Kommunalwahlen 2024 - Hier wird entschieden, wo Windräder und Solarparks entstehen können

Fr 24.05.24 | 06:11 Uhr | Von Riccardo Wittig
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Bau von Basis für neues Windrad. (Quelle: rbb/T.Schönberg)
Audio: Antenne Brandenburg | 16.05.2024 | Riccardo Wittig | Bild: rbb/T.Schönberg

Die Uckermark erlebt einen Boom erneuerbarer Energien. Doch gegen neue Solar- und Windkraftanlagen gibt es immer wieder Proteste. Auf der Kommunalebene entscheiden verschiedenen Gremien über mögliche Standorte. Von Riccardo Wittig

Bei den Kommunalwahlen in Brandenburg werden Tausende zum größten Teil ehrenamtliche politische Posten verteilt. Doch wie funktioniert Kommunalpolitik überhaupt, was wird hier entschieden und welche Probleme gibt es? rbb|24 schaut sich in den Landkreisen und kreisfreien Städten um, welche Themen dort relevant sind.

In der Dorfgaststätte im uckermärkischen Haßleben sitzen viele Menschen an kleinen Tischen, überprüfen Stapel von Dokumenten und hören zu. Es ist die Ortsbeiratssitzung. Martina Blum und Timo Mende müssen an diesem Tag über einen Bebauungsplan befinden. "Wir sprechen als Ortsbeirat eine Empfehlung dafür oder dagegen aus", sagt Mende: "Wir haben immer eine Meinung im Gegensatz zu anderen Würdenträgern, die sich gern enthalten."

Beide parteilose Politiker bilden das unterste Gremium in der Brandenburger Lokalpolitik. Ihre Entscheidung trägt zur Beschlussfassung der Gemeindevertreter ihrer Großgemeinde Boitzenburger Land bei. Es geht, wie so oft in der Uckermark, um grüne Energie: Ein Investor möchte in Haßleben Liquefied Natural Gas (LNG) - also verflüssigtes Erdgas - herstellen. Das soll aus einer landwirtschaftlichen Biogasanlage ganz in der Nähe kommen. Gleichzeitig soll ein Fernwärmenetz im Dorf entstehen.

"Wir wollen erneuerbare Energien haben"

Der Ausbau erneuerbarer Energien prägt den Landkreis Uckermark und die Landschaften. Auf vielen Feldern entstehen Solarparks, Windkraftanlagen werden errichtet. Zudem wollen sich die PCK-Raffinerie in Schwedt und der Windstromproduzent Entertrag als wichtige Standorte der Wasserstoffwirtschaft etablieren. Die Energiewende ist im Landkreis längst angekommen und wird auch vor den Kommunalwahlen kontrovers diskutiert, erklärt Martina Blum: "Ich möchte auch Fernwärme haben." Sie selbst habe eine 30 Jahre alte Ölheizung, die nicht mehr zeitgemäß sei. "Wir wollen erneuerbare Energien haben. Anders funktioniert es nicht", sagt sie.

Mit der Empfehlung aus dem Ortsbeirat muss nun das nächst höhere Gremium, die Gemeindevertreterversammlung, umgehen. Dessen Vertreter sind auch von den Bürgern gewählt und entscheiden über die LNG-Anlage.

Ortsbeirat in Haßleben. Bild: rbbOrtsbeirat in Haßleben

170 Hektar großer Solarpark sorgte für Ärger

Das Vorgehen befürwortet auch der Bürgermeister der Großgemeinde Boitzenburger Land Frank Zimmermann (parteilos). Denn so könnten auch Konflikte minimiert werden. "Bei Bebauungsplänen geht es grundsätzlich immer um Art und Maß der baulichen Nutzung wie Anlagengröße und -standort", sagt Zimmermann. "Das sind Sachen, die die lokale Ebene besser entscheiden kann."

Konflikte gab es in der Gemeinde dennoch bei der Errichtung zwei großer Solarparks auf etwa 170 Hektar Ackerland. In diesem Fall war es die Gemeindevertreterversammlung, die darüber entschied, dass die Photovoltaikanlagen gebaut werden dürfen.

"Da fliegen immer die Fetzen"

Bei der Windenergie entscheidet ein anderes Gremium - die Regionalversammlung. Sie besteht aus Landräten, Amtsdirektoren, Bürgermeistern und Abgeordneten aus den Kreistagen. Zur Regionalversammlung gehört der Planungsausschuss, der sich um die Einzelheiten kümmert.

