Paris 2024 - Die erfolgreichsten Sommer-Olympioniken aus Berlin und Brandenburg
Dressurreiterin Isabell Werth ist bei den Olympischen Spielen von Paris zur erfolgreichsten deutschen Olympionikin aller Zeiten aufgestiegen. Doch wer sind eigentlich die medaillenträchtigsten Athleten aus Berlin und Brandenburg? Von Ilja Behnisch
Die Dressurreiterin Isabell Werth hat ihrer Medaillensammlung bei den Olympischen Spielen in Paris zwei weitere hinzugefügt. Mit achtmal Gold und sechsmal Silber ist die Rheinländerin Deutschlands erfolgreichste Olympionikin. Wer aber sind die erfolgreichsten Teilnehmer an Olympischen Sommerspielen aus Berlin und Brandenburg?
Barbara Krause (3x Gold, 0x Silber, 0x Bronze)
Die 1959 in Ost-Berlin geborene Schwimmerin Krause ist eine Ausnahme in dieser Liste. Weil sie ihre größten Erfolge zwar wie so viele, die hier noch folgen werden, im Wasser errungen hat, allerdings ohne dabei in irgendeiner Form von Boot zu sitzen. Krause siegte bei den Sommerspielen von Moskau 1980 über 100 und 200 Meter Freistil, dazu in der Staffel über 100 Meter.
Der Schatten, der über ihrer Karriere liegt, heißt Doping. So verpasste Krause die Spiele 1976 in Montreal offiziell wegen einer Erkrankung. Tatsächlich aber befürchteten die Teamärzte der DDR schlicht einen positiven Doping-Test, nachdem sie sich bei der verabreichten Dosis vertan hatten. Auch im Privatleben hatte die Einnahme der anabolen Steroide Konsequenzen. So gilt als wahrscheinlich, dass Krause deshalb zwei schwer behinderte Kinder zur Welt brachte.
Sebastian Brendel (3x Gold, 0x Silber, 1x Bronze)
Der erste Kanute der Liste und einer, der sich wie in seinen Wettbewerben noch nach vorn arbeiten kann auf den letzten Metern. Ob die Spiele von Paris 2024 tatsächlich seine letzten werden, ist noch offen. Dass er bei den Spielen von 2024 noch einmal auf eine Medaille hofft (Vorläufe ab Mittwoch, den 7. August), hingegen klarer als ein Brandenburger See. Der 1,92 Meter große Polizeihauptmeister Brendel ist neben dem Tschechoslowaken Josef Holeček der einzige Kanute, der eine Goldmedaille im Einer-Canadier verteidigen konnte (2016 in Rio de Janeiro).
Anke von Seck (3x Gold, 1x Silber, 0x Bronze)
Wurde 1966 in Brandenburg an der Havel als Anke Nothnagel geboren. Sportlich aber führte der Name komplett in die Irre. Die Kanutin triumphierte bei den Spielen 1988 und 1992 (dann schon als Anke von Seck) als kongeniales Team-Mitglied sowohl im Zweier- als auch Vierer-Kajak. Studierte später Pädagogik und arbeitete beim SC Empor Rostock als Trainerin.
Torsten Gutsche (3x Gold, 1x Silber, 0x Bronze)
Ja, Mensch, Überraschung: Ein erfolgreicher Kanute aus Brandenburg! 1968 in Eisenhüttenstadt geboren siegte Gutsche sowohl 1992 als auch 1996 im Kajak-Zweier. Zwei Mal über 500 Meter, einmal über die 1.000 Meter. Über diese Distanz kam in Atlanta 1996 auch noch Silber hinzu. Gewann 1992 den "Minibambi Olympia". War bei Weltmeisterschaften weitaus erfolgreicher als sein Olympia-Teamkollege Kay Bluhm. Der allerdings …
Kay Bluhm (3x Gold, 1x Silber, 1x Bronze)
… eine Bronze-Medaille mehr errungen hat als Gutsche. Die holte der ebenfalls 1968 in Brandenburg an der Havel geborene Bluhm bereits 1988 im Kajak-Vierer über die 1.000 Meter. Und das trotz der damals geraden einmal 20 Lebensjahre als Quasi-Spätberufener, denn Bluhm hatte sich zuvor sowohl als Fußballer, als auch als Handballer und Basketballer versucht. Sportlich divers ging es auch nach der Kanu-Karriere weiter. Als Hobbys des Kanu-Rentners gelten Hochseeangeln und Golf.
