletzung im Zusammenhang steht".

Die Gesamtlage stellt das Gericht vor mehrere Fragen: Lag so kurz vor dem Schlusspfiff eine entscheidende Schwächung des VfL Bochum vor? Welche Bedeutung hat der offenkundige "Nichtangriffspakt" zwischen den Teams bei der Entscheidung? Torwart Drewes wurde zwar von dem Feuerzeug getroffen - aber war der Treffer wirklich so folgenschwer?

Wie argumentieren die Klubs?

Die letzte Frage weisen die Bochumer empört zurück. Geschäftsführer Ilja Kaenzig sprach von einer "Täter-Opfer-Umkehr", nachdem Drewes Schauspielerei unterstellt worden war. Bochum gab an, nur "unter Protest" weitergespielt zu haben. "Aus unserer Sicht hätte der Schiedsrichter das Spiel abbrechen müssen. Das ist nicht geschehen", sagte Kaenzig. Bochums Trainer Hecking fügte hinzu: "Ich glaube, es unterschätzen viele, was sich bei ihm mental abgespielt hat."

Im Zweifel wird sich das Sportgericht ein Attest vorlegen lassen, das mögliche Verletzungen von Torwart Drewes glaubhaft belegen muss. Drewes wurde in der Nacht nach dem Spiel nach einer ärztlichen Kontrolle aus dem Krankenhaus entlassen, so der VfL. Der Torwart habe über Unwohlsein, Übelkeit und Kopfschmerzen geklagt, was auch dokumentiert worden sei. Am Bochumer Training am folgenden Sonntag nahm er nicht teil, spielte aber im folgenden Heimspiel gegen den 1. FC Heidenheim. Union Berlin äußerte sich öffentlich bislang nicht mit einer Argumentation für das weitere Vorgehen.

Wie wurde in anderen Fällen entschieden?

Die Situation ist außergewöhnlich: Ein Spieler konnte nicht weiterspielen, die Partie wurde aber regulär zu Ende gebracht. Hätte Schiedsrichter Petersen das Spiel abgebrochen, wäre die Lage klarer. So steht das Sportgericht vor einem schwierigen Fall.

Einigermaßen vergleichbare Fälle gibt es kaum und sie liegen lange zurück. Zwei Beispiele:

  • 1988 wurde Borussia Mönchengladbachs Christian Hochstätter in einem Spiel beim Karlsruher SC von einem geworfenen Gegenstand getroffen und konnte wie Bochums Torwart Drewes nicht weiterspielen. Das Spiel wurde wie auch in Berlin zu Ende gespielt, Karlsruhe gewann 3:1. Damals entschied das Sportgericht auf Spielwiederholung, es kam zu einem 2:2.
  • 1994 warf ein Fan beim Zweitligaspiel zwischen Bayer Uerdingen und dem VfL Bochum dem Bochumer Torwart Andreas Wessels ein Stück Trockeneis an den Kopf. Wessels musste mit einer Wunde am Kopf ausgewechselt werden, Uerdingen gewann 3:1. Es kam auch hier zu einem Wiederholungsspiel, Uerdingen gewann 3:0.

Welche Folgen drohen Union für das Verhalten des Fans?

Neben dem Verfahren zum Bochumer Einspruch gegen die Spielwertung gibt es ein übliches Sportgerichtsverfahren, bei dem sich Union Berlin für das Verhalten des Zuschauers verantworten muss.

Die Strafe kann eine Geldstrafe sein, aber theoretisch auch bis zu einer Blocksperre oder einem Geisterspiel reichen. Solche Kollektivstrafen verhängte das Sportgericht in der Praxis allerdings seit 2017 nicht mehr. Der Fan, der das Feuerzeug warf, wurde ermittelt. Dies wirkt sich beim DFB-Sportgericht üblicherweise strafmildernd aus. Union teilte mit, dass eine Anzeige erstattet worden sei. "Und wir haben das längstmögliche bundesweite Stadionverbot ausgesprochen, was ein Verein aussprechen kann." Dies beträgt drei Jahre.

Beitrag von Chaled Nahar

Kommentar

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35 Kommentare

  1. 35.

