Liefermengen und Grenzwerte - Wasserverband WSE offenbar uneins über neuen Vertrag mit Tesla

Mi 04.12.24 | 11:24 Uhr
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Im Klärwerk Münchehofe, werden im Auftrag des Wasserverbandes Strausberg-Erkner (WSE), auch die Abwässer vom Unternehmen Tesla gereinigt. Aufnahme vom 16.04.2024. (Quelle: dpa-Bildfunk/Patrick Pleul)
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Audio: Antenne Brandenburg | 03.12.2024 | David Klewenow und Martin Krauß | Bild: dpa-Bildfunk/Patrick Pleul

Seit anderthalb Jahren wird über einen neuen Wasservertrag zwischen Tesla und dem Wasserverband WSE verhandelt. Das US-Unternehmen will weniger Wasser nutzen, dafür stärker verschmutzes Abwasser abgeben. Im Verband ist man sich darüber offensichtlich nicht einig.

  • Einigung über neuen Vertrag zur Wasserversorgung der Tesla-Fabrik am Mittwoch fraglich
  • Tesla fordert weniger Wasser, will aber stärker verschmutztes abführen
  • Uneinigkeit über neuen Vertragsentwurf innerhalb des Wasserverbands
  • Kündigung des Vertrags und Rechtstreit möglich
  • Tesla und IHK Ostbrandenburg fordern schnelle Einigung

Der neue Vertrag zur Wasserversorgung des Tesla-Werks in Grünheide (Oder-Spree) steht auf der Kippe. Am Mittwoch will der zuständige Wasserverband Strausberg-Erkner (WSE) erneut über einen angepassten Vertragsentwurf beraten. Nicht zum ersten Mal. Denn immer wieder - zuletzt im Oktober - wurden die Beratungen dazu vertagt. Schließlich sollte die Entscheidung am Mittwoch getroffen werden. Doch das scheint nun wieder völlig offen.

Verhandlungen seit anderthalb Jahren

Konkret geht es um einen neuen Vertrag zwischen Tesla und dem WSE. Seit eineinhalb Jahren verhandeln beide Seiten bereits dazu. Hintergrund der aktuellen Verhandlungen sind unter anderem Probleme mit dem Abwasser von Tesla. Der US-Elektroautobauer hat wiederholt vertraglich vereinbarte Grenzwerte - sogenannte Einleitparameter - überschritten. Der WSE sieht das als problematisch an und hatte deswegen schon mit einem Entsorgungsstopp gedroht. Das könnte in der Folge dann sogar zu einem Produktions-Ausfall im Werk in Grünheide führen, weshalb ein neuer Vertrag ausgehandelt werden soll.

Neue Grenzwerte für Verzicht auf Wasser?

Um höhere Grenzwerte in einem neuen Vertrag zu erhalten, hat der US-Autobauer im Gegenzug angeboten, auf bereits zugesicherte Wasser-Liefermengen zu verzichten. Dabei spielt der bisherige Vertrag eine entscheidende Rolle: Dieser wurde im Jahr 2020 geschlossen - also noch bevor das Werk in Grünheide überhaupt gebaut wurde. Damals ging sowohl Tesla als auch der WSE von einer anderen Entwicklung des Werks mit einem höherem Wasserbedarf und einer anderen Abwasser-Zusammensetzung aus.

Aufgrund anhaltender Kritik hatte Tesla jedoch seinen Wasserverbrauch umgestellt und vor knapp zwei Jahren eine der modernsten und größten Abwasseraufbereitungs-Anlagen Deutschlands gebaut. Rund 40 Millionen Euro sind dafür investiert worden, bestätigte Tesla auf Anfrage dem rbb-Studio Frankfurt (Oder). Mittlerweile könnten durch die Anlage nahezu 100 Prozent des Abwassers aus der Produktion aufbereitet und innerhalb des Werks wiederverwendet werden - das betrifft aber nicht das Sanitärabwasser, dazu gleich mehr.

Tesla benötigt damit weniger Wasser als im ursprünglichen Vertrag mit dem WSE veranschlagt. Statt der zugesicherten 1,8 Millionen Kubikmeter Frischwasser pro Jahr könne der US-Konzern mit deutlich weniger auskommen. Der US-Elektroautobauer hatte daher eine Freigabe von 377.000 Kubikmeter Wasser in dem Vertragsentwurf angeboten. Diese freigegebenen Wassermengen könnte der Verband dann für andere Bedarfe im Versorgungsbereich nutzen.