Hermann Weingärtner (3x Gold, 2x Silber, 1x Bronze)
Der Super-Exot in dieser Liste. Denn Weingärtner ist nicht nur der einzige Turner, sondern auch mit Abstand der Älteste hier. Man könnte auch sagen: Der einzige bereits Verstorbene. 1864 in Frankfurt/Oder geboren, war Weingärtner Teil der ersten Olympischen Spiele der Neuzeit, 1896. Er gewann im Einzel am Reck, sowie mit der Mannschaft an Reck und Barren. Grenzenloser Jubel brach darüber in der Heimat nicht aus. Der deutsche Turnverband hatte die Spiele boykottiert und die Sportler, die dennoch teilnahmen, anschließend gesperrt. Weingärtner, der zwischenzeitlich in Berlin lebte, übernahm später die Badeanstalt seines Vaters auf der Insel Ziegenwerder und verstarb im Dezember 1919.
Kathrin Boron (4x Gold, 0x Silber, 1x Bronze)
Und wieder Eisenhüttenstadt, Jahrgang 1969. Verpasste ihre ersten Spiele, 1988 in Seoul, aufgrund einer Verletzung. Ruderte sich danach aber im Doppelzweier und Doppelvierer erfolgreich durch gleich fünf Olympische Spiele. Dabei wollte sie doch eigentlich Leichtathletin werden. Durfte bei den Spielen 2004 die deutsche Fahne tragen während der Abschlussfeier. Im Leichtathletik-Stadion von Athen. Immerhin. Heute arbeitet die gelernte Bankkauffrau in der Athletenförderung.
Katrin Wagner-Augustin (4x Gold, 1x Silber, 1x Bronze)
Auch die 1977 in Brandenburg an der Havel geborene Kanutin durfte einmal die deutsche Fahne tragen bei einer Abschlussfeier, 2008 in Peking. Wagner-Augustin holte ihre Medaillen allesamt über die 500 Meter-Distanz, dafür sowohl im Einer, als auch im Zweier und im Vierer. Stellvertretend für viele Frauen, die ähnlich Erstaunliches geleistet haben, sei noch erwähnt, dass Wagner-Augustin vor ihren letzten Spielen, 2012 in London, eine Babypause einlegte und anschließend dennoch Silber holte.
Birgit Fischer (8x Gold, 4x Silber, 0x Bronze)
1962 ebenfalls in Brandenburg an der Havel geboren und bis zu den Spielen von Paris, bis zum erneuten Gold von Dressurreiterin Isabell Werth, Deutschlands erfolgreichste (Sommer-)Olympionikin überhaupt. Siegte zwischen 1980 (!) und 2004 (!) im Kajak-Einer, -Zweier und -Vierer, immer über die 500 Meter. Keine andere Sportlerin der Welt war über einen so langen Zeitraum erfolgreich bei Olympia wie Fischer. Die 2008 und 2012 erneut antreten wollte, aber zunächst aus beruflichen, später aus gesundheitlichen Gründen doch passen musste. Die Diplomsportlehrerin hätte vermutlich noch mehr Medaillen geholt, hätten die Ostblock-Staaten nicht die Sommerspiele von 1984 in Los Angeles boykottiert.
Dafür wurde Fischer bei den Spielen 2000 in Sydney die Ehre zu Teil, deutsche Fahnenträgerin zu sein. Bereits 1996 in Atlanta trug sie die Flagge zur Abschlussfeier. Ein Hobby nach der Karriere: Fotografie. Schönster Satz dazu auf ihrer eigenen Homepage [kanufisch.de]: "Wenn ich trainiert habe, bin ich immer viel zu schnell an interessanten Dingen vorbei gefahren. Irgendwann habe ich angefangen, langsamer zu fahren. Heute habe ich immer einen Fotoapperat mit im Boot."
Sendung: rbb/24 Inforadio, 05.08.2024, 19:15 Uhr