"Seine Mitglieder achten auf die Einhaltung der selbstgewählten Kriterien", sagt Frank Bretsch (SPD), Vize-Landrat in der Uckermark. Dabei sei vor allem die Einhaltung eines ausreichenden Abstands zwischen Windkraftanlagen und Wohngebieten wichtig. Bei Siedlungen sind es 1.000 Meter, bei einzelnen Gehöften lediglich 800 Meter, erklärt Bretsch.

Neben den Siedlungs- und Windfeldabständen geht es auch um Natur- und Artenschutz oder Verkehrsrecht. All das muss die Regionalversammlung beachten, wenn ein sogenannter Regionalplan aufgestellt wird. "Da fliegen immer die Fetzen. Das ist ein hochemotionales Thema, das die Menschen berührt", sagt Claudia Henze von der Planungsgemeinschaft Barnim-Uckermark.

Die Regionalräte in Barnim und Uckermark haben am Dienstag mit 31 von 43 Stimmen für den neuen Regionalplan für Windenergie gestimmt. Damit wird nun erstmals in Brandenburg den Vorgaben von Bund und Land über die anteiligen Flächen für Windenergie nachgekommen. Der Plan gibt zugleich auch Flächen etwa für Solar- und Gewerbegebiete sowie Rohstofferschließung oder Tourismusprojekte vor.

In ganz Brandenburg sollen bis 2027 - also schon in drei Jahren - 1,8 Prozent der Flächen für Windenergie ausgewiesen sein. Bis zum Jahr 2032 dann insgesamt sogar 2,2 Prozent der Gesamtflächen. Ohne den Regionalplan hätte es einen Wildwuchs von Windanlagen geben können, so Vize-Landrat Bretsch.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 18.05.2024, 19:30 Uhr

Beitrag von Riccardo Wittig

20 Kommentare

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  1. 20.

    Sie meinen, es sollte dort was gemacht / produziert werden, wo es verbraucht wird ?
    Na, was bleibt denn da fürs Land ? Vor allem wenn da nicht so viel leben ? In einem Dörfchen wird dann eine Apotheke, eine Schule, Krankenhaus, Arzt, Autowerkstätten, Müllentsorgung, Autobauer, ein Lebensmittelgeschäft betrieben. Stromerzeugung, Polizei, Busverbindung nur für das Dorf .....
    Andererseits brauchen wir dann noch Bauern, die für andere produzieren ?
    Warum ist das denn nicht schon so ? Oder nennen Sie mir ein Land, wo das so ist ? Mir fällt es gerade nicht ein .....

  2. 19.

    Nicht nur Sie. Auch einige in der Politik. Stichwort E-Autos und Wärmepumpen.

  3. 18.

    Ihr Artikel ist tagaktuell vom 02.01.2018
    ups doch nicht ... eher von VORGESTERN

  4. 17.

    Die "Erneuerbaren" machen dem deutschen Stromnetz immer stärker zu schaffen. Der Netzbetreiber Tennet musste im vergangenen Jahr fast eine Milliarde Euro für sogenannte Noteingriffe ins Netz aufwenden. Natürlich bezahlt auf Sicht nicht Tennet, woher denn, die Kosten werden über die sogenannten Netzentgelte auf den Strompreis umgelegt und landen am Ende beim Verbraucher.

    https://www.verivox.de/strom/nachrichten/stromnetz-am-limit-rekordkosten-fuer-noteingriffe-118982/

  5. 16.

    Denkt jemand an Energiesparen statt immer mehr Energieerzeugung?

    Ja doch, ich!

  6. 15.

    Die sogenannte Energiewende zerstört so, wie sie vielerorts und auch hier umgesetzt wird, unseren Lebensraum. Die Solarstromerzeugung kann und sollte bevorzugt dort stattfinden, wo sie benötigt wird: In den Städten, erzeugt auf den vielen Dächern der Wohnhäuser, der Schulen, der Betriebshallen oder der Handelseinrichtungen. Aber hier kommen wir zum "Problem". Es wären keine Stromtrassen oder Netze erforderlich. Und das geht gar nicht. Damit wird das eigentliche, das große Geld verdient. Gleiches trifft auf Windanlagen zu. Der an sich ebenso billig erzeugte Windstrom muss zum Verbraucher, und auch das ist das Geschäft der Netzbetreiber. Schließlich sind solche Riesen-Solarfelder nur für die Eigentümer großer Flächen wie internationaler Fondgesellschaften geeignet, doch sie entziehen diese Flächen der landwirtschaftlichen Nutzung.