    Ich bin weder Unioner noch ein Fan Bochums. Es geht mir lediglich um die Theatralik, die immer mehr Einkehr in den Fußball bekommt. Neymar ist dabei nur ein Beispiel...Drewes derartig in die Opferrolle zu stecken, finde ich persönlich daneben. Ich sage nicht, dass es geahndet werden soll aber die Darstellung, die er in den Medien erhält, ist wohl eher verantwortlich für seine psychischen Probleme, die er im Nachgang gehabt haben soll. Sportler sollten immer ihre Vorbildfunktion im Hinterkopf behalten.

  2. 34.

    Derartige Dinge wie das werfen Gegenständen sind nicht zu tolerieren. Aber die Show die der angeblich getroffene Spieler sind genauso nicht zu akzeptieren, aber gehören heutzutage leider immer mehr dazu.

  3. 33.
    Antwort auf [Nils] vom 08.01.2025 um 20:32

    Na klar,auf der ganzen Welt.

  4. 31.

    wie können Vereine so etwas verhindern? Der Täter wurde umgehend gefasst, der sollte bestraft werden. Kein Verein, kann so etwas verhindern. Werden Union die Punkte aberkannt, ist dem Betrug Tür und Tor geöffnet.

  5. 30.

    Vielleicht sollte auch die Flugbahn des Feuerzeugs untersucht werden. Dann ließe sich berechnen wie stark der Kontakt war. Habe mir eben nochmal das Video angeschaut...Der Keeper wollte erst normal weiter machen. Über Neymar haben sich damals auch viele amüsiert, selbiges wird jetzt Drewes passieren.

  6. 29.

    "Im Zweifel wird sich das Sportgericht ein Attest vorlegen lassen, das mögliche Verletzungen von Torwart Drewes glaubhaft belegen muss."

    Und damit wird die Schauspielerei des VfL Bochum ein jähes Ende finden. Das Täuschen des Schiedsrichters etc. ist unsportliches Verhalten, das natürlich auch nach Konsequenzen ruft. Leider passieren Unsportlichkeiten im Fußball tagtäglich.

  7. 28.

    Weil ihm ein Feuerzeug an den Kopf geworfen wurde? Sie bemühen weiterhin eine Opfer-Täter-Umkehr. Eher dürften wir unter Beobachtung stehen. Was kann der VfL Bochum oder einzelne Spieler dafür, wenn Einzelpersonen sich danebenbenehmen und eine ganze Anhängerschaft in Verruch bringen. Solange Sie hier Gewalt verharmlosen, zähle ich auch Sie zu diesen Einzelpersonen. Ihre Verharmloungen und Relativierungen werfen nämlich lediglich ein ganz schlechtes Licht auf uns Fans von Union.

  8. 27.

    "Den hanebüchenen Kommentar geben Sie von sich,oder waren Sie so sehr von der schauspielerischen Leistung des Torwarts beeindruckt,das Sie die Realität verdrängen."

    Trifft wohl eher auf Sie zu. Die Realität ist nämlich, dass der Bochumer Torwart von einem Feuerzeug, das ein Union-Fan geworfen hat, am Kopf getroffen wurde. Dass der Getroffene geschauspielert hat, ist lediglich eine nicht belegbare Unterstellung Ihrerseits. Es liegt an Ihnen, ob Sie bei den Fakten bleiben oder nicht. Und es ist Ihr gutes Recht, lieber einem direkten Konkurrenten den Abstieg zu wünschen. Ich sehe auch lieber Bochum als Union in der zweiten Liga. Können Sie auch nur einen Satz aus meinem Kommentar zitieren und begründen, warum Sie diesen hanebüchen finden? Ihr Versuch, das Opfer zum Täter zu machen, ist einfach nur unsportlich und peinlich für alle wahren Union-Fans. Krawallmacher und Leute wie Sie, die Gewalt verharmlosen, schaden unserem Verein nur.

  9. 26.

    Die Rechts- und Verfahrensordnung macht da keinen Unterschied, ob Pyro oder Feuerzeug, ob erlaubt oder verboten. Auch die Auswärtsvereine haften für die Vergehen ihrer Fans immer, obwohl sie keinerlei Einfluß auf Kontrollen haben.

  10. 25.

    Es ist immer die Absicht, die etwas zur Waffe werden läßt. Hier liegt eine versuchte Körperverletzung glasklar auf der Hand und die Vereine haften stellvertretend für ihre Fans, wenn No-goes im Sport passieren.

