Interview | Neuer BFC-Trainer Dirk Kunert - "Wenn wir nach der Hinrunde noch gut dabei sind, kann man vielleicht mit uns rechnen"

Do 21.09.23 | 20:39 Uhr
Der neue BFC-Trainer Dirk Kunert (Quelle: imago images/Bild13)
Bild: imago images/Bild13

Nach der geräuschvollen Entlassung von Heiner Backhaus ist Dirk Kunert neuer Trainer des BFC Dynamo. Im Interview spricht er über die Stimmung im Verein, das Ziel Aufstieg und die Besonderheiten des Berliner Fußballs.

rbb|24: Seit etwas mehr als einer Woche sind Sie jetzt Trainer beim BFC Dynamo. Wie blicken Sie auf diese ersten Tage zurück?

Dirk Kunert: Sehr positiv natürlich, denn wir sind gut gestartet. Man hatte wenig Zeit, dazu die Turbulenzen vorher mit der Trainerentlassung. Sowas ist für die Mannschaft immer nicht leicht. Für mich als neuer Trainer war es wichtig, die Ruhe zu bewahren und sich auf das Spiel zu konzentrieren. Ich denke, das ist ganz gut gelungen.

Sie sprechen es an: Nach der Trennung von Heiner Backhaus hat es einige Unruhe in und um den Verein gegeben. Wie haben Sie die Situation wahrgenommen und inwiefern hat das die Mannschaft beeinflusst?

Ich bin sehr überrascht gewesen, dass die Mannschaft gar nicht groß gehadert, sondern das cool weggesteckt hat. Sie hat es mir unheimlich leicht gemacht. Ich bin in eine intakte Mannschaft gekommen, die sehr fleißig und diszipliniert ist. Vorher wurde hier auch gute Arbeit geleistet.

Ihr Vorgänger hat unter anderem die Kommunikation zwischen der Vereinsführung und ihm als Trainer kritisiert. Hatten Sie mit Heiner Backhaus Kontakt und wie haben Sie den Umgang untereinander im Verein bisher wahrgenommen?

Ich kenne Heiner ganz gut und wir haben uns vorher auch ein, zwei Mal ausgetauscht. Wir haben jetzt noch nicht telefoniert, aber das werde ich noch machen. Ich wollte, dass jetzt erstmal ein bisschen Ruhe einkehrt. Was vorher hier war, weiß ich nicht. Ich kann nur sagen, dass ich sehr gute Gespräche mit den Verantwortlichen hatte. Da war ein angenehmes Klima, das hat mir gut gefallen. Und darin werde ich jetzt bestätigt. Rings um den Verein arbeiten gute Leute. Auch die Bedingungen sind sehr gut. Ich kannte auch die Mannschaft größtenteils schon. Der Spirit untereinander ist sehr gut. Auch die Fans können den Ausschlag geben, dass wir mal ein Spiel zu unseren Gunsten drehen. Es sind viele positive Faktoren.

Sportlich hätte Ihr Start nicht besser laufen können. Im ersten Spiel gelang ein 3:0-Sieg gegen Babelsberg. Was hat Ihnen bei diesem Spiel schon gut gefallen und woran wollen Sie noch arbeiten?

Ich habe im Vergleich zu dem Fußball, der hier vorher gespielt wurde, schon einen anderen Ansatz. Ich möchte, dass wir noch bessere Lösungen finden, wenn wir den Ball haben. Ich hätte da gerne noch bessere Abläufe und mehr Selbstbewusstsein. Gegen den Ball sind wir sehr aggressiv und machen es sehr gut.

Nach Ihrer Entlassung in Jena im Oktober 2021 waren Sie nicht mehr als Trainer aktiv. Was haben Sie seitdem gemacht?

