Deutsche Bahnradmeisterschaften - Cottbuser Weltklasse-Trio will auf heimischer Betonbahn "ein paar Dinge ausprobieren"
Am Mittwoch startet in Cottbus die Deutsche Bahnradmeisterschaft - in einer Hochburg der Sportart und mit erfolgreichen Lokalmatadorinnen. Pauline Grabosch, Emma Hinze und Lea Sophie Friedrich sind die bekannsten, aber nicht die einzigen. Von Andreas Friebel
Der Bahnradsport ist endgültig und mehr denn je angekommen in Cottbus. Zu einer echten Top-Adresse hat sich der Olympiastützpunkt in der Lausitz in den vergangenen Jahren entwickelt. Besonders im Kurzzeit-Bereich der Frauen haben allen voran Pauline Grabosch, Emma Hinze und Lea Sophie Friedrich von Cottbus ausgehend zuletzt große Erfolge gefahren. Es ist ein Trio, das sich am Olympiastützpunkt Weltniveau erarbeitet hat – und sich nun auf eine Reihe von Heimrennen freut.
Zwischen ausprobieren und Titelträumen
Von Mittwoch an und bis Sonntag findet auf der Radrennbahn in Cottbus die Deutsche Meisterschaft im Bahnradsport 2023 statt. Über 300 Sportlerinnen und Sportler fahren dort um 52 nationale Titel. Die Namen Grabosch, Hinze und Friedrich werden dann zu den bekanntesten auf der Startliste und der Bahn gehören, wenngleich der Wettkampf für sie selbst nicht das größte Saisonhighlight ist. Für andere hingegen ist es genau das.
Entgehen lassen will sich das Trio Grabosch, Hinze und Friedrich sein Heimspiel selbstverständlich dennoch nicht. Klar: Priorität haben für sie allen voran internationale Rennen, beispielsweise die Weltmeisterschaften in Glasgow Anfang August, bei der nicht nur Lea Sophie Friedrich ihren sieben WM-Titeln weitere folgen lassen will. Aber dennoch will das Trio die deutschen Titelkämpfe nicht nur mitnehmen, sondern auch nutzen. "Es ist gut, dass wir unter Wettkampfbedingungen belastet werden", sagt Friedrich, "und sicher werden wir die Meisterschaft auch nutzen, um ein paar Dinge auszuprobieren." Zumal sie eine gute Gelegenheit ist, es zu genießen, ohne den großen Druck nicht nur im Team miteinander, sondern auch gegeneinander zu fahren. "In den Einzeldisziplinen gibt es keine Freundschaft. Da fährt man gegeneinander, und das macht auch Spaß,", sagt Friedrich.
Viel Spaß dürften die kommenden Tage auch Bente Lürmann machen. Im Schatten des deutschen Top-Trios hat die 17-Jährige sich vergangenes Jahr mit einem Junioren-WM-Titel ebenfalls erste internationale Anerkennung verdient. Nun will sie auf ihrer Heimbahn in Cottbus weitere Medaillen einfahren. "Ich freue mich, dass die Meisterschaften in Cottbus sind – gerade auch für meine Familie. Damit können sie meine Wettkämpfe hautnah erleben, was sonst nicht immer der Fall ist", sagt Lürmann und ergänzt: "Ich freue mich auch auf das Cottbuser Publikum. Das wird eine coole Sache."
Maximilian Levy in neuer Rolle
Betreut wird Bente Lürmann unter anderem von Nachwuchs-Bundestrainer Maximilian Levy. Auch für den mehrfachen Welt- und Europameister wird das verlängerte Wochenende eine Art Heimspiel. Schließlich ist die Bahn in Cottbus noch immer so etwas, wie sein "Wohnzimmer". Statt wie früher selbst über die Beton-Piste zu fahren, wird er in den kommenden Tagen die Talente im Jugend- und Juniorenbereich sichten. „Cottbus ist das letzte Nominierungsrennen vor den Juniorenweltmeisterschaft. Ich habe zwar schon ein paar Ideen, wer da in Frage kommt, will aber die Tage von Cottbus nutzen, um Eindrücke zu bestätigen und neue zu bekommen“, erklärt Levy.
Daran, dass Cottbus hierfür ein bewährtes Pflaster ist, besteht kein Zweifel. Bereits zum siebten Mal seit der Wiedervereinigung richtet die Stadt Bahnradmeisterschaften aus. Die Veranstalter sind also erfahren auf diesem Gebiet. Allerdings ist die Freiluft- Betonbahn etwas in die Jahre gekommen. Deshalb, und weil kommendes Jahr die Junioren-Europameisterschaft in der Lausitz stattfindet, muss ab dem Herbst nachgebessert werden. "Wir müssen dann Investitionen vornehmen", sagt Detlef Uibel. Er ist Stützpunktleiter in Cottbus und ergänzt: "Beispielsweise bekommen wir eine Videowand. Außerdem müssen Teile der Fahrbahn erneuert werden. Das sind wichtige Aspekte für die Erhaltung der Bahn über die EM hinaus.“
Noch ein Brandenburgisches Talent
Bevor Uibel sich Gedanken über Videowände und erneuerte Fahrbahnen gemacht hat, war er lange Bundestrainer. Als solcher führte er unter anderem Lea Sophie Friedrich in die Weltspitze. Die 23-Jährige gehört bei den deutschen Meisterschaften nun zum Favoritenkreis – zusammen mit ihren Cottbuser Trainingskolleginnen. “Es sind drei starke Mädels aus Cottbus dabei", sagt Uibel. Hinzukommt aus seiner Sicht noch Clara Schneider, Jahrgang 2004, geboren in Finsterwalde. "Sie ist ein junges Talent, aber sie trainiert sehr gut. Ich denke, mit ihr wird man in Zukunft sehr gut arbeiten können“, sagt Uibel.
Während der Ausgang der Deutschen Meisterschaften selbstverständlich noch unklar ist, steht eines also bereits in deren Vorfeld fest: An talentiertem Nachwuchs mangelt es in Cottbus nicht. Der Olympiastützpunkt dürfte damit auch in den kommenden Jahren die deutsche Topadresse im Kurzzeitbereich der Frauen bleiben.
Sendung: rbb24 Inforadio, 13.06.2023