  7. 14.

    "für den Verzicht auf eigene Atomenergie entschieden hat (die wird teuer importiert"

    Warum teuer? Ist Atomenergie angeblich nicht so günstig?!

    Der Import von Atomenergie erfolgt übrigens zu einem beachtlichen Teil, weil die südlichen Bundesländer - allen voran Bayern und Baden-Württemberg - ihren Strombedarf nicht decken können. Also diejenigen, die sich am stärksten WKA verweigern.

  8. 13.

    Oben im Text heißt es: „Die Energiewende ist im Landkreis längst angekommen.“ Was als Energiewende ausgegeben wird, ist keine Energiewende. Koste was es wolle wird ohne Rücksicht auf Verluste und Schäden mit anderen Mitteln und Verfahren der Raubbau an vorhandenen Ressourcen vorangetrieben. Der auf Egoismus basierenden Wachstumsideologie sollte endlich eine Abfuhr erteilt werden. Die Umwandlung von 170 ha Ackerland in eine Solarparkanlage z.B. stellt ein Verbrechen gegenüber der Umwelt und zukünftiger Generationen dar und ist unter Strafe zu stellen.

  9. 12.

    Schäden mit anderen Mitteln und Verfahren der Raubbau an vorhandenen Ressourcen vorangetrieben. Der auf Egoismus basierenden Wachstumsideologie sollte endlich eine Abfuhr erteilt werden. Die Umwandlung von 170 ha Ackerland in eine Solarparkanlage z.B. stellt ein Verbrechen gegenüber der Umwelt und zukünftiger Generationen dar und ist unter Strafe zu stellen.

  10. 11.

    Herr Fabian da sie die nicht von der Hand zu weisenden Argumente des physikers als unwahr hinstellen, präsentieren sie sich als Propagandist der Erneuerbaren Energie-Lobby. Sie plappern ohne nachzudenken die perfiden Parolen der Politiker nach, die im großen Stil Energy-Washing betreiben, indem sie versuchen, das Ganze als Energiewende zu verkaufen. Die sogenannten Erneuerbaren Energien sind, wie jede andere Art der Energieerzeugung auch, nicht nachhaltíg. In großem Maßstab betrieben, zerstören sie den Lebensraum der Menschen, forcieren den Klimawandel und beeinträchtigen die natürlichen Kreisläufe. Die exorbitante Förderung von Speichertechnologien setzt der unsinnigen Entwicklung noch die Krone auf. Speicherung von Energie in Akkus und im Wasserstoff stellen reine Energievernichtungstechnologien dar. Letzte Woche während der Energietage-Veranstaltung in Berlin konnte man erfahren, dass 70 % des reingesteckten Stroms ungenutzt verlustig gehen und zur Erderwärmung beitragen.

  11. 10.

    Der Bürgermeister Frank Zimmermann denkt nur an die Gewerbesteuer. 170 Hektar Soalrpark? Das ist gigantisch. Und es gibt Inder Uckermark schon genug Zerstörung der Naturflächen. Hierfür sollen sogar große Waldflächen gerodet werden!!! Dagegen gibt es Kampf!

  12. 9.

    „Blum: "Wir wollen erneuerbare Energien haben. Anders funktioniert es nicht", sagt sie.“ Wo hat Frau Blum denn diese Erkenntnis her? Sie wird sich wundern, wie teuer die von ihr so hochgelobte Fernwärme wird. Aber wahrscheinlich ist das „Gremium“ in dem sie grün argumentiert und entscheidet, nur eine Lobbyveranstaltung.

  13. 8.

    Gegenwärtig betreiben nur 32 von 194 Staaten weltweit 412 Kernreaktoren, mit abnehmender Tendenz. Rund 110 Atomreaktoren sind 2023 in der Europäischen Union aktuell in Betrieb. Insgesamt 13 der 27 EU-Staaten betrieben Atomkraftwerke. In Dänemark, Estland, Griechenland, Luxemburg, Portugal, Malta, Zypern, Irland, Italien, Litauen, Österreich, Polen und in der Türkei gibt es aktuell keine Atomkraftwerke. Bis 2009 gab es ein AKW in Litauen, das jedoch stillgelegt wurde. Auch in Österreich gab es eines (Kernkraftwerk Zwentendorf), das jedoch infolge einer Volksabstimmung nie in Betrieb genommen wurde. In Italien wurden Kernkraftwerke im Zuge eines Volksentscheids ebenfalls abgelehnt.

