Eklat bei Union gegen Bochum - DFB-Sportgericht verhandelt über Feuerzeugwurf
Das DFB-Sportgericht verhandelt am Donnerstag den Einspruch des VfL Bochum gegen die Wertung des Bundesligaspiels bei Union Berlin. Streitpunkt ist ein Feuerzeugwurf eines Fans aus dem Block des 1. FC Union Berlin. Von Chaled Nahar, sportschau.de
Am Donnerstag um 13:30 Uhr beginnt die mündliche Verhandlung am DFB-Sportgericht in der Verbandszentrale in Frankfurt am Main. Verhandelt wird der Einspruch des VfL Bochum gegen die Wertung der Partie beim 1. FC Union Berlin. Beim Stand von 1:1 war Bochum-Torhüter Patrick Drewes von einem Feuerzeug auf dem Union-Block am Kopf getroffen worden und musste daraufhin vom medizinischen Personal gestützt das Spielfeld verlassen.
Nachdem beide Mannschaften nach einer Unterbrechung zurück aufs Feld kamen, spielten sie sich den Ball bis zum Abpfiff nur noch einige Male hin und her - ein Nichtangriffspakt. Geleitet wird die Sitzung von Stephan Oberholz, dem Vorsitzenden des DFB-Sportgerichts - mehrere Ausgänge sind möglich.
Was ist beim Bundesligaspiel passiert?
Bochums Torwart Patrick Drewes konnte im Spiel bei Union Berlin am 14. Dezember 2024 kurz vor dem Schlusspfiff nicht weiterspielen, er war von einem Feuerzeug am Kopf getroffen worden. Ein Fan hatte den Gegenstand Richtung Spielfeld geworfen.
Die Folgen:
- Torwart Drewes konnte nach Angaben des VfL Bochum nicht weiterspielen. Durch das ausgeschöpfte Wechselkontingent beendete Bochum das Spiel zu neunt, Koji Miyoshi hatte früh in der ersten Hälfte die Rote Karte gesehen.
- Schiedsrichter Martin Petersen setzte die Partie nach einer Unterbrechung von rund 30 Minuten fort, das Spiel endete also regulär. Beide Mannschaften brachten die letzten Momente allerdings passiv ohne jegliche Offensivaktionen über die Bühne, das Spiel ging 1:1 aus. Schiedsrichter Petersen sagte, dass den Verantwortlichen zufolge die Sicherheit gewährleistet gewesen sei und beide Teams sich bereit erklärt hätten, die Partie fortzusetzen.
Welche Ausgänge sind bei der Verhandlung möglich?
Der VfL Bochum legte Einspruch gegen die Spielwertung ein. Dem DFB-Sportgericht bleiben damit grundsätzlich drei Möglichkeiten:
- Aufrechterhaltung des Endstands von 1:1
- 2:0-Wertung für den VfL Bochum
- eine vollständige Spielwiederholung im selben Stadion
Der Sport-Informations-Dienst (SID) berichtet unter Berufung auf den DFB, dass neben Bochums Torwart Drewes auch VfL-Mannschaftsarzt Mark Sandfort vor Ort sowie digital zugeschaltet Dieter Hecking und Felix Passlack als Zeugen der Bochumer auftreten werden. Sport-Geschäftsführer Horst Heldt reist laut SID für Union Berlin an. Auch Schiedsrichter Petersen und DFB-Schiedsrichter-Lehrwart Lutz Wagner sollen demnach aussagen. Möglich ist am Ende auch eine weitere Instanz: Gegen das Urteil des Sportgerichts ist die Berufung beim DFB-Bundesgericht möglich.
Was muss das Sportgericht abwägen?
Laut Rechts- und Verfahrensordnung des DFB ist ein Grund für einen Einspruch die "Schwächung der eigenen Mannschaft durch einen während des Spiels eingetretenen Umstand, der unabwendbar war und nicht mit dem Spiel und einer dabei erlittenen Verletzung im Zusammenhang steht".
