Bundestagswahl 2025 - Wie Promis und Stars für die Parteien auf Stimmenjagd gehen

Schauspieler Ralf Möller, Sängerin Katja Ebstein, der Rapper Massiv - sie alle engagieren sich im Wahlkampf für eine Partei. Aber bringt das wirklich Stimmen? Oder ist es sogar ein Risiko für die Parteien? Das kommt darauf an, sagt die Wissenschaft. Von Lukas Haas und Nathalie Daiber
Die Bilder zeigen Wahlkampf in Reinform: Kanzlerkandidat Friedrich Merz und Action-Schauspieler Ralf Möller letzte Woche in einer Neuköllner Tischlerei. Sie hobeln, bewerben das Handwerk, die CDU und stellen sich den Fragen der Presse. Es fallen auch Späne, etwa bei der Frage nach der gemeinsamen Abstimmung von CDU und AfD im Bundestag. Doch darüber gehen sie einfach hinweg – denn es geht darum, sich im besten Licht zu präsentieren.
Auch in diesem Wahlkampf zur Bundestagswahl 2025 greifen die deutschen Parteien immer wieder auf die Unterstützung von Berühmtheiten zurück, obwohl die Wissenschaft ein ambivalentes Bild davon zeichnet. Denn die Vergangenheit zeigt: Die Verbindung von Prominenz und Politik kann misslingen.
Das Ziel: mehr Reichweite, größere Beliebtheit
Die SPD und Schlagerikone Roland Kaiser; die CDU und Ralf Möller; die Grünen und Zauberkünstler Siegfried und Joy; die FDP und DJ Paul van Dijk; die Linke und Liedermacher Konstantin Wecker – die Parteien setzen auch in diesem Wahlkampf auf prominente Hilfe.
Sie versuchen so, den Glanz der Prominenten auf sich zu übertragen, sagt Dennis Steffan, Professor für Medienwirkungsforschung an der Freien Universität Berlin. “Die Wahlkampfhilfe durch Prominente soll zeigen, dass ein Kandidat oder eine Kandidatin beliebt ist und über ein großes gesellschaftliches Netzwerk verfügt”. Außerdem gehe es darum, die Reichweite zu steigern und Bevölkerungsgruppen zu erreichen, die nicht zu ihrer Kernklientel gehören.
Obwohl es auch in diesem Wahlkampf prominente Unterstützung gibt, beobachtet Medienwirkungsforscher Steffan weniger solcher Auftritte im Vergleich zu früheren Wahlen – insbesondere der Ära Merkel. Aufgrund ihrer hohen Beliebtheitswerte sei es der Ex-Kanzlerin leichtgefallen, berühmte Persönlichkeiten für ihre Kampagne zu gewinnen.
Prominente Werbung auch riskant
"Aktuell haben wir Kandidatinnen und Kandidaten, die nicht so beliebt sind wie Angela Merkel zu ihren Hochzeiten", sagt Steffan. Deshalb würden sie sich schwerer damit tun, Unterstützer zu gewinnen. "Wenn ein Politiker besonders beliebt ist, dann wollen auch mehr Leute davon profitieren."
Die aufgeheizte politische Stimmung spiegele sich auch in der geringeren Unterstützung wider, da auch das wohl viele Berühmtheiten abschrecke.
Denn auch für Prominente steht ihr Ruf auf dem Spiel, wenn sie sich zu einer Partei bekennen. Wenn eine Partei oder ein Kandidat polarisiert, ist dieses Risiko besonders groß. Das erkläre, warum sich – abseits von Elon Musk - kaum deutsche Prominente für die AfD öffentlich einsetzen.
Einer, der sich seit Jahrzehnten öffentlich zur SPD bekennt, ist Plakatkünstler Klaus Staeck. Trotz der niedrigen Beliebtheitswerte von Olaf Scholz hat er auch in diesem Wahlkampf mit anderen Prominenten einen Wahlaufruf initiiert. "Es bedeutet etwas, seinen Namen unter eine Liste für eine Partei zu setzen. Das spricht sich rum”, sagt Staeck. “Deshalb überlegen sich die Leute das schon gut, ob sie das machen." Er halte es für seine Pflicht, weil er sich sorge und für die Demokratie einsetzen wolle.
Brexit als Negativbeispiel
Ob dieses Engagement den Parteien helfe, sei wissenschaftlich kaum belegt, sagt Martin Emmer, Professor für Kommunikationswissenschaft an der FU Berlin. Die Forschung sei zwar lückenhaft, dennoch zeige sie, dass die Parteien keinen großen Vorteil von prominenten Wahlkampfauftritten davontrügen. "Wenn man etwas feststellen kann, dann oft eher eine konsistent negative Wirkung", sagt Emmer. Mit dem Einsatz falscher Stars können Politiker das eigene Image auch beschädigen.
Ein Beispiel dafür sei die Anti-Brexit Kampagne. "Die Brexit-Gegner haben sehr stark auf Diversität gesetzt und auch Gangsta-Rapper in ihre Kampagne einbezogen", sagt Emmer. "Das hat einige Wähler aus der klassisch linken Arbeiterschaft wohl eher abgeschreckt und von der Wahl abgehalten."
Entscheidend für den Erfolg sei, dass die Prominenten mit den potenziellen Wählern korrespondieren. Denn Wähler komplett umzustimmen, sei in einem Wahlkampf ohnehin kaum möglich. Es gehe vielmehr darum, Sympathisanten zu mobilisieren.
Ein Rapper kurz vor der Wahl
Trotzdem helfen in der Endphase des Wahlkampfes Prominente noch beim Stimmenfang: am Dienstag erst kam es zu einem gemeinsamen Livestream von BSW-Chefin Sahra Wagenknecht und dem Berliner Rapper Massiv.
Der Rapper ist beim Thema Waffenlieferungen und Nahostkonflikt ganz auf der Linie des BSW. Und er erreicht Wählergruppen, die Wagenknecht gerade ansprechen will, um in den Bundestag einzuziehen. Dafür scheint das BSW auch bereit sein, auf die Hilfe des Rappers zu setzen – den wissenschaftlich anerkannten Risiken zum Trotz.
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