DBBL-Beschlüsse vor Heim-WM - Damit der Basketball der Frauen in Deutschland heller strahlt
Vor der Basketball-WM der Frauen im eigenen Land soll die nationale Liga auf ein neues Niveau gehoben werden. Dafür haben sich die Vereine zu neuen Richtlinien verpflichtet. Alba Berlin genießt dabei Vorbildcharakter. Von Shea Westhoff
Leere Hallen, wenige Spielerinnen mit Starpotenzial, geringe mediale Strahlkraft. Dass die Basketballerinnen in Deutschland professionellere Bedingungen brauchen, damit dieser Sport in Deutschland bestehen kann, das war schon länger klar. Dass man sich mit der Realisierung dieses Ziels besser heute als morgen beschäftigen sollte, dafür war wohl ein Moment mitentscheidend.
Im April erhielt Deutschland den Zuschlag für die Austragung der Weltmeisterschaft 2026. 16 Teams werden vom 4. bis 16. September in Berlin um den Titel kämpfen. Damit verbunden ist hierzulande die Hoffnung, dass das Turnier nach dem sensationellen WM-Erfolg der Männer nun auch insbesondere bei den Mädchen und Frauen eine neue Begeisterung für den Sport entfacht. Allerdings wäre ein Ausscheiden des deutschen Nationalteams in der Vorrunde dafür wenig hilfreich.
Heim-WM als "kleiner Katalysator"
Im Dezember haben die Klubs der Damen-Basketball-Bundesliga (DBBL) wegweisende Beschlüsse für eine Professionalisierung zu Papier gebracht. Das hätte man auch ohne die WM im eigenen Land in Angriff genommen, betont Daniel Endres gegenüber rbb|24. Er war als Vertreter von Alba Berlin gemeinsam mit Vertretern anderer DBBL-Klubs Teil einer Arbeitsgemeinschaft, um neue Standards für die Liga zu formulieren. Diese wurden daraufhin in zwei Mitgliederversammlungen diskutiert und abgesegnet.
Endres räumt aber ein: "Es hat sicherlich nicht geschadet, dass die WM im eigenen Land stattfindet." Dies habe für die neuen Ziele als "kleiner Katalysator" gedient.
Der bislang offensichtlichste Makel der höchsten Liga der Basketballerinnen ist seit jeher: Die vielversprechendsten deutschen Akteurinnen spielen anderswo. Sei es die in Berlin geborene Dallas-Wings-Starspielerin Satou Sabally, die abseits des US-amerikanischen Spielkalenders nicht etwa für eine deutsche Mannschaft aufläuft, sondern für den chinesischen Klub Shandong Shangao; seien es die Topspielerinnen Emily Bessoir (US-College UCLA), Marie Gülich (Valencia) oder Leonie Fiebich (Saragossa). Die Liste ließe sich fortführen.
Was hätten Spielerinnen dieses Formats bislang auch in Deutschland zu gewinnen gehabt? Die aktuell mit nur zwölf Teams bestückte Liga galt lange als eher mauer Wettbewerb.
Einige Punkte haben es in sich
Auch deswegen haben sich alle Mannschaften nun der Professionalisierung der DBBL verpflichtet [toyota-dbbl.de]. Das Beschlusspapier soll die Liga in mehrerlei Hinsicht weiterentwickeln, wie Endres sagt. Es solle "die Attraktivität steigern für Sponsoren, fürs Fernsehen, aber natürlich auch für Spielerinnen".
Einige der Punkte haben Anbetracht überwiegend kleiner DBBL-Vereinsstrukturen es in sich, die teilweise noch stark von ehrenamtlichem Einsatz geprägt werden. Unter anderem besagt das Papier, dass jeder Bundesligist ab der kommenden Saison ein weibliches Nachwuchsteam stellen muss; dass eine verpflichtende Quote von mindestens vier deutschen Spielerinnen pro Team gilt – ab 2026 sind es gar sechs von zwölf; dass am Spielfeldrand LED-Werbebanden angebracht werden müssen (ab 2025); dass langfristig eine Hallen-Mindestkapazität von 1.500 Zuschauern angestrebt wird.
