Gerichtsurteil -
Im Frühjahr 2022 besetzten Mitglieder der Gruppe "Letzte Generation" Erdöl-Pumpstationen und drehten Hähne zu. Die Bilder wurden ins Netz gestellt - was aber illegal war. Das hat das Landgericht Neubrandenburg entschieden.
Wer eine Energieanlage besetzt und diese manipuliert, muss nach Einschätzung eines Gerichts mit Strafe rechnen und darf auch Bilder davon nicht veröffentlichen. Das hat das Landgericht Neubrandenburg (Mecklenburg-Vorpommern) am Dienstag in einem Zivilprozess klargestellt, wie die Nachrichtenagentur dpa berichtet.
Richter Steffen Seligmüller habe demnach eine einstweilige Verfügung gegen die Gruppe "Letzte Generation" bestätigt. Deren Mitglieder hatten im Frühjahr mehrfach Pumpstationen der Erdöl-Pipeline von Rostock ins brandenburgische PCK Schwedt (Uckermark) illegal besetzt und die Bilder veröffentlicht. Dagegen klagte das PCK.
Klimaschutz nach rechtsstaatlichen Mitteln
"Wenn jeder meinen würde, er könne - wenn ihm etwas nicht gefällt - eine Straftat begehen, dann landen wir im Chaos", sagte Seligmüller. Die Besetzung der Pumpanlage, in dem Fall im Mai bei Lindenhof (Mecklenburgische Seenplatte), sei Hausfriedensbruch und eine Straftat. Man könne sich für Klimaschutz einsetzen, aber bitte mit rechtsstaatlichen Mitteln, so der Jurist.
Die Erdölleitung verläuft vom Ölhafen Rostock und soll dem für Ostdeutschland wichtigen Betrieb Rohstoffe sichern, wenn im Zuge der EU-Sanktionen oder eines Embargos weniger oder gar kein Erdöl mehr aus Russland durch die unterirdische Erdölleitung Druschba über Polen kommt.
Denn ab dem 1. Januar soll ein Ölembargo gegen Russland wegen des Ukraine-Kriegs greifen. Die Bundesregierung hat sich auf EU-Ebene verpflichtet, auch auf russisches Pipelineöl zu verzichten. Darauf ist PCK aber bisher angewiesen - die Raffinerie wird seit Jahrzehnten über die Druschba-Pipeline mit russischem Öl beliefert.
Widerspruch gegen einstweilige Verfügung
Die Raffinerie hatte im Juni eine einstweilige Verfügung gegen den Besetzer der "Letzten Generation" beim Landgericht erwirkt. Bei einem Verstoß dagegen wurden 250.000 Euro Strafe oder Ersatzhaft angedroht. Dagegen legte der Beklagte aus der Gruppe - der Schauspieler Raul Semmler - im Juli Widerspruch ein, mit dem sich nun das Landgericht befasste, wie die dpa berichtet.
Da Bilder von der Besetzung weiter im Internet kursieren, hat die Firma laut dpa noch zwei "Ordnungsmittelanträge" gestellt. Darin werden dem Beklagten einmal 1.500 Euro Geldstrafe und eine noch höhere Summe auferlegt. Der Schauspieler und der Anwalt der Gruppe hatten der Raffinerie auch einen Vergleich vorgeschlagen. So wollte Semmler kostenlos für das PCK werben und ein Drehbuch zur Firmenentwicklung schreiben, wenn das Unternehmen ab 1. Januar 2024 klimaneutral produziert. Das sei technisch unmöglich, sagte PCK-Geschäftsführer Ralf Schairer nach dpa-Angaben im Gericht. Man sei beim Klimaschutz "vielleicht gar nicht so weit auseinander". Aber eine Transformation brauche nunmal eine gewisse Zeit.
Zwölf Verfahren anhängig
Als Motiv für die Anlagenbesetzungen hatte die Umweltgruppe angegeben, die "fossile Zerstörung" stoppen zu wollen, die in eine "Klimakatastrophe" führe. Die Neubrandenburger Staatsanwaltschaft ermittelt in zwölf solcher Verfahren wegen Störung öffentlicher Betriebe, Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch gegen Besetzer.
Sendung: Antenne Brandenburg, 11.10.2022, 17:30 Uhr