Berlin-Hellersdorf - Sechs Personen nach Pro-Gaza-Protest an Alice-Salomon-Hochschule festgenommen

Di 07.01.25 | 18:37 Uhr
Archivbild: Die Fassade der Alice Salomon Hochschule am 13.11.2017 . ( Quelle: picture alliance/dpa-Zentralbild/Britta Pedersen)
picture alliance/dpa-Zentralbild/Britta Pedersen
Audio: Fritz | 06.01.2025 | Marie Boll | Bild: picture alliance/dpa-Zentralbild/Britta Pedersen

Nach einer Demonstration im Zusammenhang mit der Besetzung des Audimax der Alice-Salomon-Hochschule (ASH) in Berlin-Hellersdorf hat die Polizei mehrere Menschen nahe der Hochschule festgenommen.

Wie die Behörde am Dienstag mitteilte, wurden am Montagabend sechs Personen vorübergehend festgenommen. Gegen sie laufen Strafermittlungsverfahren wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, Beleidigung, Widerstands und versuchter Gefangenenbefreiung.

Blockade des Audimax endete friedlich

Vorher hatte eine Gruppe das Audimax der Hochschule blockiert. Ein Sprecher der Hochschule schätzte die Zahl der Teilnehmer auf rund 60. Laut Polizei waren es 50 Personen, die den Angaben zufolge zum Teil vermummt waren. Auf Bannern war etwa der Spruch "Free Palestine" zu lesen. Die Hochschule ging ins Gespräch mit den Protestierenden und kündigte an, die Aktion bis 21 Uhr zu dulden. Alle Personen hätten das Gebäude dann kurz nach 21 Uhr friedlich verlassen, teilte eine Sprecherin der Hochschule dem rbb am Montagabend mit.

Bis zum Abend sei alles friedlich verlaufen, es habe keine Sachbeschädigungen gegeben, hieß es von der Hochschule. Grund für eine Anzeige bestand demnach aus Sicht der Leitung nicht. Die Hochschule habe nicht von ihrem Hausrecht Gebrauch gemacht.

Hinter der Aktion steht offenbar eine Hochschulgruppe, die gegen den israelischen Militäreinsatz im Gaza-Streifen protestiert. Auf Plakaten vor Ort war "Free Palestine" zu lesen.

Kundgebung außerhalb des Gebäudes

Außerhalb des Hochschulgeländes versammelten sich dann im Anschluss bis zu 80 Menschen für eine spontane Kundgebung unter dem Motto "Solidarität mit der Besetzung der Hochschule" am Alice-Salomon-Platz. Die Polizei sicherte die Demonstration mit etwa 180 Kräften ab.

Laut Polizei wurden auf Transparenten und Papierblättern der Aktivisten keine strafbaren Inhalte festgestellt. Antisemitische Äußerungen sind nach Angaben eines Polizeisprechers nicht bekannt. Eine Person soll aus einem Fenster heraus "From the river to the sea" gerufen haben. Der komplette Spruch "Free Palestine - From the river to the sea, palestine shall be free" wird als antisemitisch eingestuft, weil er als Aufruf zur Zerstörung Israels, Vertreibung und Auslöschung der jüdischen Bevölkerung zu verstehen ist.

Kritik an Hochschulleitung

Inzwischen gibt es Kritik an der Präsidentin der Hochschule Bettina Völter. Sie soll während der Besetzung des Hörsaals Polizisten mehrfach dazu aufgefordert haben, den Eingangsbereich des Gebäudes zu verlassen - mit den Worten: "Wir erleben es als Bedrohung, dass sie vorne am Eingang stehen." Das ist laut Deutscher Presse-Agentur in einem Video dokumentiert. Völter soll gesagt haben, dass sie die Polizei nicht gerufen habe und ein Eingreifen der Einsatzkräfte nicht notwendig sei. "Sie kommen nicht in die Hochschule, ich möchte Sie bitten, vom Eingang der Hochschule Abstand zu nehmen."

Die Berliner SPD kritisierte in einer Mitteilung am Montag das Vorgehen der Hochschule. Hochschulen dürften kein Ort für antisemitische Hetze sein. Wenn es doch wieder zu Sachbeschädigungen oder zu antisemitischen Hassreden komme, sei die Identitätsfeststellung der Beteiligten eine Voraussetzung zur Strafverfolgung, heißt es in der Mitteilung weiter.

Auch der Berliner Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) kritisierte am Dienstag das Handeln der Hochschulpräsidentin gegenüber der Polizei. Auf der Plattform X teilte er mit, er halte es für "völlig unverständlich", dass eine Hochschulpräsidentin die Polizei als Bedrohung sehe. "Die Beamten haben absolut richtig gehandelt und haben meine volle Rückendeckung!", so der CDU-Politiker.

Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) lobte die Polizei und betonte, dass die keine Bedrohung sei, "sondern zu jeder Zeit wichtige Arbeit leistet und unsere Hochschulen schützt". Gleichzeitig dankte sie der Hochschulleitung für die Deeskalation der Situation. "Ich bin froh, dass die Besetzung durch den Einsatz aller Beteiligten friedlich beendet wurde."

Das ASH-Präsidium erlaubte unterdessen den Studierenden, die den Audimax besetzt hatten, am Dienstag einen Raum zu den Öffnungszeiten der Hochschule für den weiteren Austausch zu nutzen. "Wir haben mit den Studierenden vereinbart, dass wir eine Fortsetzung nur akzeptieren können, wenn die Regeln eines respektvollen und gewaltfreien Miteinanders gewahrt bleiben", wie es in einer Stellungnahme hieß. Das Präsidium sei dankbar für den engen und konstruktiven Austausch mit der Polizei.

Sendung: Fritz, 06.01.2025, 15:30 Uhr

Nächster Artikel