Affäre um kostenlose VIP-Tickets - Potsdamer Oberbürgermeister Schubert will Vorwürfe nun selbst prüfen lassen
Der Druck auf den Potsdamer Rathauschef ist groß. Wegen kostenloser Tickets von Sportvereinen ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Korruptionsverdachts. Mike Schubert will nun selbst Experten zur Überprüfung einschalten.
Der Potsdamer Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) lässt in der Affäre um kostenlose Tickets für Sportveranstaltungen die Vorwürfe gegen ihn von Anti-Korruptionsexperten prüfen. Das kündigte er am Mittwoch in der Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt an.
Er wolle nicht abwarten, bis das Disziplinarverfahren beim Innenministerium und das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft abgeschlossen seien. Daher werde er den Anti-Korruptionsbeauftragten der Stadt, eine Ombudsperson und eine externe Vertretung der Anti-Korruptions-Organisation Transparency International bitten, seine Teilnahme an den Sportveranstaltungen mit und ohne Begleitung zu überprüfen, sagte Schubert.
Grundlage für die Überprüfung sei unter anderem eine Antikorruptionsrichtlinie aus dem Jahr 2016, die von Schuberts Amtsvorgänger Jann Jakobs (SPD) erlassen worden war. Unklar ist nun, ob diese Regel noch immer gültig ist oder eine strengere Regel aus dem Jahr 2019. Während die Regel aus 2016 die Teilnahme einer privaten Begleitung als "nicht wünschenswert" bezeichnet, verbietet die Regel aus 2019 dies ("grundsätzlich nicht gestattet"). Diese neue Regel hatte Schubert damals selbst unterschrieben.
Sportvereine sollen Listen mit kostenlosen Tickets vorlegen
Schubert erklärte am Mittwoch weiter, dass er die Potsdamer Sportvereine bitten werde, Listen vorzulegen, die zeigen, welche Amts- und Mandatsträger in den Jahren 2019 bis 2024 an Sportveranstaltungen teilnahmen. Eintrittskarten, die er bekommen hat und von den Richtlinien nicht gedeckt seien, werde er den Sportvereinen dann bezahlen, kündigte der Oberbürgermeister an. Sein Vorgehen geschehe unabhängig vom Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft und sei kein Schuldeingeständnis.
"Ich habe mich angreifbar gemacht. Das war ein Fehler", sagte Schubert vor den Stadtverordneten. Er hätte zu Beginn seiner Amtszeit deutlich machen müssen, dass er Einladungen von unterschiedlichen Sportvereinen annehme, um die Bedeutung dieser Vereine und der Sportveranstaltungen durch sein Amt hervorzuheben. Sollte er dort Fehler gemacht haben, übernehme er dafür die Verantwortung. Er lasse sein Handeln daher überprüfen.
Nach seiner Darstellung kam Schubert beim Besuch der Sportveranstaltungen seinen Repräsentationspflichten nach. "Ich bin nicht korrupt", erklärte Schubert bereits im April.
Schubert spricht von Verdächtigungen und dauerhaften Angriffen
Schubert sagte in der Stadtverordnetenversammlung zudem, er fordere diejenigen auf, die ihn beschädigen wollten und damit Schäden für die politische Kultur in Kauf nähmen, damit aufzuhören. Er sprach von Verdächtigungen und dauerhaften Angriffen gegen ihn und andere Kommunalpolitiker. "Man kann sich nicht wehren. Es soll wohl zermürben." Die politische Auseinandersetzung nimmt ihm zufolge durch anonyme Briefe und verdeckte Attacken Schaden.
Schubert sagte darüber hinaus, dass es in der Stadtverordnetenversammlung offensichtlich jemanden gebe, der Kontakte ins Rathaus hat und heimlich Informationen weitergibt. Wen er damit meint, ließ der SPD-Politiker offen.
Die Potsdamer Stadtverordneten kamen am Mittwoch in ihrer letzten regulären Sitzung vor der Kommunalwahl am 9. Juni zusammen. Der Oberbürgermeister musste sich währenddessen auch Kritik an seiner Amtsführung gefallen lassen. Einen Abwahlantrag gegen den Oberbürgermeister gab es aber nicht. Nach rbb-Informationen sind die 29 für diesen Schritt notwendigen Unterschriften von Mitgliedern der Stadtverordnetenversammlung noch nicht zusammengekommen.
Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungsverfahren ein
Die Staatsanwaltschaft Neuruppin leitete wegen kostenloser-VIP-Tickets und Einladungen zu Sportveranstaltungen ein Ermittlungsverfahren gegen Stadtoberhaupt Schubert ein. Dabei geht es um den Verdacht der Vorteilsannahme. Die Justiz nimmt unter die Lupe, ob Schubert Einladungen zu mehreren Veranstaltungen für sich und teils auch für seine Ehefrau im vergangenen Jahr nicht hätte annehmen dürfen. Zudem leitete das Brandenburger Innenministerium ein Disziplinarverfahren gegen Schubert ein. Es wird wegen der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft aber ausgesetzt. Im Februar hatte Schubert beim Innenministerium selbst die Prüfung des Disziplinarverfahrens gegen sich beantragt.
Bei der Oberbürgermeisterwahl am 23. September 2018 erzielte Schubert 32,2 Prozent der abgegebenen Stimmen. In der daraus resultierenden Stichwahl am 14. Oktober konnte er sich mit 55,3 Prozent der abgegebenen Stimmen gegen Martina Trauth (Linke) durchsetzen. Schubert trat sein neues Amt im November 2018 an. Er ist für acht Jahre gewählt worden.
Sendung: rbb24 Inforadio, 16.05.2024, 6 Uhr