  14. 7.

    Kennste ABSTÄNDE? 1000 m reichen nur dann aus, wenn das Windrad 100 m hoch ist. Dann ist es i.O. Nicht nur, aber auch aus diesem Grund ist Windenergie endlich. Ein sinnvoller strategischer Energiemix sichert wettbewerbssichere Preise. Das müssten auch die „Bornirtest:innen“ erkennen können. Die hier erwähnten Regionalräte sind Nichtbetroffene. Ortsbeiräte können Betroffene sein.

  15. 6.

    Ich sehe das Hauptproblem einfach nur bei der ungerechten Verteilung der Belastungen der verschiedenen Regionen.
    UM ist mit den rund 700 WKA eines der am höchsten bestückten Gebiete Deutschlands.
    Gerade hier jetzt vorrangig Erweiterungen vorzunehmen anstatt die bisher kaum benutzen Gebiete nachzuziehen trifft auf Unverständnis. Das ist kein Wunder.

    Zudem kommt noch das offensichtlichen Problem, dass besonders in sonnenreichen Perioden wie diesen Monat zu beobachten ist, dass oftmals tagsüber 30 - 50% der WKA abgeschaltet werden müssen, trotz ausreichend Wind, da schon genügend Solarstrom erzeugt wird.
    Selbst die regionale Erzeugung von Wasserstoff hier in Prenzlau kann den überschüssigen WKA-Strom nicht komplett umwandeln, also Abschaltung von Überkapazitäten. Die WKA fahren erst gegen Abend wieder hoch, wenn PV nachlässt.
    DAS muss vorrangig geändert werden, anstatt die Erzeugung weiter zu zentralisierten.

  16. 5.

    Ihr Beitrag entspricht nicht der Wahrheit. Sie geben nur die nicht konstruktive Sichtweise der grünen Lobby wieder. Sicher können Sie die einzelnen Argumente stichhaltig widerlegen?!

  17. 4.

    Natürlich erkenne ich die Notwendigkeit erneuerbarer Energien, zumal Deutschland sich im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern für den Verzicht auf eigene Atomenergie entschieden hat (die wird teuer importiert und sorgt damit für das hohe Preisniveau).
    Abgesehen von den Windrädern - deren Schönheit wohl im Auge des Betrachters liegt - unzählige Hektar einst landwirtschaftlicher Nutzfläche sind bereits mit Solarfeldern zugedeckt. Je weniger Raum der Landwirtschaft gelassen wird, umso mehr Nahrungsmittel müssen importiert werden - und das oft aus fraglichen Quellen. Auch wenn Strom in zunehmendem Maße benötigt wird- ich halte den derzeitigen Weg langfristig für wenig sinnvoll.

  18. 3.

    So gut wie keines ihrer Argumente entspricht der Wahrheit. Sie wiederholen nur die Floskeln der fossilen Lobby.

  19. 2.

    Deutschland hat die höchsten Strompreise in der EU. Nicht nur, dass die Landschaft mit "Erneuerbaren" verhunzt wird, es kostet deswegen so viel Geld, weil eine doppelte Infrastruktur bereitgehalten werden muss und mit jeder "Erneuerbaren" ein fossiles Gaskraftwerk im Bedarfsfall hochgefahren muss, um den Flatterstrom zu glätten.
    Erste Vorboten sind aktuell die kleinen Stromausfälle. Laut den befragten Unternehmen verursachen die Stromausfälle bei den Unternehmen häufig finanzielle Schäden in Höhe von bis zu 10.000 Euro (32 %), 10.000 bis 100.000 Euro (15 %) und mehr als 100.000 Euro (2 %). Die "Speicher im Netz" gibt es halt nicht und Wind-, Wasser- und Solarkraftwerke aber nicht so konstant Strom liefern wie Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke.

  20. 1.

    "Da fliegen immer die Fetzen. Das ist ein hochemotionales Thema, das die Menschen berührt", sagt Claudia Henze von der Planungsgemeinschaft Barnim-Uckermark."
    Das liegt halt daran das es in der Uckermark fast 700 Anlagen gibt, bei meinen Eltern hat kann man locker 150 Windräder sehen, man muss sich nur einmal drehen.
    Bei diesen Regionalplan finde ich die Verteilung auch ungerecht, in der Uckermark stehen fast 700 und im Barnim nur 170 Windräder. Die Sättigung ist halt erreicht, deswegen gibt es auch soviel Ärger.

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