Chronologie - Potsdamer Oberbürgermeister seit mehr als einem Jahr unter Druck

Mi 02.04.25 | 18:39 Uhr | Von F. Moniac und P. Rother
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Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) (Quelle: rbb)
Bild: rbb

Alles begann mit Vorwürfen, Mike Schubert habe einen gesperrten Platz freigegeben. Eine VIP-Ticket-Diskussion samt Ermittlungsverfahren folgte. Das letzte Wort werden wohl die Potsdamer haben. Eine Chronologie. Von F. Moniac und P. Rother

Die ersten Vorwürfe gegen Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) wurden Anfang des vergangenen Jahres laut. Der SPD-Politiker hatte den Rasenplatz der Sportgemeinschaft Bornim für eine Trainingseinheit der Potsdam Royals freigegeben - trotz Sperrung wegen Nässe. Laut einem anonymen Anzeigensteller ist dadurch ein Schaden von rund 450.000 Euro entstanden. Die Vorwürfe stellten sich im Nachgang aber als unberechtigt heraus.

Schubert blieb aber im Fokus. In der Stadtverordnetenversammlung und den Medien wurde nun eine womöglich zu große Nähe Schuberts zu Potsdams Sportvereinen thematisiert.

Schubert berief sich auf Repräsentationspflichten

Im Zuge der öffentlichen Auseinandersetzung tauchten Hinweise auf, der SPD-Politiker habe für sich und seine Frau kostenlose VIP-Tickets von mehreren Vereinen angenommen. Schubert wehrte sich und berief sich zunächst auf seine Repräsentationspflichten als Oberbürgermeister. Er sehe sich Spiele an, um als Stadtoberster deren Relevanz hervorzuheben, hieß es.

Doch viele Stadtverordnete bezweifelten, dass es dabei nur um Repräsentationspflichten ging. Einerseits, weil auch Schuberts Frau von kostenlosen Tickets profitierte und andererseits, weil der SPD-Politiker bei sehr vielen Spielen zu Gast war. Viele tauchten im offiziellen Pressekalender der Stadt aber nicht auf. Die Besuche wurden auch nicht auf den Kanälen der Stadt in den sozialen Netzwerken dokumentiert.

Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf

Seit Mai 2024 ermittelte auch die Staatsanwaltschaft Neuruppin gegen Potsdams Oberbürgermeister. "Vorteilsannahme im Amt" lautete der Verdacht, also Korruption. Die Stadtverordneten verlangten lautstark Aufklärung.

Ebenfalls im Mai verschickte der damalige Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung, Pete Heuer (SPD), ein Formblatt für einen Abwahlantrag Schuberts - "auf Bitte von Fraktionen", wie Heuer öffentlich betonte. Die benötigten 29 Stimmen für einen Abwahlantrag kamen noch im Mai zusammen, allerdings mit den Stimmen der AfD. Die angekündigten und letztlich entscheidenden Unterschriften der FDP lagen zunächst nicht vor. Für die meisten Fraktionen war der Abwahlantrag deshalb ein No-Go. Sie zogen ihre Unterschriften zurück. Der erste Abwahlantrag gegen Schubert war damit gescheitert.

Schubert zahlte 34.000 Euro

Kurz darauf fanden die Kommunalwahlen statt. Infolgedessen konstituierte sich eine neue Stadtverordnetenversammlung.

Im Dezember stellte dann die Staatsanwaltschaft Neuruppin ihr Verfahren gegen Schubert gegen Auflagen ein. Es gebe zwar einen hinreichenden Tatverdacht wegen Vorteilsannahme in insgesamt 67 Fällen, die Schuld des Oberbürgermeisters sei aus Sicht der Staatsanwaltschaft aber im Falle einer Verurteilung noch nicht schwerwiegend, hieß es zur Begründung. Deshalb würden Geldauflagen ausreichen, um "das öffentliche Interesse an der Verfolgung des Beschuldigten zu beseitigen", so die Staatsanwaltschaft weiter.

Schubert musste 34.000 Euro zahlen, 20.000 Euro an einen gemeinnützigen Verein und 14.000 Euro an die Landeskasse.

Oberbürgermeister will nicht zurücktreten

Im Januar dieses Jahres folgte dann der zweite Anlauf - gestartet wurde das Abwahlverfahren diesmal von der Fraktion BVB/Freie Wähler. Als Begründung führte sie das zerbrochene Vertrauensverhältnis zum Oberbürgermeister, seine aus ihrer Sicht schlechte Personalführung und eine Unfähigkeit, das Amt des Oberbürgermeisters zu bekleiden, an. Zügig entwickelte der Antrag eine Eigendynamik: Schon bei der Antragstellung in der Stadtverordnetenversammlung Ende Januar gab es auch ohne Stimmen der AfD eine Zwei-Drittel-Mehrheit.