Der Nachteil: Durch den Wegfall des mittlerweile aufbereiteten und wieder genutzten Produktionsabwassers ist das restliche Abwasser, das Sanitärabwasser – das größtenteils aus den Toiletten oder Kantinen stammt - konzentrierter. Es kann also nicht - wie 2020 angenommen - verdünnt und anschließend in das Abwassernetz des WSE eingeleitet werden. Das sorge auch für die Überschreitungen bei den Einleitparametern, heißt es von Tesla.

Entsprechend will das Unternehmen im neuen Vertrag die Grenzwerte bei diesem Abwasser höher ansetzen lassen. So soll der Einleitgrenzwert bei "biologischem Sauerstoff" von 300 auf 400 mg/l erhöht und der Grenzwert bei "Stickstoff gesamt" von 50 auf 100 mg/l verdoppelt werden. Bei dem Parameter "Refraktärer Phosphor" strebt Tesla zudem ein neues Messverfahren an.

Nur wenn diese Grenzwerte durch einen neuen Vertrag höher festgesetzt werden würden, könnte Tesla die angekündigten Wasser-Liefermengen an den WSE zurückgeben. Ansonsten müsste das Unternehmen weiteres Wasser nutzen, um das Sanitärabwasser zur Einhaltung der Grenzwerte zu verdünnen.

Entscheidung über neuen Vertrag ist offen

Beide Verhandlungsparteien haben damit ein Interesse daran, einen neuen Vertrag zu schließen. Dennoch scheint eine Einigung fraglich. Die Gründe dafür sind bisher nicht ganz klar, denn die Vertragsverhandlungen finden nicht-öffentlich statt.

Es scheint aber so zu sein, dass es innerhalb der Verbandsmitglieder und auch innerhalb des Verbandsvorstands um Vorsteher André Bähler Uneinigkeit über den neuen Vertragsentwurf gibt. Ob es am Mittwoch zur Entscheidung kommt, ist daher offen. Zwischenzeitlich sollte die Abstimmung sogar erneut verschoben werden.

Eine Zustimmung ist aber immer noch möglich, da ein Verbandsmitglied - Neuenhagens Bürgermeister Ansgar Scharnke (Die Parteilosen) - den Vertrag als Antrag zu der Sitzung eingereicht hat.

Allerdings hat WSE-Chef André Bähler darauf hingewiesen, dass einzelne Passagen dem Verband Schaden könnten. Tesla würde Sonderkonditionen bekommen. Andere Wasser-Nutzen könnten zudem klagen, so die Befürchtung Bählers. Weitere Prüfungen könnten daher folgen.

Rechtsstreit in Aussicht?

Entsprechend könnte am Mittwoch auch eine Änderung des Vertragsentwurfs beschlossen werden. Die neue Fassung müsste dann ebenfalls noch einmal geprüft und letztlich auch von Tesla akzeptiert werden. Zudem könnte in einem Szenario der WSE - wie bereits mehrfach angekündigt - den Vertrag mit Tesla kündigen und somit eine Entsorgung des Abwassers einstellen. Das wäre in Deutschland ein Novum und würde wahrscheinlich ein langwieriges, juristisches Nachspiel zur Folge haben.

Vonseiten Teslas kam Kritik am Verband. "Das ist doch kein seriöses Geschäftsgebaren", sagte Werksleiter André Thierig dem rbb. "Wir brauchen Rechtssicherheit", forderte er im "Tagesspiegel". Aus Sicht von Tesla seien die Verhandlungen mit dem WSE-Vorstand abgeschlossen gewesen.

In einem Schreiben an die WSE-Bürgermeister, dass am Dienstagabend verschickt wurde, appeliert Tesla an die Mitglieder der Verbandsversammlung die "zentralen Konfliktpunkte zwischen Tesla und WSE aufzulösen und den Blick nach vorne zu richten."

Die in der "Öffentlichkeit verbreiteten Vorbehalte des Verbandsvorstehers sind für uns sachlich nicht begründet", heißt es in dem Schreiben, dass dem rbb vorliegt. Tesla betonte zudem, dass "der vorliegende Vertragsentwurft auf allen zuletzt strittigen Feldern der operativen Zusammenarbeit klare Lösungen enthält."

Auch IHK Ostbrandenburg fordert eine schnelle Einigung

In einer Pressemeldung, die am Mittwochvormittag verschickt wurde, fordert auch die Internationale Handelskammer Ostbrandenburg (IHK) "ein klares Bekenntnis der Kommunen des Wasserverbandes Strausberg Erkner (WSE) zu der Region als Industriestandort."