Alba Berlin genießt dabei schon jetzt strukturellen Vorbildcharakter: "Es fängt ja schon im Jugendbereich an, dass wir da Physiotherapeuten haben und Psychologen haben", sagte etwa Alba-Spielerin Stefanie Grigoleit dem MDR. "Es wird von unten aufgebaut, das ist etwas, was ich als deutsche Spielerin vorher nie gehabt habe."
Endres betont allerdings, dass die DBBL-Teams bei der neuformulierten Vision am selben Strang gezogen hätte: "Alle Klubs sind ambitioniert und bereit, sich aus ihrer Komfortzone hinauszubewegen."
Blick auf den Fußball desillusionierend
Auch Alba-Geschäftsführer Marco Baldi begrüßt den neuen Vorstoß, sagt, eine Liga könne sich nur entwickeln, wenn man sie "infrastrukturell" verbessere. "Das ist nichts Neues, man kann jede Liga der Welt nehmen - von der NBA über die Euroleague über die BBL", sagt er.
In der BBL war den Teams bereits im Jahr 2012 eine damals durchaus diskutierte Nationen-Quote auferlegt worden: die sogenannte 6+6-Regel, nach der stets sechs deutsche Spieler in den Kadern gelistet sein mussten. Befürworter dieser Regel sehen im deutschen WM-Erfolg vom Vorjahr eine Bestätigung der Regel.
Ein Blick auf den Fußball wirkt dennoch desillusionierend. Dort ist der Stellenwert der Frauen-Bundesliga zwar in den vergangenen Jahren enorm gewachsen, allerdings um den Preis, dass die Zusammensetzung der Liga weitgehend ein Abziehbild der Männer-Bundesliga ist.
Sind ähnliche Tendenzen nun im Basketball zu befürchten? Die neuen DBBL-Richtlinien dürften jedenfalls für diejenigen Klubs am leichtesten umzusetzen sein, die eine große BBL-Abteilung an ihrer Seite haben – aktuell sind das allerdings nur Alba Berlin und der Mitteldeutsche BC.
Der DBBL-Vorsitzende Andreas Wagner sagte indes dem MDR: "Wir haben darauf geachtet, dass wir alle Vereine mitnehmen können." Deshalb seien die erforderlichen Maßnahmen auch teilweise erst bis 2028 anvisiert worden. "Natürlich erfordert es für die kleineren Vereine etwas mehr Engagement", insbesondere, was das Ziel der hauptamtlichen Strukturen in den Klubverwaltungen angehe. Auf der anderen Seite gebe es auch Vereine, "die vielleicht mal deutscher Meister waren, aber insbesondere im Nachwuchsbereich hinterherhängen". Auch solche Klubs hätten nun Nachholbedarf, sagte Wagner, ohne Namen zu nennen.
Nachwuchs wird "nacheifern"
Marco Baldi zeigt sich optimistisch, dass die erhoffte Professionalisierung der DBBL vor allem für den Nachwuchsbereich einen positiven Effekt haben wird. Wenn Kinder sehen, "dass Frauen, Mädchen aus ihrer eigenen Umgebung diesen Weg gegangen sind und auch in einem Bundesligateam angekommen sind, dann werden die nacheifern", sagt er.
Und sicher würde auch ein gutes Abschneiden des Nationalteams bei der Heim-WM 2026 für einen zusätzlichen Motivationsschub beim Basketball-Nachwuchs sorgen. Aber vorher hat der deutsche Basketball der Frauen noch viel Arbeit vor sich – die er unter anderem mit dem neuen Beschlusspapier nun angehen will.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Beitrags hieß es, Satou Sabally spiele für Fenerbahce Istanbul. Das ist falsch, seit 2023 spielt sie nicht mehr in Istanbul, sondern für den chinesischen Klub Shandong Shangao BC [basketball-bund-de]. Wir haben den Fehler korrigiert und bitten, ihn zu entschuldigen.
Sendung: rbb24 Inforadio, 18.01.2023, 20:15 Uhr