Die Gesamtlage stellt das Gericht vor mehrere Fragen: Lag so kurz vor dem Schlusspfiff eine entscheidende Schwächung des VfL Bochum vor? Welche Bedeutung hat der offenkundige "Nichtangriffspakt" zwischen den Teams bei der Entscheidung? Torwart Drewes wurde zwar von dem Feuerzeug getroffen - aber war der Treffer wirklich so folgenschwer?
Wie argumentieren die Klubs?
Die letzte Frage weisen die Bochumer empört zurück. Geschäftsführer Ilja Kaenzig sprach von einer "Täter-Opfer-Umkehr", nachdem Drewes Schauspielerei unterstellt worden war. Bochum gab an, nur "unter Protest" weitergespielt zu haben. "Aus unserer Sicht hätte der Schiedsrichter das Spiel abbrechen müssen. Das ist nicht geschehen", sagte Kaenzig. Bochums Trainer Hecking fügte hinzu: "Ich glaube, es unterschätzen viele, was sich bei ihm mental abgespielt hat."
Im Zweifel wird sich das Sportgericht ein Attest vorlegen lassen, das mögliche Verletzungen von Torwart Drewes glaubhaft belegen muss. Drewes wurde in der Nacht nach dem Spiel nach einer ärztlichen Kontrolle aus dem Krankenhaus entlassen, so der VfL. Der Torwart habe über Unwohlsein, Übelkeit und Kopfschmerzen geklagt, was auch dokumentiert worden sei. Am Bochumer Training am folgenden Sonntag nahm er nicht teil, spielte aber im folgenden Heimspiel gegen den 1. FC Heidenheim. Union Berlin äußerte sich öffentlich bislang nicht mit einer Argumentation für das weitere Vorgehen.
Wie wurde in anderen Fällen entschieden?
Die Situation ist außergewöhnlich: Ein Spieler konnte nicht weiterspielen, die Partie wurde aber regulär zu Ende gebracht. Hätte Schiedsrichter Petersen das Spiel abgebrochen, wäre die Lage klarer. So steht das Sportgericht vor einem schwierigen Fall.
Einigermaßen vergleichbare Fälle gibt es kaum und sie liegen lange zurück. Zwei Beispiele:
- 1988 wurde Borussia Mönchengladbachs Christian Hochstätter in einem Spiel beim Karlsruher SC von einem geworfenen Gegenstand getroffen und konnte wie Bochums Torwart Drewes nicht weiterspielen. Das Spiel wurde wie auch in Berlin zu Ende gespielt, Karlsruhe gewann 3:1. Damals entschied das Sportgericht auf Spielwiederholung, es kam zu einem 2:2.
- 1994 warf ein Fan beim Zweitligaspiel zwischen Bayer Uerdingen und dem VfL Bochum dem Bochumer Torwart Andreas Wessels ein Stück Trockeneis an den Kopf. Wessels musste mit einer Wunde am Kopf ausgewechselt werden, Uerdingen gewann 3:1. Es kam auch hier zu einem Wiederholungsspiel, Uerdingen gewann 3:0.
Welche Folgen drohen Union für das Verhalten des Fans?
Neben dem Verfahren zum Bochumer Einspruch gegen die Spielwertung gibt es ein übliches Sportgerichtsverfahren, bei dem sich Union Berlin für das Verhalten des Zuschauers verantworten muss.
Die Strafe kann eine Geldstrafe sein, aber theoretisch auch bis zu einer Blocksperre oder einem Geisterspiel reichen. Solche Kollektivstrafen verhängte das Sportgericht in der Praxis allerdings seit 2017 nicht mehr. Der Fan, der das Feuerzeug warf, wurde ermittelt. Dies wirkt sich beim DFB-Sportgericht üblicherweise strafmildernd aus. Union teilte mit, dass eine Anzeige erstattet worden sei. "Und wir haben das längstmögliche bundesweite Stadionverbot ausgesprochen, was ein Verein aussprechen kann." Dies beträgt drei Jahre.
Quelle: sportschau.de