Paris-Nizza - Wie der Cottbuser Max Kanter der Klassiker-Saison entgegenfiebert
Radprofi Max Kanter aus Cottbus war 2022 einer der prägenden Fahrer der sogenannten Frühjahrsklassiker. Für dieses Jahr hat sich der 25-Jährige noch mehr vorgenommen. Auftakt ist am Sonntag bei der Fernfahrt Paris-Nizza. Von Thomas Juschus
Das Opening-Weekend in Belgien liegt bereits hinter Max Kanter. Mit den beiden belgischen Halbklassikern "Omlopp Het Nieuwsblad" und tags darauf "Kuurne-Brüssel-Kuurne" hat für den Radprofi am vergangenen Wochenende die Zeit der berühmten "Frühjahrsklassiker" begonnen. Am Freitag reist Kanter nun zur Fernfahrt Paris-Nizza (5. bis 12. März), dem letzten großen Vorbereitungsrennen vor der eigentlichen Klassiker-Saison. "Ich liebe diese Rennen. Es ist immer etwas Besonderes, bei diesen Rennen am Start zu stehen. Für mich ist das die schönste Zeit des Jahres", sagt Kanter.
In der vergangenen Saison war Max Kanter aus deutscher Sicht eine der prägenden Figuren der Frühjahrssaison. Bei allen großen Rennen, wie Mailand-San Remo, Gent-Wevelgem, Flandern-Rundfahrt, Amstel Gold Race und Paris-Roubaix war er dabei. Und sogar mehr als das. Der 25-Jährige überzeugte insbesondere mit einem richtig starken Rennen in Flandern. Über 200 Kilometer fuhr Kanter, der im zweiten Jahr das Trikot der spanischen World-Tour-Mannschaft Movistar trägt, in der Spitzengruppe. Erst knapp 60 Kilometer vor dem Ziel war seine und die Flucht seiner Mitstreiter beendet.
"Einer der härtesten Tage meiner Karriere"
"Es war einer der härtesten Tage meiner Karriere im Sattel, aber auch einer der schönsten. Ich war noch nie so stolz, ein Rennen zu beenden", erinnert sich Kanter, der über Stunden dem Rennen seinen Stempel aufgedrückt hatte. Die Anstrengungen sind vergessen - geblieben ist vor allem ein Gefühl von Freude und Erleichterung. "In Belgien wird der Radsport ganz anders wertgeschätzt. Mit den hunderttausenden an Zuschauern hatte ich teilweise Gänsehaut, gerade nach den Corona-Jahren. Ich habe es einfach genossen", erinnert sich Kanter.
Genießen will Kanter auch die anstehende Klassiker-Saison – und sich natürlich wieder von seiner besten Seite präsentieren. Vor allem beim knapp 260 Kilometer langen Halbklassiker Gent-Wevelgem am 26. März möchte er sich in Szene setzen. Auch hier spielte er im Vorjahr eine gute Rolle, musste sich aber im Rennen der Teamorder unterwerfen und für seinen spanischen Mannschaftskollegen Ivan Garcia Cortina arbeiten. "An diesem Tag hätte ich auch ein gutes Resultat einfahren können und habe gemerkt, dass in Zukunft was gehen könnte", blickt Kanter voraus. "Das Rennen ist ein bisschen sprinter-freundlicher als andere Klassiker. Deshalb soll Gent-Wevelgem für mich das Highlight werden – da will ich in Top-Form am Start stehen", sagt Kanter.
Quasi seit Wochen laufen die Vorbereitungen hin auf diesen Tag. Ob Kanter am 26. März tatsächlich auch vom Team freie Fahrt erhält, ist dabei längst noch nicht klar. Vermutlich wird er nicht als alleiniger Kapitän ins Rennen gehen. "Alle großen Teams setzen bei den Klassikern nicht nur auf eine Karte – es kann so viel passieren: ein platter Reifen, Windkante, Sturz", erklärt er.
Mehr Renntage in der Vorbereitung
Die Vorbereitung auf die Saison lief bisher gut. Kanter blieb gesund, konnte regelmäßig trainieren – in Spanien und auch in der Umgebung seiner neuen Wahlheimat Pirna, in der er seit dem späten Herbst seinen Wohnsitz hat. Einen Rennblock hat er auch schon in den Beinen. "Ich habe dieses Jahr deutlich mehr Rennen vor den Klassikern gehabt. Man muss mit einer gewissen Intensität in die Klassiker reingehen, ansonsten wird das nichts", sagt er.
Vor dem Opening-Weekend fuhr er bereits die Saudi-Tour und die Oman-Rundfahrt und hat in diesem Jahr damit bereits 15 Renntage absolviert. Bei der Saudi-Tour sprangen auch schon drei fünfte Plätze heraus. Nur der lang ersehnte erste Profi-Sieg lässt weiter auf sich warten. "Ich muss geduldig bleiben. Irgendwann wird der richtige Tag kommen. Wenn ich mir selbst zu viel Druck mache, ist das nur hinderlich", sagt Kanter.
Unter Topstars in Frankreich
Die nächste Chance auf dem Papier bietet sich ab Sonntag bei der Fernfahrt Paris-Nizza, dem ersten großen Kräftemessen des Jahres fast aller Topfahrer. Knapp 1.200 Kilometer auf acht Etappen sind bis zum nächsten Sonntag (12. März) zurückzulegen. Neben den Tour-de-France-Siegern Jonas Vingegaard und Tadej Pogacar haben weitere Spitzenleute wie Mathieu van der Poel, Mark Cavendish, Wout van Aert oder Ex-Weltmeister Julian Alaphilippe für die "Fahrt zur Sonne" gemeldet. Auch der Berliner Maximilian Schachmann (Sieger 2019 und 2020) ist dabei.
Für Max Kanter wird es die Premiere. "Ich bin das erste Mal dabei. Das ist eine der ersten großen und wichtigen Rundfahrten im Jahr mit einem hohen Stellenwert im Radsport. Die Vorfreude ist definitiv größer als die Angst", sagt er. Nutzen will er die Etappenfahrt vor allem, um weiter an seiner Form für die Klassiker zu arbeiten – schließlich soll das Frühjahr wieder die schönste Zeit des Jahres für den Radprofi aus Cottbus werden.
Sendung: rbb24 Inforadio, 03.03.2023, 10:15 Uhr