Wichtig sei jetzt eine schnelle Einigung, "damit sich die bestehende industrielle Produktion entwickeln und Zulieferbetriebe ungehindert ihre Arbeit fortführen können", heißt es in dem Schreiben.

Sendung: Antenne Brandenburg, 03.12.2024, 16:40 Uhr

Kommentar

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44 Kommentare

  1. 44.

    Weil Stasi-IM „Peter Förster“ nur noch Dollarzeichen im Gesicht hatte und seinen Goldesel Tesla auf biegen und brechen den Weg bahnen wollte.
    Im Ergebnis wurde Bähler mit überwältigender Mehrheit in seinem Amt bestätigt nur unser Bürgermeister wich dem politischen Druck und räumte den Vorsitz.
    Bähler versucht nur als kleines Rad im Getriebe für sein Verbandsgebiet die Wasserversorgung zu sichern und die Verbandsbeschlüsse umzusetzen.
    Er ist eben kein Politiker sondern Ingenieur und kämpft längst auf verlorenen Posten.
    Aber dazu müsste man ersteinmal den Signal-Rauschabstand im öffentlichen politischen Geschwurbel so erhöhen, dass man überhaupt wissenschaftlich getrieben mit diesem Thema umgehen kann.

  2. 43.

    Erstens sind das alles mündliche Aussagen des BWB.
    Wenn alle mit dem Eintrag höherer Phosphat- und Nitratwerte leben könnten, bräuchte man aufgrund der vertraglichen Zusicherung des BWB nur die Verbandssatzung um höhere Grenzwerte ändern. Aber so einfach liegen die Dinge eben nicht. Weil selbst die reguläre Phosphat- und Nitrateinträge längst zu hoch ist.
    Und die Mangelverwaltung des Frischwassers ist kein Versagen Bählers sondern die Folge der brandenburgischen Wasserkleinstaaterei gepaart mit gnadenlosem „Raubbau“ am Wasserreservoir in einigen Verbandsgebieten. Hier speziell auch durch Berlin. Denn Wasser kennt keine wirklichen Grenzen, nur politische.

  3. 42.

    Oder Tesla beteiligt sich an zusätzlichen Klärstufen über höhere Abwassergebühren.
    So oder so kann es in dem jetzigen Stand nur zu Lasten der Verbandskunden gehen.
    Also im Westen nichts Neues. Gewinne privatisieren und die „Sauereien“ sozialisieren, dann passt das schon.

  4. 40.

    „Da braucht man Absetzbecken.
    Sie können doch Tesla nicht betriebswirtschaftliches Denken vorwerfen.“
    Genau. Deshalb zahlen die Verbandskunden alle... für einen Standortfehler.

  5. 39.

    Dann müsste Tesla ein eigenes Klärwerk für seine Sanitärwässer mitten auf dem Werksgelände bauen, und das im Trinkwasserschutzgebiet. Prozesswasser, wo die chemische Zusammensetzung klar ist, kann man mit einfacher Filtertechnik reinigen, Sanitärabwässer nicht. Da braucht man Absetzbecken.
    Sie können doch Tesla nicht betriebswirtschaftliches Denken vorwerfen.

  6. 38.

    Also ich verstehe dieses kleinkarierte Getue nicht.
    Tesla gibt doch die nichtbenötigten Wasserkontingente frei. Steht jedenfalls in Iier Präampel. das ist doch auch im Interesse von Elon Musk.Lackharze können leichter aus Prozesswasser filtriert werden
    Für die kritische Wassersituation in der Region ist nicht Tesla, sondern die Politik und auch der WSE verantwortlich.

  7. 37.

    Niemand hindert Herrn Bähler daran mit anderen Wasserverbänden zu kooperieren. Es gab ein Angebot aus Märkisch Oderland auszuhelfen. Es sollten neue Quellen in Hangelsberg oder Braunsdorf erschlossen werden. Wie ist da der Stand?
    Herr Bähler stand im vergangenen Jahr wegen seiner Politik vor der Abwahl.

  8. 36.

    Ich bin mir nicht so sicher. Im Artikel wird ja auf das Problem der Grenzwerte eingegangen. Die aktuellen Parameter gehen von verdünntem Sanitärabwässern aus. Nur gibt es kein Prozessabwasser mehr, womit man die verdünnen könnte. Also bleibt nur Frischwasser.