Nach der Ruhephase ist der Antrag auf Abwahl Anfang April in der SVV erfolgreich verabschiedet worden. 44 der 56 SVV-Mitglieder (darunter sechs der AfD) stimmten dafür - 38 waren nötig. Bis auf seine eigene Partei, die SPD, steht damit niemand mehr hinter Schubert.

Nun hat der Oberbürgermeister zwei Möglichkeiten: Er kann freiwillig zurücktreten oder es auf einen Bürgerentscheid ankommen lassen. Bereits vor der SVV-Abstimmung hatte Schubert angekündigt, dass er nicht zurücktreten würde. Stattdessen will er die Potsdamerinnen und Potsdamer entscheiden lassen. Der Bürgerentscheid soll am 25. Mai stattfinden. Schuberts reguläre Amtszeit dauert bis Herbst 2026.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 2.4.2025, 19:30 Uhr

Beitrag von F. Moniac und P. Rother

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11 Kommentare

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  1. 11.

    @rbb Wird es vor dem Abwahlverfahren einen Artikel darüber geben, was dem OB konkret vorgeworfen wird? Die Ticket-Affähre ist ein alter Hut und in meinen Augen durch die Strafzahlung erledigt. Was konkret ist denn am Führungsstil des OB auszusetzen? Wer nicht in der Stadverwaltung beschäftigt ist, bekommt ja davon nichts mit. Um aber beim Abwahlverfahren eine Entscheidung zu treffen, braucht es mehr Informationen.

  2. 10.

    Ein widerliches Schauspiel, vor allem von Medien und Stadtverordneten.

  3. 9.

    Einige Parteien können nur Diffamierung.

  4. 8.

    Ist das der neue Volkssport im Land Brandenburg ?
    und richtig in Hoppegarten gab es auch zwei Versuche und bestimmt auch einen dritten Anlauf. Ich möchte gar nicht die anderen Orte aufzählen

  5. 7.

    Der Druck wird solange nicht nachlassen bis seine Gegner es geschafft haben ihn los zu werden.

    Einmal es nicht geschafft zu haben reicht diesen ja nicht.

    Es wird so lange weiter versucht bis er genervt aufgibt oder keineR mehr Lust hat auf das Abwahl Spielchen.

  6. 6.

    Er wurde quasi eingeladen und hat das angenommen. Ich kann da beim schlechtesten Willen keine Verfehlung sehen.
    Da gibts in der Politik Leute, die sich nach wenigen Tagen an ihre Wahlversprechen nicht mehr erinnern oder CumEx vergessen haben. Das sind für mich Verfehlungen von ganz anderer Größe.

  7. 5.

    Die SVV ist seit 1990 immer schon als recht launisch u. unberechenbar beschrieben worden. Vielfach gibt es Animositäten zw. persönl. Charakteren gegenüber einander, vglw. mehr als anderswo auch ein persönliches Profilierungsbestreben, dies allerdings auch bei jungen Journalisten, um in der nahen, an der Stadtgrenze beginnenden Bundeshauptstadt den nächsten Karrieresprung zu machen. ;-

    Dies trifft auf einen OB, der schon vor Amtszeiten durchgängig mit Vorschlägen aufwartete, deren Haltbarkeitszeit sich dann als recht kurz erwies - bspw. für ein neues Stadion für Babelsberg 03, als die gerade ihre fußballerische Hochzeit hatten.

    Das Tischtuch mit der Verwaltung scheint auf Dauer zerschnitten, als den Mitarbeitenden der Verwaltung per computergeneriertem Zufallsprinzip jeweils ein geringfügig anderes internes Schreiben zuging - um Durchstechereien zu lokalisieren. Das haben die als generelles Misstrauen gewertet.

    Verzankt.

  8. 4.

    Wir erleben eine Hetzjagd von Medien, die sich für Investigativjournalisten halten, und Mitgliedern SVV, die allesamt unfähig sind Verantwortung zu tragen, gegen einen OB. Was in Potsdam abläuft, ist leider typisch für Teile Brandenburgs.

  9. 3.

    Doch, sie haben gewissermaßen ein Mitspracherecht. Und bei der Art und Weise der Personalführung,
    wurde es auch Zeit das mal was gesagt wird.

  10. 2.

    Wann ist der OB denn nun endlich weg?

    Klebt am Sessel wie ein Amigo!

    UND: Was hat er eigentlich geleistet in seiner Amtszeit?

  11. 1.

    Die Bürger haben ihn gewählt, also sollen auch die Bürger entscheiden ob er bleiben soll oder nicht. Die Stadtverordnetenversammlung hat damit erstmal gar nichts zu tun, auch wenn sie ihn nicht mehr leiden können ist das nicht deren Entscheidung.