Erstmal hat man ein bisschen Abstand gewonnen. Die Jahre davor waren nicht so leicht, wegen der Pandemie konnte man nicht reisen. Deshalb war ich viel unterwegs, aber nicht nur in der Freizeit. Ich habe zum Beispiel beim FC Bayern München hospitiert, bei Jochen Sauer, den ich noch von Hertha BSC kenne. Ich war auch in Paderborn. Auch bei Hertha, Union und anderen Vereinen habe ich beim öffentlichen Training zugeschaut. Man reflektiert sich auch selbst. Ich habe versucht, mir neue Impulse zu geben und auf dem neuesten Stand zu bleiben. Ich habe über den Tellerrand hinausgucken können und das war für mich sehr positiv.

Neben Jena war auch der Berliner AK eine vorherige Trainer-Station von Ihnen - die Regionalliga Nordost kennen Sie also bereits gut. Wie schätzen Sie die Liga in dieser Saison ein und welche Rolle kann dabei der BFC spielen?

Die Liga ist echt stark, sogar stärker als in den Jahren davor. Es ist sehr ausgeglichen und jeder rechnet sich etwas aus. Aber es ist noch keine Mannschaft dabei, die sich schon mit acht oder zehn Punkten abgesetzt hat. Und jedes Spiel muss wirklich gespielt werden. Es gab auch mal drei, vier Mannschaften, bei denen man wusste: Wenn nicht allzu viel schiefläuft, gewinnt man das Spiel. Diese Spiele hast du nicht mehr. Ein Beispiel ist das Heimspiel vom BFC gegen Meuselwitz. Es ist unentschieden ausgegangen, aber das Spiel hätte man auch verlieren können. Die Liga ist in diesem Jahr noch kompakter und geschlossener.

In dieser Saison steigt der Meister direkt in die 3. Liga auf. Ist das für Sie mit dem BFC das Ziel?

Ja, der Verein hat es so formuliert. Ich fand die Mannschaft schon spannend, bevor ich hier Trainer war. Die Liga ist wie gesagt sehr eng. Aber wir wollen so lange wie möglich vorne dabei sein und - wenn es geht - zuschlagen. Die Zielvorgabe ist schon eine hohe, man will ganz oben dabei sein. Aber das hat mich auch gereizt. Ich habe keine Lust auf die goldene Ananas.

Demnächst steht ein Auswärts-Doppelpack in Sachsen an, erst gegen Lok Leipzig, dann gegen den Chemnitzer FC. Wie wollen Sie diese beiden Spiele angehen?

Wir wollen natürlich gewinnen. Man muss schon sagen, dass unser Programm in der Hinrunde hart ist. Wir haben jetzt zwei Auswärtsspiele gegen unangenehme Mannschaften. Wir müssen noch zu Hertha BSC II, nach Cottbus und nach Erfurt. Wenn wir nach der Hinrunde noch gut dabei sind, dann kann man vielleicht mit uns rechnen.

Kevin Prince Boateng (l.) mit Dirk Kunert (m.) und Zecke Neuendorf (Quelle: imago images/Nordphoto)Dirk Kunert (mittig) hat Kevin Prince Boateng (links) in der Jugend trainiert.

Mit dem Job beim BFC sind Sie auch in die Heimat zurückgekehrt: Sie sind gebürtiger Berliner und haben unter anderem die Boateng-Brüder gecoacht. Was zeichnet denn aus Ihrer Sicht den Berliner Fußball und seine Fußballer aus?

Ich bin Berliner und kenne die Mentalität. Ich habe viel mit jungen Burschen zu tun gehabt. Die kommen aus allen sozialen Schichten, wie ganz früher die Boateng-Brüder. Man hat immer gesagt, das seien schlimme Jungs. Aber das waren die einfachsten Jungs, die man trainieren konnte. Die wollen einfach nur Fußball spielen. Man muss ihnen Vertrauen geben. Und sie können nicht verlieren, das finde ich gut. Ich mag das Freche, das Multi-Kulti, das macht eine Menge aus.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Lisa Surkamp-Erler, rbb Sport.

 

Sendung: rbb24, 21.09.2023, 21:45 Uhr

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