    Drei Punkte für den VFL auch deshalb, weil es solche Fälle nicht geben sollte und es die Aufgabe der Clubs ist, daß sie unbeherrschte Zuschauer von Stadien fernhalten.

    Über "Problemfan oder nicht" könnten in Zweifelsfällen persönliche Gespräche weiterhelfen, anstatt gleich vorbeugende Stadionverbote auszusprechen.

  11. 24.

    Ob sich der VFL Bochum mit dem Einspruch einen Gefallen getan hat, wage ich zu bezweifeln. Zumindest wird es den Torwart Drewes noch mehr seelisch belasten. Er wird bei vielen gegnerischen Fans unter ziemlicher Beobachtung stehen. Meine Meinung.

  12. 23.

    Ein Punkt für beide Vereine und gut ist. Man muss schließlich noch in Zukunft miteinander arbeiten.

  13. 22.

    Ohne Worte. Mir fällt hierzu wirklich nichts mehr ein.

    Mein Vorschlag: keine Wiederholung. Es bleibt bei der Punkteteilung. Geldstrafe, definitv keine Kollektivstrafe.

  14. 21.

    Zwischen Pyrotechnik und einem Feuerzangenbowle gibt es einen wesentlich Unterschied, was die Verantwortung des Vereins angeht: Der ist verpflichtet durch effektive Kontrollen zu verhindern, dass Pyrotechnik in äs Stadion gelangt. Feuerzeuge sind aber zugelassen und deshalb kann der Verein einen Wurf damit nicht verhindern. Er kann nur mit einem Fangnetz das Zielen unwahrscheinlicher machen. Und ein solches Netz gibt es im Stadion an der Alten Försterei.

  15. 20.

    Kein Verein kann etwas für hirnlose "Fans", die sich daneben benehmen. Auch gibt es nie eine100%ige Sicherheit. Ich finde es einfach nur schade und traurig, dass Vereine für Hirnlosigkeit Anderer bezahlen sollen.
    Die prompte Reaktion von Union in diesem Fall, den Übetäter für 3 Jahre Stadionverbot zu erteilen, ist folgerichtig. Ich würde ihm sogar die Mitgliedschaft aberkennen, sollte er eine haben. Mehr kann ein Verein eigentlich nicht machen.

  16. 19.

    Den hanebüchenen Kommentar geben Sie von sich,oder waren Sie so sehr von der schauspielerischen Leistung des Torwarts beeindruckt,das Sie die Realität verdrängen.Es hätte nur noch gefehlt,das der TW nach zwei Minuten wie vom Blitz getroffen umgefallen wäre und mit der Trage zum Rettungswagen transportiert wäre. Ich hoffe das Bochum absteigt,notfalls können sie sich ja dann beim Komödienstadel bewerben.

  17. 18.

    Davon einmal abgesehen, dass es ein Unding ist, wenn(angebliche) Fans sich so benehmen, halte ich die Reaktion von Bochum für ziemlich aufgebauscht. Mehrfach hatte man Gelegenheit, sich die Videoaufnahme anzusehen. Nichts deutete darauf hin, dass der Torwart so schwer verletzt war, dass er, gestützt, vom Platz gebracht werden musste und nicht weiterspielen konnte. Im gegenteilo: Erst als er das Feuerzeugvor sich liegen sah, kam plötzlich der "Schmerz".
    Für Bochum natürlich DIE Gelegenheit, nach einem 1:1 zu reklamieren. Einfach nur lächerlich!
    Dem Werfer, sollte er identifiziert worden sein, würde ich als Verein, für lange Zeit eine Stadionsperre aussprechen.
    Solche Besucher, als Fans kann ich diese nicht bezeichnen, bringen Union in Verruf.
    Eisern!

  18. 17.

    Ein Blick in die Rechts- und Verfahrensordnung des DFB sollte da helfen. Vereine sind für das Verwalten der eigenen Fans verantwortlich. Was meinen Sie, warum Union und alle anderen Vereine für die Pyrovergehen der Fans bestraft werden.

  19. 16.

    @John, bitte führ doch aus, worin die Schuld von Union liegen sollte. Diese ist schlichtweg nicht gegeben.

    Allen Beteiligten ist ein sachlicher Blick auf die Sachlage und die Fakten anzuraten.

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