    Der kleine Wasserversorger ist dabei das Problem, weil der mit Kunden wie Tesla überfordert ist und nebenbei auch noch andere Ziele verfolgt. Das sah man auch am Poker von Bähler um die Umverteilung der Wasserrechte zwischen den einzelnen Brunnen. Die bei WSE anfallen Abwässer werden von den BWB aufbereitet, die aber bekanntlich keine Probleme mit deren Zusammensetzung sehen. Es ist denen egal, woher die Sanitärabwässer stammen. Lediglich das Volumen muss im Auge behalten werden.

  9. 35.

    „ Wenn es so einfach wäre, würde es doch Tesla machen.“

    Warum? Die Phosphatelimination ist viel aufwendiger und teuerer. Da ist es viel günstiger das Abwasser mit erhöhten Phosphatwerten einfach einzuleiten und viel einfacher den kleinen Wasserverband politisch mundtot zu machen.
    Das ist das alte Spiel, das schwächste Glied bricht.

  10. 34.

    „ Die eigentliche Ursache für den Konflikt sind nach seinen Worten Versäumnisse in Brandenburgs Regierungspolitik, die die schon vor über einem Jahrzehnt absehbare Wasserproblematik insbesondere im Berliner Speckgürtel nicht angepackt habe und noch immer nicht richtig anpacke.“

    Zitat Bähler aus ihrem Artikel. Der Mann hat völlig Recht und beschreibt genau was hier abgeht.

  11. 33.

    „ Für die kritische Wassersituation in der Region ist nicht Tesla, sondern die Politik und auch der WSE verantwortlich.“

    Nein weder der WSE noch Tesla sondern ausschließlich die Politik und insbesondere die Landespolitik, die die einzelnen Verbände in der Kleinstaaterei der Wasserzuständigkeit den Heldentot sterben lässt.
    Und eine physikalische Grenze zwischen den Brandenburgischer und Berliner Grundwasser gibts ja auch nicht wirklich.

  12. 32.

    „ein „grünes“, „rationales“ Weltenretter-Image verpasst. “
    Das ist nur ein marketingmäßiges „Abfallprodukt“, gut verwertet. Das Geldverdienen bringt den Erfolg. An einem geeigneten Standort wäre dies besser möglich und auch andere könnten profitieren. An diesem Standort aber nicht. Das beweisen ja die Brandenburger harten Kennzahlen als zu den Letzten gehörig.

  13. 30.

    Herr Bähler möchte sich wohl einen schlanken Fuß machen und das ob der gemachten Fehler im Vorfeld.
    Er nutzt dazu das gespannte Verhältnis zwischen einen Teil der Anwohner und Tesla gnadenlos aus.

  14. 29.

    Das ist eine technische Frage. Lackharze können leichter aus Prozesswasser filtriert werden als Stoffe in Sanitärabwässern. Wenn es so einfach wäre, würde es doch Tesla machen.

  15. 28.

    "Eigentlich wollten sie ja 1,8 Mio Kubikmeter verbrauchen und entsorgen. Aber das ist egal, denn die Frage war, in welches Klärwerk leitet Tesla ein?"
    Ich -persönlich- verstehe ihre Logik nicht. Seit wann muss derjenige welcher eine theoretische und zugesicherte "Menge X" Wasser verbrauchen kann, dafür Sorge tragen, WO diese "Menge X" als Abwasser aufbereitet wird ?!?

  16. 26.

    Fas können Die doch gar nicht beurteilen. Ich habe noch keinen nennenswerten Kommentar Ihrerseits zum Thema entdecken können, also bitte!

  17. 25.

    Das eigentliche Problem ist Herr Bähler, der den bereits mit Tesla ausgehandelten Vertrag mit Nachforderungen wieder in Frage stellt. Das ist im Tagesspiegel sehr gut beschrieben:
    https://www.tagesspiegel.de/potsdam/brandenburg/neuer-tesla-vertrag-auf-der-kippe-kreisbehorde-markisch-oderland-kritisiert-wasserverband-12810137.html
    Das ist eigentlich eine Win-Win-Situation. Tesla verbraucht durch Wasseraufbereitung weniger Ressourcen, die dem WSE zugute kommen. Das WSE akzeptiert höhere Grenzwerte, die im Klärwerk Münchehofe handelbar sind. Wäre dieser Vertrag juristisch angreifbar, dann könnte man jeden bestrafen, der Wasser aufbereitet.
    Für die kritische Wassersituation in der Region ist nicht Tesla, sondern die Politik und auch der WSE verantwortlich.

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